Süddeutsche Zeitung

Basketball:Einfach überleben

Titelverteidiger FC Bayern München muss erneut stark ersatzgeschwächt antreten, steigert sich nach einem Pausenrückstand und wirft Brose Bamberg aus dem Pokal. Die Oberfranken scheiden damit im zweiten von drei Wettbewerben frühzeitig aus.

Von Ralf Tögel

Omar Prewitt hatte sich ein besonderes Styling überlegt. Seine nicht allzu langen Haare waren oben auf dem Haupt zu einem kleinen Zöpfchen zusammengebunden, das wie eine Mini-Antenne abstand. Vielleicht hatte er deswegen einen besonders guten Empfang, jedenfalls setzte der Flügelspieler von Brose Bamberg die Vorgaben des Trainers effektiv um. "Wir haben 20 Minuten gut gespielt", konstatierte Johan Roijakkers folgerichtig, vor allem Prewitt hatte in dieser ersten Halbzeit des Pokalspiels beim FC Bayern München mit 13 seiner insgesamt 15 Punkte maßgeblichen Anteil an 45:42-Führung der Gäste. Allein es sollte nicht reichen, denn nach der Pause verschärften die Münchner die Gangart vor allem in der Defensive, was letztlich in einem ungefährdeten 98:77-Erfolg mündete.

Der FC Bayern steht damit im Viertelfinale des Pokal-Wettbewerbs und kann den Titel verteidigen, die Oberfranken können sich ganz auf die Meisterschaft konzentrieren - wenn man es positiv formulieren will. Denn nach dem Aus in der Champions-League-Qualifikation sind die Bamberger im zweiten von drei Saisonwettbewerben früh gescheitert, wobei die Niederlage beim hoch eingeschätzten FC Bayern weniger überraschend kam und leichter zu verschmerzen ist. Natürlich hätte er noch gern ein paar Pokalspiele absolviert, brummte Roijakkers, viel lieber aber wäre er mit seinem Team durch Europa gereist: "Wir wollten Champions League spielen und haben es nicht hingekriegt." Zwar dürfe man in so einer so frühen Saisonphase nicht erwarten, dass "wir unseren besten Basketball spielen", das Aus gegen Juventus Utena schmerzt den Niederländer aber immer noch. Immerhin habe man nun gesehen, dass sein Team auch mit Euroleague-Mannschaften vom Kaliber der Bayern mithalten könne.

Neben Omar Prewitt zeigt auch das Bamberger Center-Duo Christian Sengfelder und Martinas Geben eine gute Leistung

In der Tat hat Bamberg eine richtig gute Truppe beisammen, neben Prewitt überzeugten das Center-Duo Christian Sengfelder und Martinas Geben sowie Rückkehrer Patrick Heckmann. Vom Spielmacher-Duo Justin Robinson und Frankie Ferrari sollte indes mehr kommen. Brose-Geschäftsführer Philipp Galewski fand, sein Team habe es angesichts angeschlagener Bayern versäumt, "mit einem höheren Vorsprung in die Pause zu gehen". Die Möglichkeiten waren da, Bamberg war in den ersten beiden Vierteln besser, ließ aber zu viele Chancen ungenutzt. Das Standing des Trainers habe das neuerliche Scheitern in einem K.o.-Spiel nicht verschlechtert, zumal Roijakkers mit zwei Siegen ins "Butter-und-Brot-Geschäft" (Galewski) Bundesliga gestartet ist. Auch der "Blick nach links und rechts" helfe bei der Einordnung, in Ulm, Oldenburg oder Ludwigsburg seien Teams aus "unserem Leistungsbereich" ebenfalls ausgeschieden - gegen weniger starke Gegner.

Die Münchner hingegen konnten ihre kleine Niederlagenserie stoppen, ihr Gegner im Pokal-Viertelfinale wird noch zugelost. Wobei man die bisher gezeigten Leistungen seriös einordnen sollte. Wie schon gegen Ulm hatte Coach Andrea Trinchieri auch gegen Bamberg nur zehn Aufrechte zur Verfügung, wobei die sechs zulässigen Ausländer über hohe Qualität verfügen, bei den deutschen Akteuren fehlen die besten Profis. "Nihad Djedovic, Leon Radosevic, Andreas Obst, Paul Zipser und Gavin Schilling", zählte Trinchieri auf, er möchte erst einmal ein Team sehen, das den Verlust solcher Stammkräfte verdauen könne. Dass dies dennoch nicht ins Gewicht fiel, war der Leistung der Zugänge zu verdanken. Ognjen Jaramaz zeigte erstmals sein ganzes Potenzial, versenkte sechs von sechs Dreiern und war mit 26 Punkten bester Schütze. Nicht viel schlechter war Corey Walden, ebenfalls mit fehlerlosen sechs Dreiern und insgesamt 25 Zählern. Zudem punkteten Augustine Rubit (13) und Zan Mark Sisko (10) zweistellig, ebenfalls Personal mit Euroleague-Format. Den Sieg indes schrieb Trinchieri dem Kollektiv zu, vor allem der Defensivleistung in Halbzeit zwei. "Wir haben dieses K.o.-Spiel mit einer sehr kleinen Rotation gespielt und kamen mit einer sehr harten Niederlage aus Tel Aviv. So hatten wir doppelten Druck und waren richtig schlecht in der ersten Halbzeit."

Taktisch habe er nichts verändert, erklärte der Italiener, aber das Team erinnert, "mehr Energie in unsere Defense" zu stecken. "Das war der Wendepunkt." Bereits am Donnerstag gastiert ein Gegner von größerer Klasse im Audi Dome, dann kommt der FC Barcelona zum Euroleague-Heimdebüt der Münchner. Rekonvaleszenten erwartet Trinchieri keine zurück, dafür können in Darrun Hilliard und Deshaun Thomas zwei weitere der starken Zugänge mitwirken, in der europäischen Königsklasse gibt es keine Ausländerbeschränkung. Bis sich die personelle Lage entspannt, bleibe nur eines: "Wir müssen nur zusammenbleiben und das überleben." Das hat zumindest gegen Bamberg schon mal geklappt.

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