Süddeutsche Zeitung

Basketball:Das große Zittern

Der FC Bayern offenbart erneut, dass er jene Sicherheit, die ihn so lange in der Vorrunde auszeichnete, verloren hat. Frankfurt hat nach dem 86:83 den ersten Matchball.

Von Ralf Tögel, München

Auch das dritte Spiel der Viertelfinalserie des FC Bayern München gegen die Frankfurt Skyliners war eine enge und zähe Angelegenheit. Und einen äußerst spannende - mit dem besseren Ende für die Gäste. Frankfurt hat sich in München mit einem 86:83 (25:39)-Sieg den ersten Matchball in der Best-of-5-Serie erkämpft und führt nun mit 2:1. Dass Vladimir Lucic wie erwartet wegen seiner Schulterverletzung fehlte - und mit ihm Energie und Punkte -, war dem Auftritt der Bayern sicher nicht zuträglich. Der Forward kann aber vielleicht am kommenden Dienstag helfen, das vorzeitige und überraschende Playoff-Aus des Titelfavoriten zu verhindern.

Es war sehr schnell klar, in welche Richtung der dritte Vergleich der Kontrahenten gehen würde. Gerade einmal zwei Minuten waren gespielt, als sich Danilo Barthel mit schmerzverzerrtem Gesicht auf dem Hallenboden wälzte. Niedergestreckt von einem Check, Geschäftsführer Marko Pesic stand an der Seitenlinie und gestikulierte wild in Richtung der Schiedsrichterin Anne Panther. Ein paar Augenblicke später landete Nihad Djedovic in der zweiten Zuschauerreihe, er hatte mit einem Sprung versucht, einen Ball hinter der Auslinie zurück ins Spielfeld zu befördern. Beide Mannschaften kämpften verbissen um jeden Ball, um jeden Wurf, ja um jeden Zentimeter auf dem Parkett. Es entwickelte sich sofort eine Partie, die an Intensität und Physis schwer zu überbieten war; ein Spiel, das die Abwehrreihen der beiden Mannschaften prägten. So leuchtete nach dem ersten Viertel ein schier unglaubliches Ergebnis vom riesigen Videowürfel über dem Spielfeld: 13:12 für den FC Bayern. Die Hessen hatten dabei fast genauso viele Fouls wie Punkte gesammelt, nämlich neun.

Die Münchner aber schafften nur einen mickrigen Punkt mehr, was man ihnen angesichts der giftigen Hessen nicht einmal zum Vorwurf machen konnte. Denn sowohl der FCB als auch die Gäste zeigten sich beeindruckt von der Wucht der jeweiligen Defense. Im ersten Viertel wollte kein einziger Dreier fallen, wobei die Bayern sieben Versuche abfeuerten und die Frankfurter sechs. Selbst von der Freiwurflinie wollten die Bälle nicht durch den Korb, von zehn Versuchen des FCB saßen nur fünf. Doch die Gastgeber legten die Nervosität langsam ab. Zunächst versenkte Jared Cunningham den ersten Dreier der Bayern, dann kam Hobbs. Es war ein Spiel wie gemacht für den trickreichen amerikanischen Spielgestalter, der den Gegner immer wieder mit seinen überraschenden Pässen düpierte - oder selbst traf. Langsam setzten sich die Bayern ab, die Distanzwürfe fanden zusehends ins Ziel, Devin Booker und Danilo Barthel ackerten unter dem Korb, Nihad Djedovic traf verlässlich.

Just als München die höchste Führung erspielt, kippt die Partie

Mit 26:13 ging das zweite Viertel an die Gastgeber, die mit einer beruhigenden 14-Punkte-Führung zur Pausenerfrischung schritten. Die Skyliners nahmen satte 16 Fouls in die Kabine, ein Wert, der zu viel war für Trainer Gordon Herbert. Er teilte seinen Unmut den seiner Ansicht nach zu kleinlich pfeifenden Referees mit und kassierte dafür zwei technische Fouls auf dem Weg in die Kabine - weshalb er gleich dort bleiben musste.

Ein Schock für die Hessen, die sich fortan von Co-Trainer Klaus Perwas anleiten lassen mussten. Zunächst übernahmen die Bayern das Kommando. Und plötzlich kam Fluss ins Spiel des Favoriten, die 6018 Zuschauer bekamen schnelle Kombinationen zu bestaunen, Danilo Barthel legte einen schnellen Gegenstoß in den Frankfurter Korb - der erste Fastbreak der gesamten Partie. Und der Vorsprung wuchs ansehnlich, bis auf 42:25, es war zu erkennen, was diese Mannschaft leisten kann. Aber die Gäste fingen sich schnell, Dreier in Serie von Shawn Huff bremsten den Münchner Elan, fortan geriet das Punkten wieder zur nervenaufreibenden Kraftarbeit. Als dann Frankfurts Distanzschützen Philip Scrubb und Point Guard Tai Webster zu treffen begannen, fing bei den Bayern wieder das Zittern an.

Bamberg steht schon im Halbfinale

Der deutsche Meister Brose Bamberg hat als erstes Bundesliga-Team das Playoff-Halbfinale erreicht. Der BBL-Titelverteidiger bezwang die Telekom Baskets Bonn 75:70 (38:36) und entschied die Best of 5-Serie deutlich mit 3:0. Gegner im Halbfinale ist der FC Bayern München oder die Frankfurt Skyliners. Vor 6150 Zuschauern fiel die Entscheidung kurz vor Ende des dritten Viertels. Angeführt vom erneut starken US-Duo Dorell Wright und Augustine Rubit zog der Serienmeister nach einem zuvor ausgeglichenen Spiel davon und baute die Führung im Abschlussdurchgang auf 13 Punkte aus. Bonn verkürzte durch einen 11:3-Lauf zwar nochmals auf 70:75, doch der Endspurt kam zu spät. dpa

Mit schlechten Würfen und Ballverlusten brachten die Münchner höchstselbst den Gegner ins Spiel zurück, die Skyliners ließen sich nicht lange bitten. Topscorer Webster (20 Punkte) traf per Dreier zum 57:54, es war die erste zur ersten Gästeführung seit dem 4:2 nach ein paar Sekunden. Bei zwei derart physisch agierenden Mannschaften sind enge Spiele Programm, beide Teams hielten sich fortan an diese Vorgabe. Immerhin behielt der FCB dank einem Dreier von Alex King vor dem finalen Durchgang mit 61:57 die Oberhand.

Das jedoch änderte sich schnell, die letzten zehn Minuten waren wieder ein zäher Schlagabtausch zweier gleichwertiger Kontrahenten, die Führung wechselte hin und her. Bis zuletzt, bis Scrubb 18 Sekunden vor dem Ende einen Dreier zum 84:83 für Frankfurt versenkte und Hobbs beim letzten Bayern-Angriff mit einem Fuß die Auslinie berührte. Die Bayern, in deren Reihen Cunningham (20), Djedovic (17), Barthel und Booker (je 12) zweistellig trafen, offenbarten erneut, dass sie jene Sicherheit, die sie so lange in der Vorrunde ausgezeichnet hatte, verloren haben. Nun stehen sie vor dem Aus.

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SZ vom 13.05.2018
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