Basketball-Bundesliga:Lo wechselt in entgegengesetzter Richtung

Basketball Berlin 18.12.2019 EuroLeague Euro League Euroleague Regular Season Saison 2019 / 2020 Alba Berlin - FC Bayer

In Berlin geboren und aufgewachsen – und nach Jahren zurück in der Hauptstadt: Maodo Lo, 27.

(Foto: Tilo Wiedensohler/imago)

Es ist der spektakulärste Transfer seit Jahren: Nationalspieler Maodo Lo kehrt von den Bayern-Basketballern in seine Heimat nach Berlin zurück - unter bemerkenswerten Umständen.

Von Joachim Mölter

Das Gerücht waberte schon seit einiger Zeit durch die Foren, Chats und sozialen Netzwerke der Basketball-Szene, am Mittwoch wurde es als Fakt bestätigt: Der Nationalspieler Maodo Lo verlässt nach dem Auslaufen seines Vertrages den im Juni als Meister entthronten FC Bayern München und schließt sich dem aktuellen deutschen Double-Gewinner Alba Berlin an; dort hat er einen Vertrag über zunächst ein Jahr unterzeichnet.

Es ist der spektakulärste Wechsel innerhalb der Basketball-Bundesliga (BBL) seit langem, das liegt auch daran, dass er ausnahmsweise in die entgegengesetzte Richtung führt. Bislang war es stets so, dass die Münchner Profis aus Berlin abgeworben haben: 2013 holten sie Nihad Djedovic und Heiko Schaffartzik aus der Hauptstadt, 2016 folgte der damalige Alba-Kapitän Alex King. In den genannten Jahren landeten zudem die ehemaligen Berliner Bryce Taylor und Reggie Redding jeweils nach kurzen Zwischenstopps in München.

Auch Center Leon Radosevic, Geschäftsführer Marko Pesic und Assistenzcoach Emir Mutapcic haben eine Alba-Vergangenheit. Häufig führten die Transfers dazu, dass die Rivalität der Klubs befeuert wurde. Das dürfte diesmal eher nicht der Fall sein. Schon aus den Mitteilungen der Klubs geht hervor, dass private Gründe eine Rolle gespielt haben, die Maodo Lo zur Rückkehr in seine Heimatstadt bewegt haben, in der er beim DBV Charlottenburg und der SG Central Hoops mit dem Dribbeln anfing.

In der Verabschiedung des FC Bayern wird er mit einem Hinweis auf "familiäre Umstände" zitiert, auch im Schreiben von Alba wird seine Familie betont: "Sie jetzt dauerhaft in meinem Umfeld zu haben, ist etwas, worauf ich mich sehr freue." Dazu muss man wissen, dass Los älterer Bruder Lamine vor einem Jahr bei einem Unfall ums Leben kam. Angesichts dessen wollte Maodo Lo näher bei seinen Eltern sein, der Künstlerin Elvira Bach und ihrem aus dem Senegal stammenden Ehemann. "Maodos sehr persönliche Entscheidung verdient Respekt und Verständnis", sagte FC-Bayern-Sportdirektor Daniele Baiesi: "Auch wenn sie uns nicht gerade begeistert."

Die Münchner hätten Maodo Lo ja gerne gehalten und sein Gehalt dem Vernehmen nach auch deutlich erhöht, nachdem sie schon Kapitän Danilo Barthel zu Fenerbahce Istanbul gehen lassen mussten. Angeblich hätte Lo der höchstbezahlte deutsche Profi der BBL-Geschichte werden können, "aber das Finanzielle habe ich nicht einbezogen, das hat überhaupt keine Rolle gespielt", versicherte er der SZ. Angesichts der bisherigen Etats der beiden Klubs und der corona-bedingten Sparmaßnahmen wird er sich wohl tatsächlich mit der Hälfte seines bisherigen Salärs begnügen oder sogar noch weniger - ein bemerkenswerter Schritt für einen Profi, der mit 27 Jahren im besten Alter ist.

Eigentlich könnte er weit mehr verdienen

Für gewöhnlich wird diese Karrierephase genutzt, um Spitzenverträge auszuhandeln, Argumente hätte Lo ja gehabt: In der Euroleague, dem höchsten kontinentalen Wettbewerb, hatte er seine bislang beste Saison mit im Schnitt 9,0 Punkten und 3,3 Vorlagen pro Partie. Finanziell mag Los Entscheidung für Alba ein Rückschritt sein, sportlich ist sie es aller Wahrscheinlichkeit nach nicht. "Ich glaube, dass ich davon profitieren kann und einen weiteren Leistungsschub bekomme", sagte er am Telefon; er bestätigte dabei, dass die sportlichen Gründe für seinen Wechsel mindestens so gewichtig waren wie die privaten: "Ich habe diesen Schritt unternommen, um mich noch mal weiterzuentwickeln."

Berlins Sportdirektor Himar Ojeda ist jedenfalls "überzeugt, dass er sich im Alba-Programm weiter verbessern kann, und dass er sehr gut zu unserer Basketball-Philosophie passt". Beim FC Bayern wirkte der 1,91 Meter große Guard häufig etwas verloren auf der Spielmacherposition, das freie Spiel von Alba kommt ihm nach Ansicht vieler Beobachter eher entgegen. Wenn er den Angriff nicht selbst organisieren muss, sondern eingesetzt wird, seine Schnelligkeit und seinen Zug zum Korb ausspielen kann, kommen seine Stärken erst zur Geltung.

Auch als guter Distanzschütze passt er prima in das Konzept von Alba-Trainer Aito, mit dessen Vertragsverlängerung in der Hauptstadt auch täglich gerechnet wird. Maodo Lo freut sich jedenfalls schon auf Alba: "Es hat mir immer sehr gefallen, mit welcher Begeisterung das Team gespielt hat." Nicht nur ihm, fügt er hinzu: "Das sieht sehr attraktiv aus - für viele Profis."

Mit Maodo Los Wechsel scheint sich das Kräfteverhältnis im deutschen Basketball wieder stärker nach Berlin zu verschieben: Obwohl die nächste Saison erst im Oktober beginnen soll, hat Alba seinen Kader schon fast komplett zusammen; die Besetzung mit einheimischen Profis dürfte abgeschlossen sein. In dieser Hinsicht ist der FC Bayern deutlich geschwächt, deutsche Spieler auf dem Niveau von Barthel und Lo sind nicht auf dem Markt. Da klingt es schon trotzig, wenn Sportdirektor Baiesi sagt: "Wir sind sehr zuversichtlich, was die weitere Kaderplanung und Verstärkung des Teams angeht."

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