Basketball-Finale:Die Konfetti-Kanonen gestopft

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Augustine Rubit (rechts) zieht Luke Sikma vorbei. Bayern verhindert die vorzeitige Meisterfeier von Alba. (Foto: Cathrin Mueller/Getty Images)

Durch einen in jeder Hinsicht überraschenden 90:60-Sieg bei Alba Berlin erzwingt der FC Bayern ein viertes Finalplayoff um die Deutsche Basketballmeisterschaft. Für die Berliner endet damit eine Serie von 19 Siegen.

Von Javier Cáceres, Berlin

Unter Mobilisierung der letzten Reserven haben die Basketballer des FC Bayern ein viertes Finalspiel um die Deutsche Meisterschaft erzwungen - und die geplante Meisterfeier des Titelverteidigers Alba Berlin mindestens vertagt. Vor ausverkauftem Haus wurden die Berliner Opfer szenischer Angst und ließen sich von den brutal dezimierten Bayern herspielen. Sie siegten mit 90:60 und bereiten den Berlinern damit die erste Pleite nach 19 Siegen in Serie.

Die Folge: Am Sonntag findet in München eine vierte Finalpartie statt. Um ein fünftes Finalspiel zu erzwingen und damit die Option zu wahren, doch noch den insgesamt elften Meistertitel der Berliner zu verhindern, müssen die Münchner ihre Sonntagsschicht siegreich gestalten. Ein Meisterschaftstriumph der Bayern wäre allein schon deshalb eine Sensation, weil es in der Geschichte der Basketball-Bundesliga nur eine Mannschaft geschafft hat, in einer Finalserie einen 0:2-Rückstand zu drehen: Bayreuth gegen Leverkusen. Das war im Frühjahr 1989, als ganz in der Nähe der Arena in Berlin, die Alba als Heimstätte dient, noch die Berliner Mauer stand.

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In den Tagen und Stunden vor der Partie hatten die Bayern noch öffentlich Hoffnung proklamiert, die gewissen Experten fast schon wie eine Realitätsverleugnung vorkam. Wobei: Objektiv betrachtet sprach tatsächlich nichts für die Bayern. Oder niente, um es in der Sprache von Andrea Trinchieri zu sagen, dem italienischen Trainer.

Kurzfristig fällt auf Münchner Seite auch noch Leon Radosevic aus

Es war ja nicht nur, dass die Bayern die ersten beiden Playoff-Partie klar verloren hatten (73:86, 58:71). Mindestens ebenso zermürbend war das Verletzungspech, das die Münchner in dramatischer Weise heimgesucht hatte. Ihre Delegation umfasste zwar zwölf Akteure. Aber am Freitag fehlten nicht nur Darrun Hilliard, Corey Walden und Vladimir Lucic, die schon beim zweiten Spiel ausgefallen waren, auch Leon Radosevic musste sich kurzfristig abmelden. Wie der FC Bayern am Freitag mitteilte, befand sich Radosevic nach einem fiebrigen Infekt schon seit Mittwoch "zur Beobachtung" im Krankenhaus.

Doch siehe: Die Bayern zeigten von Beginn an, dass sie nicht als Staffage für eine Partie nach Berlin gereist waren. Sondern um die Konfetti-Kanonen zu stopfen. Als Albas spanischer Trainer Israel González nach gut sechseinhalb Minuten erstmals um eine Auszeit ersuchte, lagen die Bayern schon mit elf Punkten vorne (19:8). González staunte: "Sie haben den Sieg verdient und alles besser gemacht als wir." In punkto Physis, Aggressivität und Entschlossenheit waren die Münchner ihren Gastgebern überlegen.

Das war ziemlich überraschend. In den vorangegangenen Partien hatten die Bayern den Eindruck erweckt, nach den aufreibenden und zehrenden Euro-League-Spielen ausgelaugt zu sein. Aber: Das erste Viertel beendeten sie mit einer 23:15-Führung - auch weil sie Ballverluste der Berliner provozierten und unter dem Alba-Korb effektiver waren. Zehn Rebounds sprachen für sich.

Spiel Nummer vier findet am Sonntagnachmittag in München statt

Coach González reagierte - und brachte Christ Koumadje, der wegen seiner Körpergröße von 2,24 Metern wohl auch einen Dunk hinlegen könnte, wenn man den Korb an die Siegessäule hängen würde. Allein: Der Effekt auf das Spiel war gleich null. Die Handgelenke der Berliner blieben steif, ganz im Gegensatz zu jenen der Bayern, die insbesondere durch Dreipunkte-Würfe ihren Vorsprung ausbauten. Zeitweise lagen die Bayern mit mehr als 20 Punkte vorn (50:28). Zur Habzeitpause konnten die Berliner auf 19 Punkte verkürzen (33:52).

Die Frage war, wie lange der Sprit der Münchner wohl reichen würde. Aber die Führung und vor allem die Art, wie sie herausgespielt wurde, bohrte sich direkt ins zentrale Nervensystem der beiden Mannschaften. Auf der einen Seite paralysierte der Spielverlauf die Berliner, die von der Dreipunkte-Linie eine miserable Quote aufwiesen (10 Prozent) und vor allem defensiv unterirdisch agierten.

Die Bayern hingegen verwandelten jede Sequenz in ein Plus an Moral und spielerischer Selbstsicherheit. Vor Beginn des letzten Viertels führten die Münchner mit sagenhaft anmutenden 26 Punkten (72:46). Am Ende lagen die Bayern sogar 30 Punkte vorne. Und hatten sich selbst Sonntagsarbeit auferlegt. Bayern-Trainer Trinchieri blieb bescheiden, als er sagte : "Wir wollten nicht einfach aufgeben." Er fügte hinzu: "Ich weiß um die Situation. Ich bin realistisch. Wir haben die Party nur verschoben." Mal sehen. Seinen Spielern, bei denen am Freitagabend Thomas (19 Punkte), Weiler-Babb (19), Hunter (13) und Djedovic (10) am besten trafen, wäre es bestimmt lieber, wenn die Konfetti-Kanonen auch in München schweigen.

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