Basketball-Bundestrainer Mumbru:Schlaufuchs für die Weltmeister

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Alex Mumbru spielte in Badalona, bei Real Madrid und in Bilbao, eher er Spaniens Nationalteam trainierte - und viele Erfolge sammelte.
Alex Mumbru spielte in Badalona, bei Real Madrid und in Bilbao, eher er Spaniens Nationalteam trainierte - und viele Erfolge sammelte. (Foto: Sebastian Gollnow/dpa)

Wie ersetzt man einen Coach, der alle begeistert hat? Bei Deutschlands Basketball-Nationalteam folgt auf Gordon Herbert der Spanier Alex Mumbru – den kennen zwar nur Experten, aber er bringt Qualitäten mit.

Von Jonas Beckenkamp

Als Alex Mumbru noch selbst Bälle in Körbe schmiss, galt eine Sache als gewiss: Dieser Mann ist kein Überathlet, der aus der Halle springt, wie es unter Basketballern heißt. Seine 2,02 Meter Körpergröße setzte er eher filigran ein, seinen Wirkungsradius auf dem Parkett prägte der Instinkt eines Schlaufuchses. Eine kleine Täuschung hier, ein Wackler da, der gute, alte Sternschritt – wer Mumbru in seiner Zeit bei Real Madrid und später in Bilbao zusah, erahnte, dass er den Sport als Gedankenspiel betrachtet.

Der Kopf als Faktor, damit haben sie auch beim Deutschen Basketball Bund (DBB) ihre Erfahrungen gemacht. Mit dem studierten Sportpsychologen Gordon Herbert als Bundestrainer gelang eine Glanzphase wie nie zuvor, EM-Bronze 2022 und der WM-Triumph 2023 haben einen Schwebezustand („German Basketball is mad sexy“, dichtete Moritz Wagner) herbeigeführt. Und fast alles ist mit Herberts Arbeitsweise verknüpft. Der kanadische Lebenslehrer, der sich nun nach Platz vier bei Olympia zum FC Bayern verabschiedet hat, nahm die Spieler mit Einfühlsamkeit mit auf seinen Dreijahresweg.

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Die Suche nach einem Nachfolger war für den DBB deshalb vor allem um eine Frage gekreist: Gibt es irgendwo da draußen auf dem Trainermarkt zwischen Crailsheim und Vancouver einen zweiten Gordie? Oder zumindest jemanden, der ein ähnliches Anforderungsprofil erfüllt? Die Wahl fiel auf den Spanier Mumbru, 45, den der Verband an diesem Donnerstag in Berlin präsentierte. „Wir wollten einen Trainer, der jung ist, der zu unserer Mannschaft passt, der Bock auf den DBB hat und etwas entwickeln will“, erklärte Präsident Ingo Weiss.

Mumbrus Vertrag gilt zunächst bis 2026, er beinhaltet eine Option bis zur WM 2027, wo es um die Titelverteidigung gehen wird, sowie eine weitere für Olympia 2028. Dass bei Basketballern trotz aller Körperlichkeit auch Hirn und Kommandos eine Rolle spielen, haben die Verantwortlichen bei ihrer Fahndung nach einem Coach des Weltmeisterteams priorisiert. Gewünscht war jemand, der schon etwas gesehen hat im Geschäft und gleichzeitig die Kniffe zwischen Herz und Wurfhand kennt. „Unsere Vorstellungen liegen auf einer Wellenlinie“, bestätigte Weiss: „Alex wird nun zeitnah die Spieler kontaktieren und auf die nächste Zeit einstimmen.“

Mumbru muss viel kommunizieren und eine neue Mannschaft aufbauen – die dann 2025 eine EM spielt

Der Neue gab das Lob prompt zurück. „Ich freue mich, die tolle Arbeit fortzusetzen, die in den letzten Jahren geleistet wurde“, lauteten Mumbrus erste Worte im Amt, er sei „bereit, diese Herausforderung anzunehmen“. Der Katalane, geboren in Barcelona und viele Jahre Teil der erfolgreichsten Ära des spanischen Basketballs, spricht gut Englisch, weshalb sich im Vergleich zu Vorgänger Herbert wenig ändert. Er mag hierzulande nur Szenekennern ein Begriff sein, aber wer ein wenig in seiner Vita kramt, stößt auf einen Ehrgeizling, der oft Wege zum Sieg fand.

Als Spieler war er Welt- und Europameister, Silbergewinner in Peking und spanischer Meister – Erfolge, die das Bild eines großen Wettbewerbers zeichnen. Dass er sein Leben komplett in seiner Heimat verbrachte, muss nichts Schlechtes heißen: Spanien war in den vergangenen 20 Jahren Europas Basketballnation Nummer eins. Trainer wie Aito Garcia Reneses, Israel Gonzalez und Pablo Laso bereicherten in Berlin und München die Bundesliga. In diese Reihe gehört auch Mumbru, der zuletzt in Valencia das fünftbeste Defensivteam der Euroleague anleitete, er gilt als Abwehrtüftler, dessen Mannschaften flexibel verteidigen.

Mumbru soll aber nicht nur die Taktik verfeinern, sondern insbesondere diverse Veränderungen im Kader moderieren. Auf dem Weg zur EM 2025, die in Zypern, Finnland, Lettland und Polen stattfindet, dürften einige Stützen aus Weltmeisterzeiten wegfallen. Spieler wie Niels Giffey (33, FC Bayern), Daniel Theis (32, New Orleans Hornets), Maodo Lo (31, Mailand) oder der erst am Mittwoch vom FC Bayern verpflichtete Center Johannes Voigtmann (31) könnten dem Nationalteam adieu sagen. Gut möglich auch, dass die Wagner-Brüder Moritz, 27, und Franz, 22, beide Orlando Magic, im kommenden Jahr eine Pause vom Nationalteam einlegen, um sich von ihren NBA-Strapazen zu erholen.

Wer kommt neu ins Team? Tristan da Silva hat seine Bereitschaft schon signalisiert

Große personelle Bedenken braucht man nicht zu haben, Talent und Können sind im deutschen Basketball ausreichend vorhanden. Einspringen könnte neben NBA-Center Isaiah Hartenstein (26, Oklahoma City Thunder) vor allem Tristan da Silva, 23, der mit den Wagners in Orlando in sein erstes Profijahr geht und bereits seine Bereitschaft erklärt hat, für Deutschland aufzulaufen. Auch Weltmeister Justus Hollatz (23, Efes Istanbul) könnte hinter Kapitän Dennis Schröder, 30, wieder eine Option werden, wie Mumbru zu verstehen gab.

Der Coach ist also als Kommunikator gefragt, aber auch als Innovator, denn ähnlich wie bei Herbert braucht es nun Absprachen, wer künftig fest im Nationalteam dabei sein wird. Die Bereitschaft, sich für drei Jahre auf Turnierteilnahmen festzulegen, war ein Schlüssel für den Zusammenhalt in der vergangenen Phase. „Für mich ist es sehr wichtig, mit der gleichen Teamchemie aufzutreten wie unter Herbert“, sagte Mumbru. Ein erster, machbarer Test steigt in der EM-Qualifikation am 22. November in Schweden. „Natürlich muss ich recht lange auf das erste Training mit meiner neuen Mannschaft warten“, findet er, „bis dahin gibt es eine Menge zu tun.“ Klingt, als habe der neue Bundestrainer schon einen Plan.

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