Basketball-Finale:Zum Schluss ein Festival in Freak City

FC Bayern Muenchen v Brose Baskets  - BBL Final Game 4

Spektakuläre Szene aus Spiel vier: Vladimir Stimac vom FC Bayern blockt den Bamberger Darius Miller.

(Foto: Bongarts/Getty Images)
  • In Bamberg treffen die Brose Baskets in der BBL-Finalserie zum fünften Mal auf den FC Bayern München. Der Sieger gewinnt die Meisterschaft.
  • Der Münchner Trainer Svetislav Pesic spricht von einem "Festival des Basketballs" und wird sein Team mit Psychotricks erneut unterstützen. Bambergs Coach Andrea Trinchieri erwartet von seiner Mannschaft eine deutliche Leistungssteigerung.
  • Zwei Bayernspieler mussten in den vergangenen Tagen privat schwere Schicksalsschläge verkraften.
  • Der Einsatz von Bayern-Defensivakteur Anton Gavel ist fraglich.

Von Jonas Beckenkamp

Es gibt nur wenige Macher in der Welt des Basketballs, die so ausgefuchst sind wie Svetislav Pesic. Der Trainer der Bayern-Basketballer hat ja schon alles erlebt - er war Weltmeister, Europameister und hatte auch im Vereinssport an so ziemlich jeder Trophäe einmal seine Finger. Auch deutscher Meister ist er fünf Mal geworden, zuletzt 2014 mit den Bayern. Aber Pesic ist ein Getriebener, er kann nicht aufhören, an Basketball zu denken. Eigentlich hat er nie aufgehört, selbst zu spielen. Obwohl er sich nach jahrelangen Kniebeschwerden nur noch schlurfend bewegt, mutiert er an der Seitenlinie regelmäßig zum sechsten Verteidiger seines Teams.

Kleine Regelüberschreitungen wie das Betreten des Feldes oder technische Fouls nimmt er gerne in Kauf. Hauptsache, ihm gelingen damit versteckte Kniffe, die seiner Mannschaft zum Sieg verhelfen. In Spiel vier der BBL-Finalserie zwischen seinen Münchnern und den Brose Baskets gab es wieder so einen Pesic-Moment: Der Serbe regte sich über eine Schiedsrichter-Entscheidung mächtig auf, er zeterte so lange, bis die Referees ihm ein "T" zeigten. Ab diesem Moment agierten seine Männer plötzlich mit mehr Biss, sie gewannen schließlich überlegen 83:73.

Erinnerungen an ein Europacup-Spiel

Dass es jetzt ins alles entscheidende Spiel fünf in Bamberg (Sonntag 15 Uhr, Liveticker auf SZ.de) geht, ist für einen wie Pesic ein Festtag. Er nutzt die Psychologie des Basketballs für Aussagen wie diese: "Die Chancen am Sonntag sind sehr gut. Ich bin hundertprozentig sicher, dass wir erneut physische und mentale Kraft finden, um gewinnen zu können." Und: "Unser bestes Spiel der Saison haben wir im Eurocup bei den Brose Baskets gezeigt." Tatsächlich vermöbelte der Meister seinen größten Herausforderer in der Zwischenrunde mit 90:52 - dass es zuvor eine 17-Punkte-Pleite für die Bayern in der Stadt der Freaks gegeben hatte, verschweigt Pesic. Bayern gegen Bamberg, dieses Finale ist bisher ein "Festival des Basketballs", wie der 65-Jährige mehrfach betonte.

Ganz unrecht hat der damit nicht. Selten durften die Zuschauer solch hochklassigen Sport in der BBL erleben, selten ging es so dramatisch zu wie in den vergangenen Wochen. Schon das Halbfinale zwischen Bayern und Alba Berlin (3:2) ließ die Fans wegen seiner Dramatik schier verzweifeln, jetzt müssen die Nerven aller Beteiligten auch im Endspiel für einen "Alles-oder-Nichts"-Showdown herhalten. Zum sechsten Mal seit Einführung der BBL im Jahr 1994 geht ein Finale bis ins Entscheidungsspiel. Die Frage ist nun: Wer kommt mit dem Druck besser zurecht? Die erfahrenen Münchner mit ihrem Trainerfuchs - oder die athletischeren, jüngeren Franken?

