Süddeutsche Zeitung

Basketball:Gut investiert

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Die Basketballer des FC Bayern München melden sich in der Euroleague mit einem Sieg gegen Tel Aviv zurück. Bei einer starken Leistung des Kollektivs ragt Nihad Djedovic heraus: schmerzfrei und treffsicher.

Von Ralf Tögel

Er gehe glücklich nach Hause, sagte Nihad Djedovic. Gerade hatten die Basketballer des FC Bayern ihr Euroleague-Heimspiel gegen ZSKA Moskau verloren, aber dem Titelverteidiger in der zweiten Halbzeit einen großen Kampf geliefert - nach Wochen mit schwachen Leistungen. Es war das erste Spiel unter dem neuen Cheftrainer Oliver Kostic und sollte der Beginn eines Aufschwungs sein. Als Djedovic seine Freude kundtat, musste er sich immer wieder aufstützen - der Rücken. Dann sagte er noch, er hoffe, bald diese nervige Gesichtsmaske loszuwerden, die ihm der Arzt nach seinem Nasenbeinbruch verpasst hatte, "da siehst du nix". Zusammenfassend meinte er: "Diese Saison läuft richtig kacke für mich. Aber ich will nicht jammern." Ziemlich genau zwei Wochen ist das her. Zwei Wochen, in denen Djedovic verletzt fehlte und drei Spiele verpasste, denn das mit dem Rücken war schlimmer als gedacht.

Am Donnerstagabend stand Djedovic kerzengerade da, er musste sich nicht aufstützen - und er ging wieder glücklich nach Hause. Gerade hatte der FC Bayern gegen Maccabi Tel Aviv gewonnen, ein Team, das ähnlich hoch einzuschätzen ist wie Moskau, das als Tabellendritter angereist war und mit einer verdienten 68:80-Niederlage verabschiedet wurde. Daran hatte Djedovic großen Anteil, der Deutsch-Bosnier war der überragende Akteur auf dem Parkett - dieses Mal ohne Maske. "Und endlich mal ohne Schmerzen", sagte er erfreut. Was das bedeuten kann, bekamen die 4789 Zuschauer zu sehen: Der 30-Jährige traf aus allen Lagen, aus der Distanz oder wenn er unaufhaltsam zum Korb zog. Er kämpfte um jeden Ball und beharkte zudem den besten gegnerischen Profi, Maccabis famosen Spielmacher Scottie Wilbekin, der den Münchnern bisher stets so große Probleme bereitet hatte. An diesem Abend aber fuchtelte Wilbekin des Öfteren genervt mit den Armen und blieb letztlich weit unter seinen Möglichkeiten.

Den Sieg nur an der Leistung von Djedovic - mit 19 Punkten bester Schütze des Abends - festzumachen, wäre jedoch zu kurz gedacht. Dieser Erfolg war Resultat einer starken Leistung des Kollektivs, die Mannschaft offenbarte wieder einmal ihre großen Möglichkeiten. Paul Zipser etwa, mit 17 Punkten und guten Werten in allen Statistiken, Maodo Lo, Petteri Koponen oder Greg Monroe, die mit jeweils neun Punkten knapp unter einer zweistelligen Zahl blieben. Dabei sollte kein Spieler ausgenommen werden. Der so lange verletzte T. J. Bray etwa befeuerte das Spiel der Mannschaft, wenn er von der Bank kam. Kapitän Danilo Barthel war ein unermüdlicher Antreiber, Leon Radosevic agierte unauffällig aber wirksam - alle arbeiteten und trugen ihren Teil zum Erfolg bei. Es war eine Partie, wie sie sich Trainer Kostic weitgehend vorstellt: "Das war eine großartige Teamleistung, ich bin stolz." Dass es nach vier Pleiten der erste Sieg von Kostic ist, war ihm weniger wichtig, als die Aussicht, was er für "das Selbstvertrauen der Spieler" bedeute. Man habe etwas zurückbekommen von dem, "was wir investieren".

Dem stimmte Djedovic zu: "Wir waren in einer Krise. Es ist mental schwer, da wieder rauszukommen." Denn der Spielplan der parallel laufenden Wettbewerbe aus Euroleague und Bundesliga ist intensiv. Vergangene Woche etwa mussten die Bayern erst in Athen, dann bei Piräus und zu guter Letzt zum Bundesliga-Spitzenspiel in Ludwigsburg antreten. "Da bleibt keine Zeit etwas auszukurieren", viele Akteure würden ihre Blessuren auf das Spielfeld mitschleppen, Topleistungen seien so oft nicht möglich: "Dann fängst du an, an dir zu zweifeln", erklärte Djedovic. Er sei froh, körperlich wieder auf der Höhe zu sein.

Überbewerten will den Erfolg bei den Münchnern aber niemand, Djedovic sagte, man müsse wie immer "von Spiel zu Spiel denken". Eine Floskel, sicher. Angesichts der nächsten Partie, die bereits am Sonntag (18 Uhr) gegen Bonn ansteht, jedoch weit mehr. Denn nach wie vor ist die Mannschaft entfernt von ihrer Topleistung, Monroe etwa vergab viele gute Chancen, Mathias Lessort fand nicht ins Spiel und 17 Ballverluste sind ein sehr schlechter Wert. Sieht man aber auch, dass in Lucic, der Probleme mit dem Fuß hat und an diesem Abend zum zweiten Mal Vater wurde, ein Schlüsselspieler fehlte, darf Kostic wieder zuversichtlicher nach vorne blicken. Er sagte: "In den letzten Spielen hat uns der letzte Schritt gefehlt, den haben wir dieses Mal gemacht." Ein erster Schritt also, der immerhin eines bewirkte, wie Djedovic befand: "Heute fühlen sich alle gut, ich hoffe, das geht so weiter."

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SZ vom 25.01.2020
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