Basketball:Die Drähte glühen

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Umsonst aufgewärmt: Die ZSKA-Spieler und das Moskauer Funktionsteam kurz vor der Abreise an den Flughafen. (Foto: Mladen Lackovic/Imago)

Die Basketball-Euroleague spricht sich gegen einen Ausschluss der russischen Klubs aus, sie müssen ihre Heimspiele aber wohl auf neutralem Boden fortsetzen. Die Bayern-Basketballer erleben tags zuvor bis zur Absage ihres Heimspiels gegen ZSKA Moskau hektische Stunden.

Von Sebastian Winter

Am Freitag um 12 Uhr mittags tagten die 18 Klubs der Basketball-Euroleague, es ging um nicht weniger als die Fortsetzung ihres Wettbewerbs. Die Invasion Russlands in der Ukraine hatte tags zuvor dazu geführt, dass die europäische Königsklasse des Basketballs drei Spiele mit russischer Beteiligung kurzfristig absetzte, auch die Partie des FC Bayern München gegen ZSKA Moskau. Den kompletten Ausschluss der russischen Klubs Zenit St. Petersburg, ZSKA und Unics Kasan, die sich nach derzeitigem Stand allesamt für die Playoffs qualifizieren würden, wendete die virtuelle Versammlung am Freitag ab, die Gesellschafter müssen dem Vorschlag allerdings noch zustimmen.

Die Euroleague plant, "alle Spiele, die auf russischem Boden ausgetragen werden sollen, vorübergehend an andere Orte außerhalb des Territoriums der Russischen Föderation" zu verlegen, wie sie mitteilte. Die russischen Klubs Zenit St. Petersburg, Unics Kasan und ZSKA Moskau sollen ihre Heimspiele demnach künftig auf neutralem Boden austragen, abgesehen von den "nationalen" Duellen St. Petersburg gegen Kasan (22. März) und St. Petersburg gegen ZSKA (1. April), die wie geplant in Russland stattfinden sollen. Heimspiele gegen russische Mannschaften bleiben von den Plänen unberührt. Die Entscheidungen "wurden getroffen, um die Integrität des Wettbewerbs zu schützen", hieß es in der Mitteilung, außerdem solle "der Sport von politischen Handlungen isoliert werden". Sie haben auch für den Eurocup Gültigkeit.

Wie inzwischen fast schon üblich, verurteilte auch die Euroleague "alle Kriegshandlungen, wie sie leider in der Ukraine geschehen, aufs Schärfste". Der FC Bayern hat zwischenzeitlich sein Emblem auf den sozialen Kanälen durch ein Peace-Zeichen in Regenbogen-Farben ersetzt.

Der 24. Februar war für Münchens Basketballer ein hektischer Tag. Um 19 Uhr sollte die Euroleague-Partie im Audi Dome gegen den ehemaligen Armeesportklub ZSKA Moskau angepfiffen werden. Doch dazu kam es nicht. Das Spiel wurde zwei Stunden vor dem geplanten Start abgesagt - wegen des Kriegsbeginns in der Ukraine. "Wir haben ein gutes Verhältnis zum Basketball-Klub ZSKA, seine Spieler und die Coaches haben mit dieser Situation nichts zu tun, das möchte ich betonen", sagte Bayern-Geschäftsführer Marko Pesic am späten Donnerstagabend: "Doch an diesem sehr traurigen Tag war es letztlich schwer, den Fokus auf ein sportliches Duell zu legen. Ich denke, heute nicht zu spielen, ist eine richtige Entscheidung."

Leere Halle: Der Staff steht bereit, doch die Partie des FC Bayern gegen ZSKA Moskau wird kurz vor Spielbeginn abgesagt. (Foto: Oryk Haist/Imago)

Den ganzen Tag über war der FC Bayern in Abstimmung mit der Euroleague und den ZSKA-Verantwortlichen gewesen, ein erstes Gespräch hatte es dem Vernehmen nach bereits um 11 Uhr morgens zwischen den Münchnern und dem Euroleague-CEO Jordi Bertomeu gegeben. Dieses hatte allerdings noch nicht den gewünschten Erfolg für die Deutschen, die das Spiel bereits zu diesem Zeitpunkt verlegen wollten. Die Euroleague versandte dann um 14.48 Uhr eine wachsweiche Erklärung, in der sie schrieb, den geplanten Wettkampfkalender fortzusetzen, "es sei denn, die Unversehrtheit aller teilnehmenden Mannschaften ist gefährdet und/oder es gibt Regierungsentscheidungen, die verhindern, dass Spiele unter normalen Umständen stattfinden".

"Wir alle wollen spielen", appellieren die ZSKA-Basketballer. Ihr Bitte findet vorerst Gehör

Währenddessen befand sich Pesic im Dialog mit ZSKA, später sprachen die Bayern erneut mit Bartomeu, der dann um kurz vor 17 Uhr einlenkte - womöglich auch unter dem Eindruck, dass die Basketballer des FC Barcelona ebenfalls nicht zu dem für Freitagabend angesetzten Euroleague-Spiel bei Zenit St. Petersburg fliegen wollten. Die Donnerstags-Partie zwischen Baskonia Vitoria und Unics Kasan wurde ebenfalls abgesetzt.

Zwischenzeitlich hatte der deutsche Pay-TV-Sender Magentasport bekannt gegeben, dass er vorerst keine Basketballspiele mit russischer Beteiligung übertragen wird. Dies hätte auch die Live-Berichterstattung des Bayern-Spiels gegen Moskau betroffen, zu dem es ja ohnehin nicht mehr kam.

Die Mannschaften waren allerdings bereits im Audi Dome, als sie die Absage erreichte. Einige Spieler von ZSKA wärmten sich noch kurz in der Halle auf, Bayern-Trainer Andrea Trinchieri sprach ein paar Sätze mit ZSKA-Coach Dimitrios Itoudis. Auch einige Zuschauer hatten sich schon zum Spielort aufgemacht, der Vip-Bereich hatte bereits geöffnet, wo die paar Ehrengäste, die schon vor Ort waren, verköstigt wurden - bis dann doch noch die Absage kam.

Später standen die Spieler des Moskauer Klubs in einer Gruppe vor ihrem Bus. Sie fuhren direkt zum Flughafen, wo sie noch am Abend in ihren Charterflieger zurück nach Moskau stiegen. Die ZSKA-Basketballer appellierten am Freitag noch vor der Euroleague-Sitzung in einem von ihrem CEO Aleksandr Tserkovny gezeichneten Schreiben, dass "die europäischen Klubs vereint sind in der Idee und Vision, Basketball über Grenzen hinweg zu entwickeln, ungeachtet der politischen Situation. Wir alle wollen spielen." Vorerst sieht es so aus, als ob ihre Bitte Gehör findet, allerdings nicht bei allen. Der litauische Klub Zalgiris Kaunas teilte am späten Freitagnachmittag mit, in dieser Situation nicht gegen russische Klubs spielen zu wollen.

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