Zunächst einmal eine Erinnerung an diesen Nachmittag im Trainingszentrum der Würzburger Basketballer, fast zwei Jahre ist es mittlerweile her: Sasa Filipovski betritt den Raum und entschuldigt sich für die Verspätung. Es sei nicht seine Art, andere warten zu lassen, deshalb tue es ihm sehr leid, erst jetzt hier zu sein.
Kein Problem, kann ja mal passieren. Nein, das dürfe nicht passieren, sagt Filipovski. Ist doch halb so wild. Nein, entgegnet Würzburgs Coach. Das komme eigentlich nie vor - und es werde in Zukunft auch nicht mehr vorkommen. Ganz sicher, versprochen! Also: Entschuldigung noch einmal, es tue ihm wirklich leid.
So ging das Gespräch los, und so wurden zwei Dinge schon vor den ersten Antworten klar: dass Sasa Filipovski, 49, Wert auf Regeln legt, vor allem aber darauf, wie er mit Menschen umgeht. Und das ist es auch, was Würzburgs Trainer großschreibt. Mehr noch: Es erklärt zu weiten Teilen, warum Würzburg in dieser Saison die gesamte Bundesliga aufmischt.
Als Filipovski im Trainingszentrum die ersten Fragen beantwortete, sprach er zwar über Basketball, eigentlich sprach er aber über etwas Größeres: über Werte, über das Menschsein. "Auch die Putzfrau ist ein Star", sagte Filipovski: "Weil sie dazu beiträgt, dass wir gut trainieren können." Dann erklärte er, dass es in jeder Mannschaft einen Spieler gebe, der die meisten Körbe werfe. Aber: "Es gibt auch einen, der den Ball zu ihm spielt. Und es gibt einen, der sich um seine Wohnung und um sein Auto kümmert, damit er sich wohlfühlt."
Wer jetzt, im Februar 2024, darüber nachdenkt, wie aus dem Abstiegskandidaten Würzburg der Playoff-Anwärter Würzburg werden konnte, der kommt um den Namen Sasa Filipovski nicht herum. Der Slowene ist es ja, der den Klub geformt und aufgepäppelt hat - und er ist es auch, der die Mannschaft mit seiner unnachahmlichen Art führt.
Vermutlich würde auch die Putzfrau für Filipovski Körbe werfen
Ein Gespräch mit Steffen Liebler, Würzburgs Geschäftsführer. Was zeichnet Filipovski aus? Was hat er an sich, das die Mannschaft derart erfolgreich sein lässt? "Sasa ist eine absolute Führungspersönlichkeit. Er weiß ganz genau, wann er loben und wann er tadeln muss", sagt Liebler und hängt dann mit Blick auf die Spieler noch den Satz an, der das Prinzip Filipovski wohl am besten erklärt: "Alle spielen irgendwie für ihn."
Vermutlich würde auch die Putzfrau - wenn man sie denn ließe - für Filipovski Körbe werfen. Die einnehmende Art, die Würzburgs Trainer an sich hat, ist ja auch das, was die Mannschaft bei ihren Auftritten auf die Tribünen überträgt. Und so sind gerade alle wie in Trance, wenn ein Heimspiel wie an diesem Freitag gegen den Tabellenvorletzten Crailsheim ansteht. Coach und Vereinsführung, Trainerteam und Spieler, Mannschaft und Fans, alle sind eine Einheit. Und so kann Würzburg mit gebündelten Kräften in dieser Saison scheinbar Berge versetzen.
"Wir haben eine enorme Ticket-Nachfrage", sagt Liebler, "die Spiele sind deutlich schneller ausverkauft als früher. Es ist ein richtiger Hype entstanden. Für uns ist es ja eine absolute Sensation, dass wir momentan Vierter sind. Da genießen wir jeden Augenblick." Schließlich haben sie in Würzburg auch schon andere Zeiten erlebt.
Im vergangenen Sommer musste Liebler in kurzer Zeit rund 1,5 Millionen Euro beschaffen, um den Etat aufzustellen. Die Liga knüpfte die Lizenz an eine "auflösende Bedingung aus dem finanziellen Bereich" - und es war obendrein lange unklar, ob Filipovski, der Heilsbringer, in Würzburg bleiben würde. Es stand also das große Ganze infrage, doch am Ende ging alles gut. Heute sagt Liebler: "Es wäre schön, wenn wir in Zukunft nicht nur für ein Jahr planen könnten, sondern für drei bis fünf. Dafür wollen wir jetzt das Momentum nutzen. Die aktuelle Saison ist durchfinanziert - jetzt sind wir in vielen guten Gesprächen für die nächste Saison und haben ein paar vielversprechende Optionen. Aber wir müssen das auch nach Hause bringen."
Die bisherige Saison, Liebler weiß das, könnte ein Katapult sein, das Würzburg dauerhaft nach oben befördert. Damit das tatsächlich gelingt, müssen die Verantwortlichen in den nächsten Wochen kluge Entscheidungen treffen. Dann könnte es noch in dieser Saison in ungeahnt hohe Sphären hinausgehen. "Vor nicht allzu langer Zeit haben wir uns gefragt, was ist, wenn wir in die zweite Liga absteigen", sagt Liebler, "jetzt müssen die Playins eigentlich schon das Mindestziel sein. Wir wollen ja auch nicht zu demütig an die Sache rangehen."
Schließlich wissen sie in Würzburg, was sie können. Und dieses Selbstverständnis geht auf den Mann zurück, der all das vorlebt, was die Mannschaft so gut macht: Sasa Filipovski.