Süddeutsche Zeitung

Basketball:Europas Top-Liga? Dauert noch!

Lesezeit: 3 min

Die BBL freut sich über Umsatzsteigerungen und gut besuchte Hallen.

Von Ulrich Hartmann, München

Die Zeit wird knapp. Zwei Jahre noch, dann wäre die Bundesliga (BBL) gerne die stärkste Basketball-Liga Europas - und in Deutschland beliebter als die Handball-Bundesliga. Für 2020 hatte die BBL dieses ambitionierte Ziel einst ausgerufen, aber jetzt sind es nur noch zwei Spielzeiten bis dorthin. Doch selbst, wenn es nicht pünktlich geschafft wird, sagt BBL-Präsident Alexander Reil, halte man an diesem Ziel unbeirrt fest: "Für uns ist nicht entscheidend, ob wir es ein oder zwei Jahre später erreichen. In Deutschland birgt Basketball weiterhin das größte Wachstumspotenzial unter den Ballsportarten."

Mit diesem Selbstbewusstsein geht die BBL an diesem Freitag in die neue Saison. Im Schnitt gut 250 Zuschauer mehr pro Spiel bräuchten die 18 Klubs, um die letztjährige Zuschauerquote der Handball-Bundesliga zu übertreffen (4673 Fans pro Spiel). Das wird schwierig angesichts einer bereits 90-prozentigen Auslastung der Basketball-Hallen. "Zuschauer und TV-Reichweiten sowie Wirtschaftskraft und sportlicher Erfolg" - diese Faktoren nennt Reil als Parameter für die Stärke einer Liga.

Nicht alles aber lässt sich in Zahlen fassen: "Viele Ligen in Europa beneiden uns um unsere Infrastruktur und Organisation", behauptet Reil, der zugleich Vorsitzender beim BBL-Klub Ludwigsburg ist. Solche Argumente helfen, um sich auf dem Weg zur stärksten Liga Europas zu wähnen, und viele Zahlen bestärken den deutschen Basketball. Der Gesamtumsatz aller BBL-Klubs ist in der Vorsaison auf einen neuen Rekord von 120 Millionen Euro angewachsen, eine Steigerung um fünf Prozent zur Vorsaison. Auch die übertragenden Medien Telekom-Sport und Sport1 melden Reichweitenzuwächse, allerdings waren diese Quoten auch auf mehrjährigen Tiefstständen aufgesetzt.

Die sportliche Qualität der deutschen Klubs im Kontinentalvergleich steigt, allerdings sind sie in den europäischen Wettbewerben bislang chancenlos. In EuroLeague und EuroCup dominieren seit langem vor allem spanische, türkische und russische Teams. In diesen drei Ligen werden auch weiter die höchsten Gehälter in Europa bezahlt. Das macht es für die BBL-Klubs schwierig, Topstars in der Blüte der Karriere nach Deutschland zu lotsen. Der aktuelle Double-Gewinner FC Bayern will in drei, vier Jahren soweit sein, um in der Euroleague aussichtsreich um den Titel mitzuspielen. Auch diese Zielsetzung deutet darauf hin, dass die BBL ihr Vorhaben der "stärksten Liga Europas", wenn überhaupt, mit zwei, drei Jahren Verspätung erreicht.

Um zwei Themen wird momentan gestritten in der BBL. Zum einen um die Erhöhung des Mindestetats der Klubs zur Saison 2019/20. Mindestens drei statt bisher zwei Millionen Euro muss jeder Klub dann kalkulieren. Kleineren Standorten fällt das vergleichsweise schwer: "Mit dieser Drei-Millionen-Hürde bin ich nicht einverstanden", sagt Bremerhavens geschäftsführender Gesellschafter Wolfgang Grube. Stefan Niemeyer hingegen, als Manager und Präsident des BBL-Neulings Rasta Vechta auch nicht viel vermögender als die Nachbarn aus Bremerhaven, hält die Anhebung des Etats für förderlich: "Die neu geschaffenen Normen treiben an", sagt er, "wir haben jedenfalls keine Angst mehr vor der Drei-Millionen-Hürde."

Der Liga-Chef Reil bewertet diesen Punkt ganz ähnlich: "Kein einziger aktueller Bundesligist wird an der Drei-Millionen-Hürde scheitern", glaubt er, "etwas schwieriger könnte es allerdings für potenzielle Aufsteiger werden."

Geschlossener wirkt die Liga in ihrer Haltung zur Abstellung von Nationalspielern. Alle sind sich einig, dass die Erfolge der Nationalmannschaft für das Image der Liga und das Ansehen des deutschen Basketballs von höchster Bedeutung sind. Umfänge und Termine für Abstellungen sind jedoch umstritten: "Maßnahmen der Nationalmannschaft dürfen nicht ausgerechnet in der Saisonvorbereitung der Klubs liegen", mahnt Reil. Die Vereine wehren sich dagegen just in einer Phase, in der sich die Nationalmannschaft soeben erstmals seit acht Jahren wieder für eine Weltmeisterschaft (2019 in China) qualifiziert hat - und Chancen sieht, auch die Olympischen Spielen in Tokio zu erreichen.

Diese Olympia-Teilnahme - es wäre die erste seit 2008 - fände im Jahr 2020 passenderweise genau dann statt, wenn die BBL sich gerne stärkste Liga Europas nennen würde. Olympia wäre ein wichtiges Puzzleteil auf diesem angestrebten Weg. Viele Kennziffern verraten Wachstum, und Reil findet, "eine solche Qualität von Spielern wie in der neuen Saison war vor fünf Jahren in der BBL undenkbar". Es dauert jetzt nicht mehr lange, um diese These überprüfen zu können. An diesem Freitag beginnt die neue Saison mit dem Duell Ulm gegen Bayern München.

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Quelle:
SZ vom 26.09.2018
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