Basketball:Chefs im Dome

Alba Berlin - MHP Riesen Ludwigsburg

Alba Berlins Marcus Eriksson (rechts) und der Ludwigsburger Nick Weiler-Babb beim Hinspiel des Finalturniers.

(Foto: Adam Pretty/dpa)

Nach einer Machtdemonstration im Final-Hinspiel steht Berlin gegen Ludwigsburg vor dem Gewinn des ersten Meistertitels seit zwölf Jahren. Der Favorit profitiert davon, dass dem Gegner sein bester Spieler fehlt.

Von Felix Haselsteiner, München

Rein nachrichtlich betrachtet erscheint das Ergebnis der Finalspiele um die deutsche Basketball-Meisterschaft recht unspektakulär - und so, wie man es vor der Saison hätte erwarten können: Der große Titelfavorit, die Heimmannschaft, gewann im Münchner Audi Dome das erste Spiel der Finalserie deutlich und es erscheint unwahrscheinlich, dass die Meisterschaft noch einmal spannend wird.

Interessant wird es erst, wenn man sich bewusstmacht, dass der zuletzt schier unschlagbare Meister, der FC Bayern, aktuell nicht mehr Herr im eigenen Dome ist, sondern Rivale Alba Berlin am Freitagabend nominelles Heimrecht in der Fremde genießen konnte - und nach einem sehr überzeugenden 88:65 im Hinspiel der Best-of-two-Serie gegen die MHP Riesen Ludwigsburg kurz vor der Meisterschaft steht. "Gratulation an Alba", sagte der Ludwigsburger Jonas Wohlfahrt-Bottermann jedenfalls nach dem Spiel bei MagentaSport - es hörte sich fast schon ein wenig nach Aufgabe an. Erst am Ende des Interviews ließ der Center sich noch eine kleine Kampfansage entlocken: "Vorbei ist es noch nicht", sagte er trotzig im Weggehen.

Vorbei mag es tatsächlich noch nicht sein, 40 Minuten sind am Sonntag (15 Uhr) noch zu spielen. Die Leistung von Alba jedoch wirkte mindestens über drei Viertel des Spiels derart konzentriert und ausgereift, dass nicht einmal die sonst so energisch verteidigenden Ludwigsburger dagegenhalten konnten. Alba hatte mehr Ballgewinne und eine wesentlich bessere Rebound-Bilanz, "sie haben uns physisch dominiert", sagte Wohlfahrt-Bottermann. Sieben Berliner Spieler trafen am Ende zweistellig, was auf den größten Vorteil hindeutet, den Alba in den zwei Finalspielen hat: Ihre Kaderbreite. Während Berlin nämlich auf eine Reihe gesunder und fitter Stammspieler zurückgreifen konnte, musste Ludwigsburg auf seinen klar besten Spieler verzichten.

"Selbst wenn er nur joggen kann, wird er spielen", sagt Trainer John Patrick über Marcos Knight

Immer wieder mal kurz humpelte Marcos Knight über das Spielfeld, aber nur um zur Ersatzbank zu gelangen und seine Teamkameraden in den Timeouts anzuspornen, dann setzte er sich wieder bedrückt auf seinen Einzelplatz hinter dem Korb. Knight war bis ins Halbfinale der wertvollste Spieler seiner Mannschaft, vermutlich sogar des Turniers, und erzielte in allen vier Playoffspielen einen Double-Double. Dann knickte er im Rückspiel gegen Ulm schwer um und konnte kaum noch auftreten, für das Hinspiel gegen Berlin gab es daher keine Chance auf einen Einsatz. Dass er bis zum Sonntag fit wird, erscheint unwahrscheinlich, doch die Ludwigsburger klammern sich an den Restfunken Hoffnung, dass ihr Topspieler noch zurückkehrt: "Selbst wenn er nur joggen kann, wird er spielen", sagte Trainer John Patrick nach dem Spiel, hoffnungsvoll klang er allerdings nicht.

Patrick war aber auch sonst mit der Leistung seiner Mannschaft nicht zufrieden, die Alba ein ums andere Mal leichte Punkte ermöglichte und mit einer schwachen Wurfquote (nur 19 Prozent aus der Distanz) nicht dagegenhalten konnte. "Wenn wir immer so gespielt hätten wie heute, wären wir gar nicht erst ins Finale gekommen", sagte Patrick: "Wir haben unsere Konzentration verloren."

So war es schlussendlich an den Berlinern, sich noch die Spannung für den Sonntag herbeizureden, an dem es für die Albatrosse immerhin um das Double geht, den Pokal gewannen sie bereits im Februar. Einen fokussierten und keinesfalls euphorischen Eindruck machten die Spieler in der Kabine, in die man bei den aktuellen Übertragungen Einblick erhält. Trainer Aíto García Reneses ist ohnehin kein Freund von verfrühtem Jubel und wirkte eher so, als würde er gleich einen sachlichen Taktik-Vortrag über die kurze Schwächephase im vierten Viertel halten. Und Nationalspieler Niels Giffey wies im Interview auf eine für ihn beruhigende Tatsache hin: "Ich habe auf der Bank immer noch eine gewisse Grund-Nervosität gespürt", sagte er: "Das macht mich ein bisschen sicherer Richtung Sonntag." Man mochte beinahe ergänzend hinzufügen: Das - und die 23 Punkte Vorsprung.

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