Basketball:Enge auf dem Maxplatz

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Zum Greifen nah: Am Sonntag könnten Bradley Wanamaker (l. beim zweiten Playoff-Spiel am Mittwoch) und die Brose Baskets Bamberg deutscher Meister werden. (Foto: Stefan Puchner/dpa)

Bamberg könnte am Sonntagnachmittag durch einen Sieg gegen Ulm zum sechsten Mal in den vergangenen sieben Spielzeiten deutscher Meister werden - in der Stadt wappnet man sich für eine lange Feier.

Von Joachim Mölter, Bamberg

Die Wettervorhersage verheißt nichts Gutes für diesen Sonntag in Bamberg: eine Höchsttemperatur von mäßigen 18 Grad sowie ab Mittag eine Regenwahrscheinlichkeit von mehr als 50 Prozent. Warum das die dortigen Basketball-Freunde interessiert, die ja für gewöhnlich in ihrer Halle sowieso im Trockenen sitzen? Weil die 6800 Plätze in der Arena natürlich auch für das dritte Finalspiel um die deutsche Meisterschaft schnell ausverkauft waren, sich aber noch viel mehr Menschen die womöglich bereits entscheidende Partie ihrer mit 2:0 Siegen in der Best-of-five-Serie führenden Brose Baskets gegen Ratiopharm Ulm (15 Uhr/ live auf telekombasketball.de) ansehen möchten.

Das dürfen sie nun beim Public Viewing auf dem Maxplatz vor dem Rathaus, nachdem das Verwaltungsgericht in Bayreuth am Freitagabend den Eilantrag eines Anwohners abgeschmettert hat: Dem war das erwartete Basketball-Spektakel zu viel, nachdem für den gleichen Abend an gleicher Stelle ja sowieso schon das gemeinsame Betrachten des Fußball-EM-Spiels zwischen Deutschland und der Ukraine erlaubt worden war.

Alles spricht für Bamberg - aber Ulm hat sich als renitenter Gegner erwiesen

Es könnte also eng werden auf dem Maxplatz, wenn am frühen Abend - wie erhofft - die Basketball-Fans den insgesamt achten Titelgewinn ihres Klubs traditionell mit den Spielern vor dem Rathaus feiern und die Fußball-Anhänger sich gleichzeitig auf den Turnierauftakt der Nationalelf einstimmen wollen. Im günstigsten Fall ergibt das eine fröhliche Sause. Im ungünstigsten fällt alles ins Wasser, im tatsächlichen wie im übertragenen Sinn.

Zwar gilt der souveräne Hauptrundenerste und in der Liga zu Hause unbesiegte Titelverteidiger Bamberg als hoher Favorit gegen die von Rang sieben aus in die Playoffs gestarteten Ulmer; zumal die sich nach diversen Verletzungsausfällen quasi nur noch zu siebt durch die K.o.-Runden gekämpft haben. Dazu kommt eine historische Dimension der Partie: Die Bamberger könnten mit ihrer sechsten Meisterschaft in den vergangenen sieben Jahren eine Ära zementieren wie sie einst die früheren Seriensieger Bayer Leverkusen (1990 bis 1996) und Alba Berlin (1997 bis 2003) hingelegt haben. Und sie könnten wie ihre Vorgänger in den Jahren 1992 und 1994 bzw. 1998 und 2002 die Playoffs auch ohne eine einzige Niederlage hinter sich lassen.

Aber zumindest für Bambergs Trainer Andrea Trinchieri ist das nicht selbstverständlich. "Ulm verdient unseren größten Respekt, sie haben großartig gespielt. Und nichts anderes erwarte ich auch am Sonntag", sagte der Italiener am vorigen Mittwoch nach dem erst in der Verlängerung gesicherten 92:90-Erfolg in Ulm. So dicht standen die Bamberger in den diesjährigen Playoffs noch nie vor einer Niederlage. Die erste Partie gegen Ulm hatten sie vor einer Woche 101:82 gewonnen; in den Playoff-Spielen zuvor gegen Würzburg und den FC Bayern hatten sie im Durchschnitt mit 28 Punkten Differenz gesiegt. "Ich hoffe, es wird nicht noch mal so eng wie am Mittwoch", sagte Bambergs Flügelspieler Nicoló Melli: "Aber die Ulmer werden uns sicher nichts schenken."

Beide Teams spielen in Anlehnung an Golden State gerne "Small Ball"

Dass es die Schwaben den Oberfranken so schwer machen, liegt daran, dass beide Mannschaften den gleichen Spielstil pflegen, den sogenannten "Small Ball". Den hat der NBA-Meister Golden State Warriors in jüngerer Vergangenheit in der amerikanischen Profiliga salonfähig gemacht. Beim "Small Ball" verzichten die Teams weitgehend auf einen klassischen Brettcenter, einen großgewachsenen Mann, der in Korbnähe punktet und Rebounds einsammelt. Vielmehr kommen kleinere, flinke, bewegliche, ballsichere Spieler zum Einsatz, die auch aus größerer Entfernung treffen können. Sowohl in Ulm als auch in Bamberg haben die Coaches bei ihrer Kader-Zusammenstellung darauf geachtet, variabel und flexibel einsetzbare Profis zu engagieren.

Bei Ulm sind es vor allem die gelernten Power Forwards Raymar Morgan (2,03 Meter) und Augustine Rubit (2,01), die den Bambergern Schwierigkeiten bereiten: Trotz ihrer fehlenden Größe schaffen sie es gerade im Angriff immer wieder, sich Rebounds zu angeln und ihrem Team damit weitere Wurfchancen zu verschaffen. Die Zahl der Ulmer Offensivrebounds betrug in den ersten beiden Partien 16 und 18 - Bambergs Coach Trinchieri gefiel das gar nicht, es macht ihm sogar etwas Sorgen.

"Teils schon übermenschlich"

Immerhin kann er derzeit auf seinen kompletten Kader zurückgreifen, das verschafft ihm mehr taktische Möglichkeiten als seinem Ulmer Kollegen Thorsten Leibenath, der sich notgedrungen weiterhin auf sieben Profis verlassen muss. Dass die nach den vorausgegangenen Strapazen am Mittwoch noch die Kraft hatten, selbst in der Verlängerung bis zuletzt Widerstand zu leisten, fand er eine "unbeschreiblich beeindruckende Leistung, teils schon übermenschlich". Nach dem letztlich vergebenen Kraftakt würde es niemanden verwundern, wenn Ulm am Sonntag nur noch wenig entgegenzusetzen hätte. Leibenath verspricht allerdings: "Wir werden noch mal alles geben. Wir wollen die Serie zurück nach Ulm holen."

Auch für Ulms Basketballer hat die Partie am Sonntag ja eine historische Bedeutung: Sie stehen zum dritten Mal in einer Finalserie um die deutsche Meisterschaft, haben dort aber noch nie ein Spiel gewonnen.

© SZ vom 12.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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