Basketball:Der ruhende Holländer

Headcoach Johan Roijakkers (Brose Bamberg) ratiopharm Ulm - Brose Bamberg, easyCredit Basketball Bundesliga, Saison 202; Johan Roijakkers

Immer mit der Ruhe: Bambergs Trainer Johan Roijakkers sucht noch einen neuen Point Guard.

(Foto: Daniel Löb/HMB-Media/Imago)

Johan Roijakkers stand nach dem Aus in der Champions League früh in der Saison infrage, nun hat der Bamberger Trainer sein Team in der Bundesliga an die Tabellenspitze geführt.

Von Ralf Tögel

Von deutschen Medien lässt Johan Roijakkers die Finger. "Wenn ich zu Hause bin, lese ich De Telegraaf, schaue holländisches Fernsehen oder rede mit Holländern." Er sei dann in einer "Blase". Das mache für ihn vieles einfacher in seinem Job. Denn Roijakkers ist Trainer des Basketball-Bundesligisten Brose Bamberg und hat damit einen Arbeitsplatz, der zwar begehrt ist, der aber schon mal ungemütlich werden kann.

In den vergangenen Jahren gaben sich in Bamberg sportlich leitende Mitarbeiter die Klinke in die Hand und auch Roijakkers stand früh in der Saison bereits infrage. Denn zum ersten Mal seit 20 Jahren werden die Bamberger nicht international spielen, in der Qualifikation zur Champions League schied Brose gegen Juventus Utena aus, eine litauische Mannschaft von begrenzter Bekanntheit. Das Aus im deutschen Pokalwettbewerb kurz darauf war schon eher verzeihlich, beim Titelverteidiger FC Bayern München kann man schon mal verlieren. Dennoch war der Druck für Roijakkers vor dem ersten Spiel in der Basketball-Bundesliga (BBL) signifikant gestiegen. Aber der ruhte in sich, blendete in seiner holländischen Blase sämtliche medialen Nebengeräusche aus, konzentrierte sich auf die Dinge, die er beeinflussen kann, und führte seine Mannschaft mit vier Siegen in vier Spielen an die Tabellenspitze. Am Wochenende soll er diese Position in der Partie bei den Löwen Braunschweig verteidigen und sagt: "Wir schauen nicht auf die Tabelle, wir haben einen Plan."

Bamberg sucht noch einen Point Guard, erste Gespräche mit Kandidaten haben bereits stattgefunden

Natürlich hat der 41-Jährige mitbekommen, dass er hinterfragt wurde, zumal Bamberg im Vorjahr unter seiner Führung die Playoffs als Achter gerade noch erreicht hatte und schon in der ersten Runde ausgeschieden war. Aber der Sieg zum BBL-Start bei seinem ehemaligen Verein Göttingen und der folgende gegen Gießen pumpten Zuversicht in die Köpfe der Verantwortlichen. Auch beim Pokal-Aus in München hielt Brose lange mit und führte sogar zur Halbzeit. Spätestens der Auswärtssieg bei den hoch eingeschätzten Ulmern und das 72:68 gegen den Überraschungsprimus Heidelberg im Duell der beiden ungeschlagenen Teams vom Wochenende brachten Ruhe ins Umfeld.

Roijakkers nimmt all das unaufgeregt zur Kenntnis, er wolle die Erfolge nicht überbewerten, wisse aber, dass "ich hier gut arbeiten kann". Auch das Verhältnis zu Geschäftsführer Philipp Galewski, der nach dem Champions-League-Aus den Erwartungsdruck erhöht hatte, sieht der Niederländer "als völlig normal" an. Diese Gelassenheit helfe nicht nur ihm, sagt Roijakkers, so könne er auch seine Herangehensweise auf die Mannschaft übertragen. Das gelingt bis dato formidabel, wobei er seine Auswahl längst nicht am Zenit sieht. Gerade in der Defensive gebe es "einige Baustellen" zu bearbeiten. In der Offensive dagegen gelinge es den Spielern zusehends, den Ball schnell zu bewegen und so den am besten postierten Werfer zu finden. Vor allem die Zugänge Omar Prewitt, Dominic Lockhart und Patrick Heckmann überzeugen, Christian Sengfelder hat seine starke Form aus dem Vorjahr konserviert. Und der nur 1,73 Meter große Spielmacher Justin Robinson kommt immer besser in Fahrt, das Energiebündel war ja Wunschspieler des Trainers.

Vielleicht kommt dem Team auch das internationale Aus zugute. So bleibt für die Vorbereitung auf das nächste Spiel immer eine Woche Zeit. Wobei Roijakkers die Champions League vermisst, denn dort würden die Spieler wichtige Erfahrungen sammeln. Nur eine Gefahr sieht der Niederländer auf sich zukommen: "Im Laufe der Saison wird es Verletzungen geben, wir haben zwar viel Qualität, aber zu wenig Quantität." Daher sondiert Brose den Markt auf der Suche nach einem weiteren Point Guard. Gespräche mit Kandidaten haben bereits stattgefunden. Dafür verlässt Roijakkers sogar seine holländische Blase.

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