Andrea Trinchieri, der Coach der Baskets, hatte nach der jüngsten Niederlage gehörig mit seinen Männern gehadert. Sein Team vergab den ersten Matchball, das wurmte den gebürtigen Mailänder. Und schimpfen kann er ebenso gut wie Pesic. Während Trinchieri nach dem knappen Sieg in Spiel zwei über weiche "Mozzarella-Defensive" seiner Leute geklagt hatte, kritisierte er nun gleich das Gesamtgefüge. "Es war nicht genug, um den amtierenden Meister zu entthronen. Wir waren weit davon entfernt, konkurrenzfähig zu sein", sagte er. Dann bemühte er sich trotzig, nach vorne zuschauen: "Also Spiel fünf in Bamberg." Muss ja. Mehr wollte der Italiener auf der Pressekonferenz am Mittwochabend gar nicht sagen. Ein freundlicher Händedruck mit Pesic - und weg war der 47-Jährige.

Trinchieri hofft nun auf eine Reaktion seiner Mannschaft, die in ihren besten Momenten vielleicht sogar einen Tick talentierter ist als die der Münchner. Spielmacher Bradley Wannamaker ist als Scorer und Anführer gefragt, so wie in den Partien zwei und drei der Serie. Sein US-Landsmann Ryan Thompson sollte sich nicht weiter verstecken - seine null Punkte in Spiel vier trafen Bamberg hart. Auch die Deutschen Daniel Theis, Elias Harris und Karsten Tadda müssen mehr Wucht entwickeln.

Ob Gavel dabei sein kann, ist noch fraglich

Bei den Bayern ist die Stimmung sportlich gesehen positiv, der Erfolg zum 2:2 hat in der geschlauchten Mannschaft neue Energien freigesetzt. "Diese Saison war für uns wie eine wilde Achterbahnfahrt. Ich freue mich riesig auf dieses besondere Spiel", erklärte Bryce Taylor - der Kapitän trägt die Lockerheit praktischerweise in seinem Naturell. "Etwas Schöneres als so ein Entscheidungsspiel kann es doch nicht geben", freute sich auch Geschäftsführer Marko Pesic. Er zeigte sich zuletzt "stolz" über die Mentalität der Münchner Profis, bei denen selbst persönliche Schicksale keinen Einbruch zur Folge zu haben scheinen. So kämpfte sich Dusko Savanovic durch das Finale, obwohl er erst Stunden vor Partie Nummer vier vom plötzlichen Tod seines Vaters erfahren hatte. "Was Dusko geleistet hat, war unmenschlich", meinte Pesic. "Ich wüsste nicht, wie ich in so einer Situation reagieren würde." Der Tragik nicht genug, verstarb nun auch noch der Vater von Jan Jagla, dem Schwiegersohn von Pesic. So gehen die Bayern mit einigem Ballast in den letzten, kräftezehrenden Fight dieser Saison.

Ob Anton Gavel nach seiner Hüftverletzung wieder mit helfen kann, ist derweil unklar. Die Bayern vermissten ihren Verteidigungsminister vor allem in Spiel drei schmerzlich. Aus dem Verein ist zu hören, dass er zwar nicht mit dem Team trainiert, aber immerhin auf dem Ergometer seine Beine einsatzbereit hält. "Anton ist noch nicht fit, es geht ihm aber besser", sagte Pesic Senior, "ob er spielen kann am Sonntag, wissen wir noch nicht." Auch diese Erkenntnis bleibt also von dieser Finalserie: Selbst Svetislav Pesic kann keine Wunderheilung vollbringen.

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