Basketball-EM:Satoransky und seine Helfer

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Allrounder und Ankurbler: Tomas Satoransky ist der überragende Akteur bei den Tschechen. (Foto: Ng Han Guan/AP)

Tschechien überrascht als effektive Einheit. Der Grund: Sein großer Spielmacher aus der NBA versteht sich als Zuarbeiter für die Kollegen.

Von Jonas Beckenkamp, Shanghai/München

Für die deutschen Basketballer ist die Weltmeisterschaft zu Ende, es war mit dem Aus in der Vorrunde ja alles andere als prächtig gelaufen. Platz 18 am Ende, Debatten um Dennis Schröder und viele offene Fragen für die Zukunft - eine ernüchternde Bilanz. Vor allem, wenn man nun sieht, wie sich andere, vor dem Turnier deutlich schwächer eingeschätzte Teams in China präsentieren. Zum Beispiel Tschechiens Nationalmannschaft, gegen die Deutschland in der WM-Vorbereitung noch lockerleicht gewonnen hatte.

Die Tschechen haben mit ihrem erstaunlichen Einzug ins Viertelfinale das geschafft, woran die DBB-Auswahl gescheitert ist: Sie haben im bisherigen Verlauf als Einheit funktioniert und ihren einzigen Topspieler Tomas Satoransky gewinnbringend integriert. Der 27-Jährige verdient sein Geld wie Schröder seit einigen Jahren in der US-Profiliga NBA (neuerdings bei den Chicago Bulls), er ist ebenso wie Deutschlands Bester ein Regisseur - doch da enden schon die Gemeinsamkeiten. Anders als Schröder ("Ich spiel' mein Spiel") versteht sich Satoransky zuerst als Zuarbeiter für die Kollegen. Er ist der große Allrounder der Tschechen, einer, der alles fürs Team macht und so die gemeinsame Offensive ankurbelt.

Beim Zwischenrunden-Überfall auf Brasilien gelangen ihm nicht nur 20 Punkte, sondern auch sieben Rebounds, neun Assists und drei geklaute Bälle. Beinahe wäre es sogar das erste Triple-Double (zweistellig in drei Statistik-Kategorien) der WM-Historie geworden, doch Satoransky blieb bescheiden: "So etwas ist mir nicht so wichtig", sagte er nach seinen Großtaten, "für mich zählt, was ich dem Team geben kann, damit wir gewinnen." Er weiß, dass er nur dann ein echter Leader ist, wenn am Ende alle besser sind. Mit dieser Einstellung hat sich der Prager zu einem der effizientesten Akteure der aktuellen Weltmeisterschaft entwickelt. Wenn er auf dem Feld steht, läuft es bei den Tschechen, die zum Turnierauftakt zumindest ein Viertel lang sogar die USA ärgerten.

Anders als die ausgeschiedenen NBA-Größen Schröder, Danilo Gallimard (Italien) oder Giannis (Griechenland) darf Satoransky nun auf eine Medaille hoffen. Natürlich hat auch er ein paar Helfer, wie den vom FC Bayern München bekannten Ondrej Balvin. Der Center ist einer der zupackendsten Rebounder der WM, während Außenspieler Jaromir Bohacik immer wieder Dreier einstreut. Dass die Tschechen so erstaunen, liegt auch daran, dass sie eingespielt sind. Die meisten im Kader kennen sich lange, zudem bilden gleich sechs Profis vom besten Verein des Landes, CEZ Nymburk, den Kern des Teams. So konnte man sogar den Ausfall des besten Mannes kompensieren: den ebenfalls NBA-erfahrenen Center Jan Vesely stoppte zuletzt eine Knieverletzung. Ins Viertelfinale gegen Australien gehen die Tschechen an diesem Mittwoch erneut als Außenseiter. Aber eines dürfte jedem klar sein: Am fehlenden Zusammenhalt werden sie kaum scheitern.

© SZ vom 11.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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