Süddeutsche Zeitung

Basketball-Finale:Warum Bamberg so unverschämt dominant ist

  • Brose Bamberg wird zum dritten Mal in Folge deutscher Basketball-Meister.
  • Auch der FC Bayern hat gegen das Team aus Franken keine Chance.
  • Trainer Trinchieri lässt einen ungewöhnlichen Basketball spielen. In Deutschland findet kein Team ein Mittel dagegen.

Von Matthias Schmid, Bamberg

Gegen die Krawatte hatte sich Freaky erfolgreich gewehrt. Ansonsten war er tadellos angezogen. Er trug unter dem edlen schwarzen Anzug ein weißes Hemd. Schick sah das aus, dem Ereignis angemessen. Für gewöhnlich streift sich das Maskottchen, ein Braunbär, eine schlichte rote kurze Sporthose und ein ärmelloses Trikot in der gleichen Farbe über, wie die Spieler von Brose Bamberg eben auch. Aber am Sonntag durfte es ein bisschen eleganter sein, die Meisterfeier in der Basketball-Bundesliga stand ja an. Davon waren sie zumindest alle ausgegangen in Bamberg nach einer 2:0-Führung in der Finalserie gegen die EWE Baskets Oldenburg, Freaky, die Bamberger Spieler und Trainer, auch die Führungsfiguren des Klubs.

Nach vierzig anstrengenden Minuten durften sie dann auch alle ausgelassen im Kreis tanzen wie Kinder an ihrem Geburtstag. Doch es war zunächst kein Schaulaufen, eher ein Kampf. Die Oldenburger, die nichts mehr zu verlieren hatten, weigerten sich, nur als staunende Statisten der Meisterfeier beizuwohnen. Sie waren gewillt, ein viertes Spiel herbeizuführen und den Bambergern so lästige Überstunden aufzuzwingen. Lange war die Partie spannend, bis zum Ende des dritten Viertel (49:49). Weil die Bamberger nicht so gut trafen, wie sie es eigentlich können.

Am Ende setzten sie sich dann aber doch durch, dank ihrer Raffinesse, Erfahrung und Klasse ihrer formidablen Einzelspieler um Fabien Causeur, Darius Miller und Maodo Lo, mit 15 Punkten bester Werfer. 76:58 (39:34) gewann Bamberg auch Spiel drei und holte sich so die dritte Meisterschaft nacheinander; den Pokal hatten sie schon im Februar errungen. Es ist die neunte Meisterschaft der Klubhistorie, die neunte seit 2005 wohlgemerkt, da hatte unter dem früheren Bundestrainer Dirk Bauermann alles angefangen. Es war der Beginn einer Ära, in der es den Bambergern längst gelungen ist, die Geschichte des deutschen Basketballs umzuschreiben. "Ich bin extrem stolz auf die Mannschaft, weil auch in Bamberg nicht automatisch die Bäume in den Himmel wachsen", befand Geschäftsführer Rolf Beyer.

Bambergs Cheftrainer Trinchieri verlängert seinen Vertrag

Neben dem Titel hatten der Bamberger Anhang am Sonntag noch etwas anderes zu feiern: die Vertragsverlängerung des umworbenen Trainers Andrea Trinchieri. Der 48-Jährige setzte seine Unterschrift unter einen Einjahresvertrag, mit Option für eine weitere Saison. Nach SZ-Informationen soll auch Nationalspieler Daniel Theis in Bamberg bleiben, sofern er keinen Verein in der US-Profiliga NBA findet. "Mit unserem Coach wollen wir unsere Erfolgsgeschichte weiterschreiben", sagte Beyer, "weil er gezeigt hat, dass er Titel gewinnen kann." Trinchieri hatte am Sonntag keine Lust, über seine neuen Arbeitspapiere zu sprechen. "Heute feiere ich", sagte er stattdessen, "und werde so viel Alkohol trinken wie der Main-Donau-Kanal Wasser hat."

Nach der Auftaktniederlage gegen Bonn im ersten Spiel des Viertelfinales traten die Bamberger zuletzt wieder so unverschämt dominant auf wie in der vergangenen Saison, als sie ohne Niederlage durch die Meisterrunde spazierten und alle neun Spiele für sich entschieden. Auch der FC Bayern, gemessen an Budget und Spielerqualität den Bambergern am nächsten, hatte im Halbfinale mit 0:3 Spielen das Nachsehen.

Danach wurde in der Branche wieder leidenschaftlich darüber debattiert, ob das die beste Bamberger Mannschaft ist, die je vorgespielt hat in der Euroleague und in der Bundesliga. Es hat ja schon einige herausragende Auswahlen gegeben, in der Saison 2011/12 mit Spielern wie Brian Roberts und P.J. Tucker, die über Bamberg direkt in der NBA landeten und dort ihre Klubs prägten. Dem aktuellen Team fehlt wohl ein spektakulärer Einzelkönner wie der letztjährige Kapitän Brad Wanamaker, aber es ist vielleicht der vielseitigste und unberechenbarste Kader - weil es der gerissene und ehrgeizige Trinchieri geschafft hat, einen Basketball spielen zu lassen, der seiner Zeit voraus ist, zumindest in der deutschen Liga. Es ist eine Art Basketball 4.0, ein Zukunftsprojekt, das der Tüftler aus Italien initiiert hat. Bewegung ist ein zentrales Merkmal dieses Offensivstils. Die Spieler bewegen sich nicht nur, um den Ball im Korb unterzukriegen, sondern auch, um den Gegner zu verwirren, es sind mitunter groteske Laufwege, die man so im Basketball noch nicht gesehen hat. Alle Spieler sind involviert, sie transportieren den Ball durch ihre Reihen, als würde er glühen. Es ist ein archaisches Spiel, schnell, mitreißend, vor allem: erfolgreich.

Zentrale Figuren sind dabei die drei Guards Nikos Zisis, Janis Strelnieks und Fabien Causeur, der zum besten Spieler der Finalserie gewählt worden ist. Keiner von ihnen, auch der Franzose Causeur nicht, ist ein Spielmacher der alten Schule, der mit Pässen seine Kollegen zu leichten Körben verhilft. "Unsere Unberechenbarkeit und unser Teamgeist machen uns so stark", sagt Causeur. Er und seine beiden Teamkollegen sind Künstler und gute Werfer zugleich, die mit ihren Punkten und mit ihrem Genius ein Spiel entscheiden können - und Meisterschaften natürlich. Freaky freute das am Sonntagabend ganz besonders.

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Quelle:
SZ vom 12.06.2017
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