Basketballer Pau Gasol:Die Tränen des großen Spaniers

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Noch einmal im Barcelona-Trikot: Pau Gasol bei seiner Rückkehr zu seinem Heimatverein im März 2021. (Foto: Thiago Prudencio/dpa)

Er gewann mehr Titel als Dirk Nowitzki, nun sagt Pau Gasol seinem Sport Lebewohl. In seiner emotionalen Abschiedsrede denkt er auch an Kobe Bryant.

Von Jonas Beckenkamp, Barcelona/München

Sportlich gesehen hat es die Stadt Barcelona schwer in diesem Herbst, es ist so, als verginge langsam der Glanz der Vergangenheit. Der Fußballverein Barça treibt seit dem Weggang von Lionel Messi in der spanischen Liga konzeptlos dahin, die Schulden des Klubs türmen sich in Milliardenhöhe. Doch der Fußball ist nur das eine. Am Dienstagabend schluckte die Fangemeinde wegen eines Basketballers, der seinen Rücktritt erklärte. Es handelt sich dabei nicht um irgendeinen, sondern um den größten Körbewerfer, den die Stadt am Mittelmeer je hervorgebracht hat.

Pau Gasol, geboren im Jugendstil-Spital Sant Pau nahe der Basilika Sagrada Familia, sagt mit 41 Jahren seinem Sport "Adeu", wie es in Katalonien heißt. "Ich bin hier, um euch zu sagen, dass ich mit dem Basketball aufhöre. Das ist eine schwierige, aber wohlüberlegte Entscheidung", erklärte Gasol, sichtlich um Fassung ringend, bei seiner Abschiedsverkündung im Teatro Liceu im Zentrum Barcelonas: "Ich wollte bis zum Ende meiner Karriere spielen und den Sport genießen und nicht auf Krücken gehen."

Sichtlich bewegt bei seiner Rücktrittsrede: Pau Gasol in Barcelona. (Foto: Albert Gea/Reuters)

Das gelang ihm nach der Rückkehr zu seinem Heimatklub im Februar, wo er zum Abschluss seiner Laufbahn noch eine letzte Meisterschaft gewann. Auch deshalb umwehte den Moment seines Adieus der Hauch des Barcelonismo, den Gasol noch einmal erweckte. Die Fußballverantwortlichen des Klubs hatten jegliche Ansprüche und Haltung mit ihrem beispiellosen Chaos zuletzt fast zu Grabe getragen. Dank Gasol gab es nun zarte Lebenszeichen der Klubkultur, er ist mit seinen 2,16 Metern schließlich das größte Aushängeschild Barças, aber auch seine Meriten als Basketballer zeugen nach 22 Profijahren von Bedeutsamkeit.

Zweimal NBA-Champion mit den Lakers, zweimal Olympiasilber, Weltmeister, dreimal Europameister, das sind weitaus mehr Erfolge, als sie etwa Dirk Nowitzki aufweisen kann. Der Deutsche brach die Scoring-Rekorde und wurde eine Ikone in Dallas, Gasol holte Titel um Titel und garnierte sich am Ende selbst mit der "Belohnung" seiner Heimkehr, wie er fand. Noch einmal daheim vor den Augen seiner Tochter spielen, darum sei es ihm gegangen.

Bei seinem Rücktritt denkt Gasol auch an seinen verstorbenen Kollegen Kobe Bryant

Gasol und Nowitzki, diese beiden haben das Spiel auf beiden Seiten des Atlantiks geprägt, nun ist ihre Epoche endgültig vorüber, und die Frage ist: Was bleibt dem Basketball von diesen langen weißen Männern? Vielleicht die Erkenntnis, dass sie eben nicht nur mithalten konnten auf den Parketten der US-Profiliga, sondern dort phasenweise dominierten.

Gasol mag bei seinen Titelgewinnen 2009 und 2010 für manche nur der Adjutant von Kobe Bryant in dessen absoluter Bestphase gewesen sein. Doch wer Bryant vor seinem Tod über den Center aus Spanien reden hörte und jetzt Gasols Tränen bei der Erwähnung seines Kumpels aus Los Angeles sah, dem offenbarte sich die Tiefe dieser Beziehung. Wie Brüder seien sie gewesen, " es wäre schön, wenn er hier sein könnte", schluchzte Gasol.

Wie Kobe verstand er das Spiel, er setzte seine ewig langen Arme gekonnt ein, konnte werfen, dribbeln, rennen, das komplette Paket. Er war trotz seiner Größe kein Klotz, sondern ein Wunder an Beweglichkeit. Sein Gespür mit dem Ball und vor allem seine Verbissenheit verhalfen ihm bei Stationen in Memphis, Los Angeles, Chicago, San Antonio, Milwaukee und Portland zu 1226 NBA-Partien. Es hätten noch weitaus mehr sein können, wenn er nicht immer wieder verletzt gewesen wäre.

So ein riesiger Körper braucht Pflege, am Ende seiner Karriere sah man Gasol häufig schweißgebadet übers Feld pumpen. Aber er blieb dabei - engagierte sich außerdem für Tierschutz, für bessere Ernährung von Kindern und seit diesem Jahr auch in der Athletenkommission des Internationalen Olympische Komitees (IOC). Schade ist Gasols Abschied übrigens auch für Basketballfans in München. Am Donnerstag gastiert der FC Barcelona in der Euroleague beim FC Bayern. Ein paar letzte Hakenwürfe, Rebounds und Rempler unterm Ring hätte das Publikum noch gerne gesehen.

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