Fünfeinhalb Minuten vor dem Ende versuchte Dirk Nowitzki ein letztes Mal, ein Zeichen zu setzen. Nachdem er im Angriff vergeblich auf einen Foulpfiff gewartet hatte, nahm er seinen Mundschutz heraus, damit der Schiedsrichter seine Beschimpfungen auch verstehen konnte. Danach rannte Nowitzki zurück in die Deckung und stoppte den Griechen Tsartsaris mit einem furiosen Block.
Kurz darauf wechselte Bundestrainer Dirk Bauermann den besten Werfer des Turniers aus, und Nowitzki umarmte auf der Bank versöhnt und wohl auch erleichtert seine Kollegen, mehrfach grüßte er zum Abschied von Belgrad in die Menge. Das Publikum erhob sich und applaudierte dem deutschen Weltstar, doch dann war der Weg frei für die Party des neuen Europameisters. Er heißt Griechenland.
62:78 haben die Deutschen gestern Abend das Belgrader EM-Finale verloren, gegen einen überzeugenden Gegner besaßen sie keine wirkliche Siegchance. Im siebten Spiel binnen neun Tagen wirkte Bauermanns Team einfach nicht mehr so frisch wie beim knappen Halbfinalsieg am Samstag gegen Spanien (74:73), auch Nowitzki konnte es trotz seiner 23 Punkte nicht richten gegen den ausgeglichen besetzten Kontrahenten. Die Silbermedaille bedeutet dennoch den größten deutschen Erfolg nach dem EM-Triumph 1993, "und deshalb sind wir stolz und glücklich", sagte Nowitzki hinterher.
Tausende griechischen Fans in Belgrader Arena
Tausende Griechen hatten sich nach dem 67:66 ihrer Auswahl im Halbfinale gegen die am Ende drittplatzierten Franzosen (98:68 über Spanien) ins Auto gesetzt und die 900 Kilometer nach Belgrad zurückgelegt. Und die serbischen Gastgeber, weiterhin nichts anderes als angewidert von ihrem enttäuschenden Weltmeisterteam, überließen ihnen auf dem Schwarzmarkt gerne die Tickets.
Die Deutschen verstanden also bisweilen ihr eigenes Wort nicht in diesem hellenischen Höllensaal, doch wenigstens ein paar gute Geister drückten ihnen auf der Tribüne die Daumen neben den etwa 80 tapferen Fans aus der Heimat: Die verletzten Stammspieler Hamann, Okulaja und Garris waren auf Einladung des Verbandes eingeflogen, "weil sie einfach dazu gehören", wie DBB-Sportchef Wolfgang Brenscheidt die spontane Kostenübernahme erklärte.
Auch die übrigen Kadermitglieder sollten anreisen, doch Terdenge (fand den Reisepass nicht), Herber (in den USA) und Jagla (verschollen) sahen das Spiel wohl auf einer der 80 weltweit angeschlossenen TV-Stationen.
Viele Ballverluste, wenig Rebounds
Das Fernsehpublikum und die 19.000 in der ausverkauften Arena sahen einen nervösen Beginn von beiden Teams. Die Deutschen indes fanden noch schlechter ins Spiel als der Favorit. Marko Pesic eröffnete in der Heimat seines Vaters die Partie mit zwei verwandelten Freiwürfen zum 2:0, doch am Ende des ersten Viertels (12:19) standen für die DBB-Auswahl annähernd so viele Ballverluste (acht) wie Punkte zu Buche.
Im Duell der abwehrstärksten Teams des Turniers schufen die deutschen Systeme selten Freiräume für offene Würfe, vor allem die Gestalter Pascal Roller, Mithat Demirel oder auch Demond Greene kamen nicht zum Zuge. Am Brett begann zudem der bei Panathinaikos Athen engagierte Kapitän Patrick Femerling fahrig. Für ihn rückte bald Sven Schultze unter den Korb, und der führte sich mit fünf Punkten gleich prächtig ein.
Nowitzki indes fand seinen Rhythmus beim Sprungwurf schwerlich, verhältnismäßig bescheidene 33 Prozent betrug seine Trefferquote zur Halbzeit. Der Gegner dagegen ließ sich auch von kurzen Irritationen beim deutschen Wechsel auf Zonenverteidigung (19:16/12.) nicht lange stören. Kakiouzis, Zizis und Papaloukas standen schon bald nach schönen Passspielen wieder parat für Distanztreffer, die den Vorsprung auf 37:26 (19.) anwachsen ließen.
Deutliche Vorteile besaß der variable Gegner zudem bei den Offensivrebounds. Nowitzkis "Buzzer Beater" mit der Pausensirene zum 32:39 sorgte noch einmal für einen erträglichen Rückstand. Und sein Team hatte hier schließlich schon andere Rückstände getilgt mit enormem Aufwand in der Verteidigung.
Würdiger Sieger
Kurz nach Wiederbeginn erreichten die griechischen Gesänge allerdings neue Dezibelrekorde: Femerlings Klubkollege Chatzivrettas und gleich zweimal Papaloukas (insgesamt 22 Punkte) sorgten mit geglückten Dreierversuchen für deutliche Verhältnisse: 36:50 (23.), Bauermann versammelte seine Männer bald zur Auszeit.
Viel brachte die Besprechung nicht ein, am Ende des dritten Viertels waren die Griechen auf 61:44 enteilt. Im Angriff extrem bedrängt und in der eigenen Zone immer wieder ausgehebelt mit Tempodribblings und variablen Laufwegen - Bauermanns Leute hatten im letzten Spiel ihren Meister gefunden.