Basketball:Cool im Kessel

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Die Basketballer des FC Bayern ziehen durch einen 78:70-Erfolg gegen Alba Berlin ins Pokalfinale an diesem Sonntag ein. Sie trotzen kämpferischen Berlinern und deren lauten Fans. Im Finale wartet nun Bamberg.

Von Ralf Tögel, Berlin

Es gibt Basketballspiele in einer langen Saison, die haben alle Beteiligten wenig später schon wieder vergessen. Dann gibt es Spiele, die zur Legende werden. Und solche, die immerhin zur Legendenbildung beitragen. Diese Partie zwischen Bayern München und Alba Berlin am Samstagabend war so eine. Sie wird einiges dazu beitragen, dass die Legende von den Besonderheiten des Pokalwettbewerbs weiter Bestand haben wird. Denn die Münchner haben Gastgeber Alba mit 78:70 (42:38) Punkten geschlagen, in einem hart umkämpften und engen Spiel, das man so nicht erwarten konnte.

Vladimir Lucic, Nihad Djedovic oder Maxi Kleber, sie alle hatten nach ihrem eher sparsamen Auftritt im Liga-Nachholspiel vor drei Tagen gegen Göttingen gewarnt vor dieser Partie in Berlin, wo sie vor Wochenfrist so locker an gleicher Stelle gegen den gleichen Gegner 80:65 in der Bundesliga gewonnen hatten. Man werde auf ein ganz anderes Berliner Team treffen.

Und natürlich war der Trainer besonders alarmiert, Sasa Djordjevic hatte mit seinen finsteren Blicken düstere Bilder in den Raum gemalt, das letzte Viertel gegen Göttingen empfand er als spielerische Frechheit: "So werden wir gar nichts erreichen." Zur Erinnerung: Die Bayern hatten ungefährdet 86:71 gewonnen. Was man eben so sagt, wenn man als sportlich Verantwortlicher die Spannung hoch halten will? Im Gegenteil, es traf genau so ein. Zwar steckten exakt die selben Spieler in den gelben Alba-Trikots, aber es war in der Tat eine andere Mannschaft. Von der ersten Sekunde an war überdeutlich, dass die Berliner um ihre letzte Chance kämpften, in dieser Saison einen Titel zu gewinnen.

Nicht zu stoppen: Bayern und Reggie Redding (am Ball) werfen den Titelverteidiger Alba Berlin aus dem Pokalwettbewerb. (Foto: Rainer Jensen/dpa)

Nick Johnson macht den Unterschied für den FC Bayern

"Es war klar, dass sie mit Stolz, viel Energie und einem anderen Matchplan zurückkommen werden", erklärte Djordjevic. Die Berliner kamen auch mit Spielmacher Peyton Siva zurück. Die medizinische Abteilung hatte den zuletzt so schmerzlich vermissten Amerikaner irgendwie fit bekommen. Es reichte zwar nur für knapp neun Minuten, doch Siva setzte nicht nur wegen seiner sieben Punkte wichtige Akzente. Aber auch ohne ihren Taktgeber agierten die Gastgeber auf Augenhöhe mit dem Favoriten aus Bayern, der ja mit der mächtigen Serie von 13 Siegen hintereinander angereist war, darunter die Lehrstunde für die Berliner vor einer Woche. Mit einem 9:0-Lauf hatten die Bayern seinerzeit die Halle schnell abgekühlt. Diesmal kochte die Halle.

Die Berliner hielten kämpferisch dagegen, die 10500 Zuschauer honorierten das, von der ersten Minute an trieb die Kulisse den Gastgeber an. Das erste Viertel (21:21) war völlig ausgeglichen. Im zweiten Durchgang zeigte dann Nick Johnson, warum die sportliche Bayern-Führung so große Stücke auf ihn hält. Vor den Augen von Dennis Schröder - der Nationalspieler nutzte das Allstar-Weekend in der NBA für einen Ausflug in die Heimat - brannte Johnson ein Punkte-Feuerwerk ab: Acht seiner insgesamt 19 Punkte, die ihn zum Münchner Topscorer machten, erzielte er in den letzten Minuten vor der Halbzeit, wodurch die Bayern mit einer 42:38-Führung in die Kabine kamen. "Er hat den Unterschied gemacht", konstatiert Berlins Nationalspieler Niels Giffey. Die Münchner gaben die Führung nicht mehr aus der Hand.

Die Bayern haben den Charaktertest bestanden, den Sieg letztlich sicher ins Ziel gebracht. Die Mannschaft hat erneut bewiesen, dass sie gefestigt ist - auf einem hohen Level. Zumal in Bryce Taylor und Nihad Djedovic zwei prägende Spieler der vergangenen Wochen einen miesen Tag erwischt hatten. Zudem wurde Devin Booker weitgehend aus dem Spiel gelassen, der Center hatte Fieber. Doch dieser Bayern-Kader ist so tief, dass einfach andere in die Bresche springen. Dieses Mal waren das neben Johnson und Kleber (11) der abgezockte Reggie Redding, der die Partie gestaltete und in den richtigen Momenten mit seinen 17 Punkten zur Stelle war. "Wir werden uns jetzt das zweite Halbfinale in Ruhe ansehen", sagte Johnson lächelnd und wischte sich die Schweißperlen von der Stirn, "wir sind bereit."

© SZ vom 19.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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