Basketball:"Das ist heftig, die Jungs sind fertig"

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Bei der hohen Niederlage in Kirchheim am 2. Januar stellen die Nürnberg Falcons fest, dass mit ihnen noch immer etwas nicht stimmt. (Foto: Wolfgang Zink/imago)

Nach elf Infektionen und sieben Wochen Pause sind Nürnbergs Basketballer Ende Dezember in den Spielbetrieb der zweiten Liga zurückgekehrt - nun sind sie wieder außen vor. Ein Gespräch mit Trainer Ralph Junge.

Von Sebastian Leisgang

Als Ralph Junge den Anruf entgegennimmt, wird schnell klar, dass es ihm mittlerweile besser geht. Sechs Wochen zuvor hat der Geschäftsführer und Trainer der Nürnberger Basketballer kaum eine Frage beantworten können, ohne nach ein paar Sätzen zu husten. Jetzt räuspert er sich zwar hin und wieder, das Husten ist aber abgeklungen.

Im November hat sich Junge ebenso mit dem Coronavirus infiziert wie elf seiner Spieler und mehrere Funktionäre rund um die Mannschaft. "Alle hatten Symptome, einige auch ziemlich schwere", sagt Junge. Sein Team musste sich aus dem Spielbetrieb der zweitklassigen Pro A zurückziehen und stand erst sieben Wochen später, Ende Dezember, wieder auf dem Parkett. Dann aber ein Rückschlag: Nach nur zwei Partien meldeten sich mehrere Spieler ab, weil sie erneut Beschwerden hatten. Die Folge: eine zweite Zwangspause - und mehrere Fragen.

SZ: Ihre Infektion liegt mehr als zwei Monate zurück. Wie geht es Ihnen mittlerweile?

Ralph Junge: Es geht bergauf, aber ich hänge immer noch ein bisschen durch.

Inwiefern?

Ich werde gegen 14, 15 Uhr müde und unkonzentriert, um 21, 22 Uhr schlafe ich dann meistens schon. Aber immerhin kann ich jetzt wieder eine Zitrone geschmacklich von einer Zwiebel unterscheiden, das ist schon mal ein Fortschritt (lacht).

Kurz nach Weihnachten ist Ihre Mannschaft in den Spielbetrieb zurückgekehrt. Warum muss sie jetzt wieder pausieren?

Schon bevor wir wieder ins Training eingestiegen sind, haben wir gesagt, dass wir nach sechs Wochen eine Bestandsaufnahme machen. Elf Spieler waren infiziert, jetzt hatten acht ein zweites Mal mit unterschiedlichen Symptomen zu kämpfen. Als unsere Ärzte gesehen haben, wie es um die Mannschaft bestellt ist, haben sie mich sofort angerufen und gesagt: Ralph, das ist heftig, die Jungs sind fertig. Wenn ihr weiterspielt, habt ihr bald richtige Probleme.

Wie äußern sich die Nachwehen?

Der Körper hat einigen gezeigt, dass er noch nicht bereit ist für Leistungssport. Sport geht, aber Leistungssport ist etwas anderes. Die Spiele sind eine Überlastung, und deshalb lagen einige wieder flach, ohne positiv zu sein. Manche hatten Gliederschmerzen, manche mussten sich nach dem Essen übergeben. Manche hatten grippale Symptome, manche muskuläre Defizite oder Lungenauffälligkeiten. Es waren verschiedene Signale, die der jeweilige Körper gesendet hat.

Ralph Junge baute das Team Ehingen/Urspring auf und wurde in der Saison 2013/14 zum ProA-Trainer des Jahres gekürt. 2014 wechselte er nach Nürnberg. (Foto: Wolfgang Zink/Imago)

Kommt das alles überraschend? Oder haben Sie nach der ersten Zwangspause vielleicht sogar damit gerechnet, dass es nochmal einen solchen Rückschlag geben könnte?

Mir war klar, dass wir noch nicht zu 100 Prozent bereit sind, als wir wieder gespielt haben. Das hat man dann auch gesehen - vor allem gegen Kirchheim (63:101 am 2. Januar, d. Red.). Da ist einer meiner Spieler am Ende des ersten Viertels zu mir gekommen und hat gesagt, dass er am Ende seiner Kräfte ist. Ich habe schon damit gerechnet, dass es hart wird. Es hat mich dann aber doch überrascht, als ich gesehen habe, wie bei dem einen oder anderen Spieler der Körper mehr oder weniger zusammengebrochen ist.

Das Virus ist bei einem Spiel gegen Hagen in Ihrem Mannschaftskreis angekommen. Auch die Hagener kämpfen jetzt mit den Folgen. Stehen Sie mit ihnen in Kontakt?

Selbstverständlich, wir haben ja dieselbe Chronologie - nur mit zwei Wochen Verzögerung. Der Leidensweg ist so ähnlich, dass wir uns regelmäßig austauschen. Die Situation ist ja für alle eine riesige Herausforderung, da hilft es, wenn man sich gegenseitig Ratschläge geben kann.

Wann wollen Sie mit Ihrer Mannschaft wieder spielen?

Momentan trainieren wir wieder mit sechs, sieben Spielern. Da kommt es auch darauf an, die Belastung sinnvoll zu steuern. Der eine geht an die Grenzen, der andere geht schon nach einer Dreiviertelstunde duschen. So kämpfen wir uns momentan durch. Ich hoffe, dass wir dann in einer Woche wieder wettbewerbstauglich sind.

Halten Sie das für realistisch?

Irgendwann müssen wir ja in die Gänge kommen, aber natürlich werden wir dann noch zwei, drei weitere Wochen brauchen, bis wir konkurrenzfähig sind. Das ist uns vollkommen bewusst. Es wäre ja verrückt, wenn wir einsteigen würden und dann sofort auf Augenhöhe mit den anderen Mannschaften wären, die seit Wochen im Rhythmus sind.

Welche Schlüsse ziehen Sie aus der zweiten Zwangspause?

Unter anderem, dass wir mehr Spieler brauchen. Vor der Saison haben wir einen Kader zusammengestellt, der einmal die Woche spielen sollte, jetzt wird die Schlagzahl deutlich höher, weil wir erst sieben Spiele gemacht haben, die meisten Mannschaften aber schon elf oder zwölf. Wir haben deshalb den Combo Guard Tra Holder aus der ersten polnischen Liga verpflichtet, den viele noch aus seiner Zeit in Frankfurt kennen dürften, und wir wollen noch einen weiteren Spieler holen. Dann können wir die Einsatzzeiten dosieren und die Spieler, die einen schweren Verlauf hatten, immer wieder mal schonen.

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