Basketball:Der tanzende Dämon geht

Bayerns 2 Wade BALDWIN IV. Basketball, Bayern - Berlin, BBL-Playoff, Finale, 4.Spiel, Saison 2020-2021, am 13.6.2021 in

Ab sofort Konkurrent: Wade Baldwin, bis vor kurzem Spielmacher des FC Bayern, hat bei Baskonia Vitoria-Gasteiz unterschrieben.

(Foto: Oryk Haist/Imago Images)

Wade Baldwin, spektakulärer Spielmacher des FC Bayern München, unterschreibt beim spanischen Euroleague-Konkurrenten Baskonia Vitoria-Gasteiz.

Von Ralf Tögel

Wade Baldwin, in der vergangenen Saison Spielgestalter der Basketballer des FC Bayern München, hat beim spanischen Euroleague-Konkurrenten Baskonia Vitoria-Gasteiz unterschrieben. Es hatte sich abgezeichnet, dass der 25-Jährige nach den Leistungen der abgelaufenen Saison für die Münchner nicht zu halten sein würde. Damit verlässt einer der spektakulärsten Akteure die Basketball-Bundesliga.

Daniele Baiesi hatte Baldwin einmal als "Borderliner" bezeichnet. Um zu verstehen, was der FCB-Sportdirektor meinte, muss man nur die letzten Playoff-Spiele der Bayern gegen Alba Berlin gesehen haben. Wie der Spielmacher nach einer nicht gefälligen Schiedsrichterentscheidung auf die Lippen beißt und wütend von dannen stapft. Wenn er für eine geringschätzende Geste zum Unparteiischen ein technisches Foul kassiert, wenn er mit den Armen fuchtelt und flehend gen Hallendecke blickt, damit jeder verstehen möge, wie ungerecht er behandelt wurde. Der 25-Jährige ist ein schwieriger Typ, das wusste Baiesi, er hat Baldwin dennoch geholt. Baiesi wusste auch, dass Baldwin schwierige Zeiten hinter sich hatte, als er als hoch gehandeltes Talent in der NBA von einem Verein zum anderen geschoben wurde. Als er auf seiner ersten Station in Europa beim ehemaligen Euroleague-Sieger Piräus landete, der zu diesem Zeitpunkt mehr durch Querelen mit Konkurrent Athen und dem Verband auffällig war als durch Leistungen: Zwangsversetzt in die zweite Liga schickte Olympiakos ein B-Team an den nationalen Start, die teuren Profis spielten nur Euroleague. Kein idealer Ort, um in einer neuen Liga und auf einem neuen Kontinent Fuß zu fassen. Dann eröffnete der neue Coach Baldwin, dass er nicht mehr auf ihn setze. Baldwin galt bald als untrainierbarer Unruheherd. Das ist die eine Geschichte.

Unkontrollierbar? Genial? Mit großem Talent gesegnet? Auf Baldwin trifft alles zu

Baldwin ist aber auch mit diesem unglaublichen Talent gesegnet. Bei einer Größe von 1,93 hat er eine Spannweite von 2,13 Metern, eine immense Sprungkraft, einen guten Distanzwurf und eine Technik, die seinen Dribblings und Finten eine spielerische Leichtigkeit verleiht. Kurz: An guten Tagen ist sein Spiel eine Augenweide. Er trug die Bayern zu Siegen gegen Barcelona, ZSKA Moskau oder Efes Istanbul, die besten europäischen Teams, er dunkte über den 2,10-Meter-Riesen Mitoglou in den Athener Korb. Mehr Spektakel geht nicht. Mit Baldwin waren die Bayern gut wie nie.

Aber Baldwin hat eben auch den Dämon in sich, es allen zeigen zu müssen, oft übertreibt er sein Spiel, vergisst die Teamkollegen, will es alleine entscheiden - nicht immer zum Vorteil des Kollektivs. In München fand er den richtigen Mentor: Trainer Andrea Trinchieri, kein bisschen weniger ehrgeizig und vom Basketball besessen, fand schnell einen Zugang zu seinem Hochtalentierten, wusste ihn zu nehmen, um Topleistungen aus ihm herauszukitzeln. In den Playoffs um die deutsche Meisterschaft, also den letzten Auftritten einer Corona-Saison mit insgesamt 90 Pflichtspielen, wirkte Baldwin müde, überspielt. Berlin wurde Meister. Sie werden ihn in München dennoch vermissen.

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