Basketball:Stärker, härter, besser

Basketball: Das war's: Für Nationalspieler Andreas Obst und den FC Bayern nahm die Saison ein enttäuschendes Ende.

Das war's: Für Nationalspieler Andreas Obst und den FC Bayern nahm die Saison ein enttäuschendes Ende.

(Foto: Oryk Haist/Imago)

Die Basketballer des FC Bayern München müssen eine Saison ohne Titel verdauen. Der Geschäftsführer kündigt eine detaillierte Analyse an, der Trainer macht eine Kampfansage an die Konkurrenz.

Von Ralf Tögel

Als die Ränge längst leer und die Abbauarbeiten in vollem Gange waren, schlenderte Daniele Baiesi durch den VIP-Bereich Richtung Ausgang. Der größte Frust nach der entscheidenden Niederlage gegen Alba Berlin und der damit verpassten deutschen Meisterschaft war etwas verflogen. Bevor er aber den Ort der Niederlage endgültig verließ, ließ sich der Italiener noch ein paar Details über die Hintergründe der Misere entlocken. Er wolle die ganze Litanei an erkrankten und verletzten Spielern im Saisonverlauf gar nicht aufzählen, erklärte er, aber: Immer dann, wenn sich etwas Normalität abzeichnete, kam entweder das Virus oder eine Verletzung dazwischen.

Man müsse nur auf den Kader im Finale schauen, in dem fehlten: Leon Radosevic, der wegen einer bakteriellen Infektion im Krankenhaus war; Darrun Hilliard, der sich das Schlüsselbein gebrochen hatte; Corey Walden, der an Post-Corona litt; und Vladimir Lucic, der muskuläre Probleme und obendrein eine Corona-Infektion hatte. Allesamt Schlüsselspieler - beim Gegner fehlte in Markus Eriksson nur ein Akteur von diesem Format. Als Entschuldigung wolle er dies aber nicht verstanden wissen, betonte Baiesi, Berlin habe sich nach einer starken Saison diesen Titel redlich verdient.

Der FC Bayern steht ohne Trophäe da, ein Zustand, den Geschäftsführer Marko Pesic tags darauf als "extrem frustrierend" bezeichnete. "Das ist für den Verein und mich als Person unzureichend. Unser Ziel war es, Titel zu gewinnen, und das haben wir nicht geschafft." Denn die Erfolge in der Euroleague werden keinen Niederschlag auf dem Briefkopf finden, außerdem hatten sämtliche FCB-Verantwortliche der Meisterschaft Priorität zugeordnet. Nun bleibt eine Saison ohne Titel, "eine zu viel", wie Pesic findet, "das reicht nicht". Er werde sich nun alle Daten und Statistiken zutragen lassen, um die Spielzeit mit den Verantwortlichen "in Ruhe und im Detail" zu analysieren und die Lehren daraus zu ziehen.

Nick Weiler-Babb hat sich enorm entwickelt und soll unbedingt gehalten werden. Geschäftsführer Marko Pesic ist zuversichtlich

Klar ist bereits, dass die Mannschaft für ihr starkes Abschneiden in der europäischen Königsklasse einen hohen Preis bezahlt hat, beispielhaft dafür steht schon Topscorer Hilliard, für den das Saison-Aus im ersten Spiel der fabelhaften Viertelfinalserie gegen Barcelona kam. Zu diesem Zeitpunkt zeichnete sich bereits ab, dass die Münchner dem Teufelskreis aus fehlenden Spielern und daraus resultierenden Überbelastungen, die wiederum Verletzungen nach sich zogen, nicht mehr entkommen würden. Schon beim Pokal-Aus gegen Chemnitz hatten die Bayern erste Ermüdungserscheinungen gezeigt, befeuert durch ständige Nachholspiele wegen verlegter Partien. Für Co-Kapitän Lucic kam das nicht überraschend: "Das Spiel lag zwischen zwei Euroleague-Spielen, der Gegner war hoch motiviert und gut."

Auch für den Einbruch in den Playoffs hatte Lucic eine einfache Erklärung. Denn bis zum zweiten Sieg in Bonn im Halbfinale lief vieles noch nach Plan, "dann sind wir durch die lange Pause aus dem Rhythmus gekommen". War der Spielplan durch die vielen coronabedingten Verlegungen vor den Playoffs für die Münchner noch derart gedrängt, dass sie einen Zweitagesrhythmus gewohnt waren, legte die Bundesliga in der K.-o.-Runde zwischen zwei Spielen eine fünftägige Pause ein. Was zwar auf Intervention der Klubs in der Finalserie wieder kassiert und verkürzt wurde, der Münchner Spielrhythmus aber war "dahin", so Lucic.

Basketball: Bleibt er, geht er, beendet er seine Karriere:? Othello Hunter (re., gegen Berlins Oscar da Silva) hat jedenfalls Bereitschaft signalisiert, weiter in München zu spielen.

Bleibt er, geht er, beendet er seine Karriere:? Othello Hunter (re., gegen Berlins Oscar da Silva) hat jedenfalls Bereitschaft signalisiert, weiter in München zu spielen.

(Foto: Uwe Koch/Eibner Pressefoto/Imago)

Pesic wollte sein vorläufiges Fazit nicht allein daran festmachen, er betrachte das große Ganze: "Ich will wissen, was passiert ist, dass wir immer im Saisonendspurt unseren Rhythmus verlieren. Das war in der vergangenen Saison dasselbe, und das gilt es jetzt aufzuarbeiten." Über Änderungen im Kader wollte er noch keine Wasserstände vermelden, man werde kommende Woche mit den Gesprächen beginnen. Das Gros der Spieler besitzt noch Verträge, bei den starken ausländischen Kräften sieht das anders aus. Vor allem Nick Weiler-Babb soll gehalten werden, der sich in dieser Saison enorm entwickelt hat und laut Pesic "vom Gesamtpaket einer der besten Spieler in der Euroleague" ist.

Um solche Spieler müsse man sich zeitnah kümmern, erklärte der Geschäftsführer vielsagend, was er wohl getan hat. Ob das auch für Augustine Rubit oder Deshaun Thomas gilt, deren starke Leistungen in der Euroleague auch von der Konkurrenz zur Kenntnis genommen wurden, scheint fraglich zu sein. Othello Hunter dagegen signalisierte bereits, in München bleiben zu wollen, sollte der 37-Jährige seine Karriere um ein weiteres Jahr verlängern.

Internationale Spitzenspieler werde man sich aber kaum leisten können, sagte Pesic, denn das Prinzip der Eigenfinanzierung der Basketballer bleibt Grundvoraussetzung beim FCB, und die Pandemie hat auch in München Kerben in die Finanzen geschlagen. Der Vorarbeiter indes ist gesetzt: Trainer Andrea Trinchieri wird ein weiteres Mal den Spagat zwischen den drei Wettbewerben versuchen. Dafür hatte er schon direkt nach der letzten Niederlage eine Kampfansage an die Konkurrenz geschickt: "Wir werden zurückkommen, stärker, härter, besser." Die Frage bleibt, ob sich an der Gewichtung zwischen den Wettbewerben etwas ändern muss - doch dafür müssen erst einmal die Zahlen und Fakten bemüht werden. Denn eine weitere Saison ohne Titel wollen sie beim FC Bayern nicht analysieren.

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