Basketball:Geht's noch?

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Dürfte kaum zu halten sein: Stanley Whittaker, hier im letzten Saisonspiel gegen Braunschweig, wird die Würzburg Baskets und deren euphorisches Publikum wohl verlassen. (Foto: Julien Becker/HMB-Media/Imago)

Würzburgs Basketballer haben eine unerwartet gute Saison mit ernüchterndem Ende hinter sich - jetzt steht einiges infrage. Eindrücke von einem Klub, der sich gemäßigt hat, nun aber in eine ungewisse Zukunft blickt.

Von Sebastian Leisgang

Zunächst einmal eine Erinnerung an diesen Januartag im Trainingszentrum der Würzburger Basketballer, gut fünf Jahre ist es her. Dirk Bauermann sitzt an seinem Schreibtisch und spricht über den Saisonverlauf seiner Mannschaft. In Würzburg sei das Glas immer halb leer, sagt Bauermann und formuliert dann noch einen Satz, bei dem selbst er, der sonst eigentlich immer mit bedächtiger Stimme spricht, etwas lauter wird. Bauermann sagt also: "Selbst wenn das Glas zu drei Vierteln voll ist, ist es für viele zu einem Viertel leer."

Wer die Gegenwart und all das, was gerade rund um die Baskets passiert, verstehen will, der sollte sich noch einmal die Bauermann-Zeiten in Erinnerung rufen. Wie er, der ehemalige Bundestrainer, in Würzburg aufschlug und davon redete, den Klub zu einem natürlichen Anwärter auf das Halbfinale der Playoffs zu formen. Wie die Baskets große Ziele ausriefen und nach oben strebten, dann aber doch klein beigaben und wieder auf dem eisenharten Boden landeten.

Dirk Nowitzki, Maximilian Kleber - große Namen hatten hier ihre Anfänge

Es waren andere Zeiten, damals, als der frühere Nationalcoach im Stadtteil Zellerau die Richtung vorgab, doch es hilft, noch einmal daran zu denken, um zu begreifen, wie sehr sich der Verein gewandelt und wie viel er dazugelernt hat. Die Pandemie hat die Würzburger Zurückhaltung gelehrt, weil das Virus den Klub in die Knie gezwungen und beinahe um seine Existenz gebracht hat.

Wie die Verantwortlichen diese Krise meisterten, wie sie in diesen nervenzehrenden Zeiten mit Souveränität vorangingen und wie es ihnen schließlich sogar gelang, eine Aufbruchstimmung zu erzeugen, all das war äußerst bemerkenswert. Dass die Baskets in dieser Saison bis zum letzten Spieltag um die Playoffs mitspielten, obwohl sie vor dem ersten Sprungball des Jahres als Abstiegskandidat gehandelt wurden, war in erster Linie ein Verdienst von Sasa Filipovski, Bauermanns Nach-Nachfolger.

Ein Schwenk ins Foyer der Würzburger Halle, es ist der Donnerstagabend der vergangenen Woche, gut eine Stunde vor Mitternacht. Die Baskets haben gerade 73:77 gegen Braunschweig verloren und es damit versäumt, sich zum dritten Mal in ihrer Geschichte für die Playoffs zu qualifizieren. Filipovski, 48, kommt nicht so recht voran, weil er alle paar Meter angesprochen wird. Hier ein Schulterklopfen, da ein Foto. Als Filipovski aus der Halle ins Foyer tritt, klatschen die Leute, die selbst zu dieser späten Zeit noch da sind. Sie wissen, was sie an Filipovski haben, dass er es ist, der ihnen die Freude am Basketball zurückgegeben und - um es mal mit einigem Pathos auszupolstern - aus Wasser Wein gemacht hat.

Doch wie lange geht es noch gut? Wie lange kann der Klub ohne großen Namenssponsor auf diesem Niveau spielen?

Die Würzburger wissen, was sie an ihm haben: Trainer Sasa Filipovski. (Foto: Julien Becker/HMB-Media/Imago)

Würzburg ist eine Basketballstadt. Dirk Nowitzki ist hier groß geworden, auch Maximilian Kleber hat seine ersten Körbe in dieser längst aus der Zeit gefallenen Turnhalle geworfen, bevor er zum FC Bayern und dann in die NBA gegangen ist. Auch beim Spiel gegen Braunschweig lässt der Hallensprecher die beiden Namen fallen, um die Menschen daran zu erinnern, wer hier schon über das Parkett rannte, bevor er es zu Weltruhm gebracht hat. Die Kulisse ist prächtig, die Fans selbst finden, dass sie so gut ist wie seit Jahren nicht mehr, doch Aufbruchstimmung alleine, das wissen sie auch im Verein, wird auf Dauer keine Spiele gewinnen.

Trainer Filipovski würde gerne bleiben, aber der Verein wartet auf Sponsorenzusagen - "die Zeit spielt gegen uns", weiß Geschäftsführer Liebler

Denn die Baskets bekennen, dass derzeit noch eine fast siebenstellige Summe fehlt, um einen angemessenen Etat und eine konkurrenzfähige Mannschaft für die nächste Saison aufzustellen. Wie viel dieser Tage infrage steht, wird auch daran deutlich, dass die Liga die Lizenz an eine "auflösende Bedingung" geknüpft hat, die "aus dem finanziellen Bereich" kommt, wie Steffen Liebler sagt. Der Geschäftsführer verhehlt nicht, dass in diesem Kontext auch die Personalie Filipovski auf dem Spiel steht: "Wir müssen die Rahmenbedingungen schaffen, damit er seine Zukunft in Würzburg sieht."

Für den Verein ist es gewiss kein Armbruch, Elfter geworden zu sein, doch jetzt geht es auch darum, Filipovski eine schlagkräftige Mannschaft bereitzustellen. Auf "fifty-fifty" beziffert Liebler die Chancen, dass der Slowene auch künftig für Würzburg arbeitet. "Er stellt absolut realistische Forderungen", sagt der Geschäftsführer, "aber wir können noch keine klaren Aussagen treffen, weil wir auf viele Rückmeldungen von Sponsoren warten. Die Zeit spielt also gegen uns." Filipovski würde gerne bleiben, knüpft seine Zukunft aber an den Kader. Und diese Mannschaft, die die Welle der Begeisterung in dieser Saison losgetreten hat, wird es in dieser Zusammensetzung nicht mehr geben. Cameron Hunt führt seine Karriere in Italien fort, Stanley Whittaker dürfte trotz eines laufenden Vertrags nicht zu halten sein, und auch andere Spieler werden den Klub verlassen.

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