Sie fielen zunächst für die FC-Bayern-Basketballer, die Dreier, die so oft in diesem Sport den Unterschied ausmachen. An diesem wettertechnisch weiß-blau-sonnig-frischen Nachmittag im Münchner Westpark, an dem der gläserne LED-Boden im BMW Park anfangs ganz in Rot getaucht war, ging kaum ein Wurf daneben für die Münchner. In den ersten fünf Minuten jedenfalls. Vladimir Lucic gelang gleich der erste Dreier, Oscar da Silva schob zwei Punkte hinterher, Andreas Obst – ohnehin sein Fachgebiet – traf dann ebenfalls von jenseits der Drei-Punkte-Linie, direkt danach auch wieder Lucic. Zack, 11:3 für die Münchner. Ihr Gegner, die Hamburg Towers, sahen dem munteren Scheibenschießen, für das die Spieler auf der Wiesn ein mindestens mittelgroßes Kuscheltier bekommen hätten, eher teilnahmslos zu. So viel zum Beginn der als Familienspieltag deklarierten, nicht ausverkauften Partie.
Was aber danach folgte, war ziemlich zähe Kost, jedenfalls aus Münchner Sicht. Sie verloren ihre Führung noch im ersten Viertel, das 21:21 endete, im zweiten Viertel lagen sie gar 35:41 zurück. Ihr Offensivspiel wirkte fahrig, Carsen Edwards stand stellvertretend für teils unerklärliche Ballverluste, aber der US-Amerikaner war nicht der Einzige, bei dem Präzision und Konzentration fehlten. Mit einer schmeichelhaften 42:41-Führung schleppten sich die Bayern in die Pause, am Ende des dritten Viertels stand es wieder 60:58 für die Hamburger.
Als die Sirene das Spiel beendete, leuchtete allerdings ein 81:80-Erfolg für die Münchner auf dem Videowürfel, nach einem Herzschlagfinale. Bayerns Devin Booker hatte auf Pass von Nick Weiler-Babb den entscheidenden Korbleger exakt 1,4 Sekunden vor Schluss getroffen. 48:31 Rebounds waren mitentscheidend dafür, dass der Favorit doch noch knapp gewann. „Es war ein mühevoller Sieg, uns hat ein bisschen die Geschwindigkeit gefehlt“, sagte Bayern-Trainer Gordon Herbert.
Eigentlich wollten die Münchner gegen Hamburg ihre peinliche, vor einer Woche erlittene 70:78-Niederlage aus dem zweiten Saisonspiel in Ludwigsburg vergessen machen, aber das gelang ihnen nicht wirklich. Denn auch nach der Halbzeit schleppten sie sich eher über den Glasboden. Ins Schweben gerieten dagegen die Hamburger, bei denen Kur Kuath mit einem gekonnten Alley oop kurz nach der Pause den Ton setzte. Und das, obwohl die Norddeutschen in der Vorwoche wie die Münchner durchaus schwankend gespielt hatten. Einem so unerwarteten wie deutlichen 97:80-Sieg gegen Alba Berlin war im Eurocup eine 80:100-Pleite gegen den französischen Klub Bourg-en-Bresse gefolgt. In München zeigten sich die Towers wieder von ihrer besten Seite – angeführt von den US-Amerikanern Brae Ivey und Keondre Kennedy, denen 19 und 15 Punkte gelangen.
Von Johannes Voigtmann ist beim Debüt fast gar nichts zu sehen
Von Johannes Voigtmann, auf dem während dieser Partie viele Blicke lagen, war hingegen fast gar nichts zu sehen. Der 31-Jährige, mit der DBB-Auswahl EM-Dritter, Weltmeister und Olympia-Vierter, war ja nach den Sommerspielen in Paris von seinem Verein Olimpia Mailand zu den Bayern gewechselt und kurierte zuletzt noch eine Fußverletzung aus. Bei seinem Debüt für München gelang ihm kein einziger Punkt. Auch Aufbauspieler Yam Madar enttäuschte, der Profi aus Israel blieb ebenfalls ohne Zähler.
Booker stemmte sich noch am ehesten gegen die drohende Niederlage, der US-Amerikaner war mit 19 Punkten Topscorer der Bayern – und mit Weiler-Babb in der spannenden Schlussphase der entscheidende Mann. 2:23 Minuten vor dem Ende holte er sich mit einem eleganten Korbleger die lang ersehnte Führung zurück (71:70). Weiler-Babb, der zwölf der 17 Bayern-Assists leistete, steuerte fünf weitere wichtige Punkte bei. 26 Sekunden vor Schluss traf Lucic beide Freiwürfe, Hamburg konterte, dann kam Booker im letzten Moment.
Die Generalprobe ist also gerade noch einmal gut gegangen vor dem nächsten Spiel, das wegweisend sein wird. Denn am 3. Oktober (20.45 Uhr) treffen die Bayern in der Euroleague auf Real Madrid, es ist ihr erstes Spiel im neuen, längst ausverkauften SAP Garden. Dabei kommt es nicht nur zum Wiedersehen mit Serge Ibaka, der nun in Diensten der Königlichen steht, sondern zum Duell mit einem der besten Klubs in Europa. Die Münchner wissen, dass sie sich gewaltig steigern müssen, um gegen die Spanier auch nur mithalten zu können.