Süddeutsche Zeitung

Basketball:Der Nächste, bitte!

Bambergs Trainer Johan Roijakkers muss nach nur einer Spielzeit seine Koffer packen. Der Verein traut dem Niederländer nach dem Champions-League-Aus und einer Niederlagenserie in der Bundesliga die Wende nicht mehr zu - und präsentiert in dem Israeli Oren Amiel bereits seinen Nachfolger.

Von Ralf Tögel

Das Ende seines Kurzurlaubs hätte sich Johan Roijakkers sicher anders vorgestellt. Der Trainer der Basketballer von Brose Bamberg wollte in der Länderspielpause ein paar Tage auf Gran Canaria ausspannen. Der Erholungseffekt dürfte bereits verflogen sein, denn es ist anzunehmen, dass der Niederländer auch auf der zugigen Kanaren-Insel von seiner bevorstehenden Entlassung Wind bekommen hat. Gegen Mitternacht ist Roijakkers am Sonntag am Münchner Flughafen gelandet, am Montagvormittag wird sein Arbeitgeber nach SZ-Informationen offiziell mitteilen, dass er nicht länger Trainer in Bamberg ist.

Auch wenn sich der 41-Jährige nicht äußern wollte, völlig überrascht dürfte ihn die Entlassung nicht haben. Denn nach dem unerwarteten Aus gegen den wenig bekannten litauischen Klub Juventus Utena in der Champions-League-Qualifikation stand er schon vor dem ersten Punktspiel in der Basketball-Bundesliga (BBL) Ende September zur Disposition. Ein guter Saisonstart inklusive zwischenzeitlicher Tabellenführung hatte Roijakkers vorerst aus der Schusslinie gebracht. Nach vier Niederlagen in den vergangenen fünf Spielen, mit der deutlichen 80:100-Heimpleite gegen Bonn zuletzt, zogen die Verantwortlichen nun die Reißleine. Aus der Bamberger Führungsriege wollte sich ebenfalls niemand äußern, bevor die Entlassung am Montag offiziell verkündet wird. Geschäftsführer Philipp Galewski hatte aber schon nach dem Verpassen des internationalen Geschäfts betont, wie sehr Roijakkers fortan am Erfolg gemessen werde.

Die Entlassung stand schon länger im Raum, Brose präsentiert folglich schon den Nachfolger

Dass sich der Klub bereits länger mit einem Trainertausch befasst haben dürfte, zeigt die Tatsache, dass die Bamberger bereits einen Nachfolger präsentieren werden: Der Israeli Oren Amiel soll dem Vernehmen nach die Mannschaft wieder auf Kurs bringen und wird bereits am kommenden Samstag im Derby gegen Medi Bayreuth (18 Uhr) in der heimischen Brose-Arena an der Seitenlinie stehen. Amiel dürfte den Brose-Verantwortlichen vor allem durch seine Arbeit in der Champions League bei ERA Nymburg aufgefallen sein. In den vergangenen vier Vergleichen mit dem tschechischen Meister hatten die Oberfranken nämlich mit nominell besser besetzten Teams regelmäßig den Kürzeren gezogen. In der Saison 2019/2020 wurde der Israeli zum Champions-League-Trainer des Jahres gewählt, zuletzt sollte er den schwächelnden israelischen Klub Hapoel Jerusalem wieder auf Vordermann bringen; dieses Unterfangen erscheint ihm beim fränkische Traditionsklub und ehemaligen Serienmeister nun offenbar als reizvoller.

Mit Roijakkers sollte eigentlich Kontinuität in Bamberg einkehren, das seit der Entlassung von Erfolgscoach Andrea Trinchieri 2018 mit einem hohen Verschleiß an Trainern und sportlich Verantwortlichen aufgefallen war: Allein fünf Übungsleiter gaben sich bei Brose die Klinke in die Hand. Roijakkers konnte auch die stetig gesunkenen Ansprüche des ehemaligen Serienmeisters nicht erfüllen. In seinem ersten Jahr rutschte Bamberg als Achter gerade noch in die Playoffs und schied in der ersten Runde aus. Zu Saisonbeginn gab es neben dem internationalen Scheitern weitere Aufregung um den Niederländer, weil er wegen einer verbalen Entgleisung gegen eine Mitarbeiterin einer Bamberger Tiefgarage in die Schlagzeilen geraten war.

Die Verpflichtung folgt einem bekannten Muster - mit Amiel soll ein Erfolgsrezept importiert werden

Nun also die Trennung - und eine Verpflichtung nach bekanntem Muster. Schon einmal hatte Brose zuletzt versucht, das Erfolgsrezept eines direkten Konkurrenten mit dem Abwerben dessen sportlicher Führung zu importieren. Weil die Antwerpen Giants mit einem Kader der Unbekannten die nominell besser besetzten Bamberger in der Champions League 2019 im kleinen Finale düpiert hatten, wurden Trainer Roel Moors und Sportdirektor Leo De Rycke ins Frankenland gelotst. Um nur eine Spielzeit später wieder vor die Tür gesetzt zu werden, weil ein Niederländer, der in Göttingen mit wenigen Mitteln beachtliche Erfolge feierte, eine neue Philosophie etablieren sollte.

Nun muss dieser Niederländer nach nur einer Spielzeit seine Koffer packen. Der neunmalige deutsche Meister hat einmal mehr die Geduld verloren. Offen ist, wie sich die beiden Parteien einigen: Entweder begnügt sich Roijakkers mit einer Abfindung, dann kann er sich sofort einen neuen Klub suchen. Oder er lässt sich sein Gehalt bis Vertragsende anweisen und legt die Füße hoch. Roijakkers hatte sein mögliches Aus nach dem internationalen Scheitern vor drei Monaten gelassen kommentiert. Bei einem renommierten Klub wie Bamberg müsse man das im Misserfolg immer im Kalkül haben: "Ich bin allein, meine Wohnung ist noch nicht eingerichtet, wenn es so kommt, dann ist es so."

Sein Nachfolger trifft an seiner neuen Arbeitsstelle auf einen alten Bekannten: Small Forward Omar Prewitt, der sich bei Nymburg unter Amiel derart gut entwickelt hatte, dass Bamberg ihn verpflichtete, ist jetzt schon voll des Lobes für den neuen Chef.

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