Basketball:Berühmter als Schweinsteiger

Paul Zipser Kreis

Paul Zipser.

(Foto: David Banks/AP)

Fußball-Weltmeister Schweinsteiger applaudierte beim stärksten NBA-Auftritt von Paul Zipser. Pünktlich zu Beginn der Playoffs läuft der Deutsche zur Höchstform auf und führt die Chicago Bulls in die K.-o.-Runde.

Von Jonas Beckenkamp, Chicago/München

Vieles ist für den Basketball-Profi Paul Zipser immer noch neu in den USA, in seinem ersten NBA-Jahr bei den Chicago Bulls bestreitet der 23-Jährige eine Art Erkundungstour durch die Stadt und durch das Land. Dabei traf er neulich auch Bastian Schweinsteiger wieder. Ihn kennt der gebürtige Heidelberger aus seiner Zeit bei den Basketballern des FC Bayern München.

Bei denen saß Schweinsteiger als Fan oft in der ersten Reihe, genau wie jetzt in Chicago. Der Weltmeister und Neuprofi bei Chicago Fire besuchte Zipser bei dessen Partie gegen die Cleveland Cavaliers, es gab ein Pläuschchen und Bilder fürs Marketing. Der Fußballer Schweinsteiger und der Basketballer Zipser, das sind durchaus populäre deutsche Botschafter am Lake Michigan. Und wenn es so weitergeht, ist Zipser in Chicago bald der berühmtere von beiden. Pünktlich zum Beginn der NBA-Playoffs hat der Nationalspieler nämlich Hochform erreicht.

"Wir sind froh, ihn zu haben", sagt Top-Scorer Jimmy Butler

Mit dem stärksten Auftritt seit seiner NBA-Ankunft im vorigen Jahr verhalf Zipser den Bulls Mittwochnacht in die K.o.-Runde. In 28 Minuten Einsatzzeit versenkte er gegen die Brooklyn Nets unter anderem fünf Dreier, so viele wie noch nie in seiner Rookie-Saison. Er kam auf 21 Punkte, eine Trefferquote von weit mehr als 50 Prozent und sammelte dazu sechs Rebounds ein - Zipser hatte großen Anteil daran, dass die Bulls das entscheidende Spiel um Platz acht im Osten der NBA 112:73 (50:32) gewannen. Von den 82 Saisonspielen haben Zipser und seine Kollegen Dwyane Wade, Jimmy Butler und Rajon Rondo nun 41 gewonnen.

Das ist nicht gerade überragend, aber mit enormen Schwankungen des Teams zu erklären. Vor allem aber reicht es für ein Treffen mit den Boston Celtics, der Nummer eins der Eastern Conference. Am Sonntag beginnt die "Best-of-seven"-Serie - wer zuerst viermal gewinnt, kommt eine Runde weiter; maximal gibt es also sieben Partien. Zipser soll auch in den Playoffs seinen Part bekommen, schließlich beherrscht er nicht nur das Werfen, sondern auch das Zupacken in der Verteidigung. Und in den Playoffs wird traditionell herzhaft zugepackt.

"Ich bin sehr zufrieden mit ihm, er hat auf einem sehr hohen Level gespielt", lobt Bulls-Trainer Fred Hoiberg seinen Mann aus Germany, der als Liganeuling 43 Mal aufs Parkett durfte und dabei durchschnittlich 5,1 Punkte erzielte. Gegen Boston ist Chicago zwar Außenseiter, aber im Basketball kann man schnell einen Lauf bekommen. "Boston ist ein sehr starkes Team. Aber wir spielen derzeit unseren besten Basketball. Alles ist offen", sagt Jimmy Butler, Chicagos Top-Scorer. "Jetzt fängt der Spaß erst an", findet Coach Hoiberg.

Hoiberg und Butler sind entschiedene Befürworter Zipsers. "Er ist groß, er ist kräftig, er kann mit dem Ball umgehen, und er haut sich in der Defensive rein", sagte der Coach kürzlich. Diese Vielseitigkeit brauchen die Bulls, bei denen es häufig an der Physis und am Punch in der Offensive fehlt. Zipser bringt beides mit, weshalb Chicagos Anführer Butler verlauten ließ: "Er macht unser Team besser, wir sind froh, ihn hier zu haben."

Zipser hat sich gesteigert, nachdem er im ersten Saisondrittel an der sogenannten "Rookie-Wall" hängen blieb. Gegen diese Leistungswand prallen Neuprofis in der NBA häufig, wenn sie sich erst einmal zurechtfinden müssen. Größer, schwerer, physischer - diese Intensität machte auch Atlantas Spielmacher Dennis Schröder bei seinem Debüt zu schaffen. Alles Gewöhnungssache. Als bei den Bulls im Januar wegen Verletzungen Personalnot ausbrach, spielte sich Zipser mutig und beharrlich in die Rotation. Er verwandelte seine Würfe, zeigte im direkten Duell mit LeBron James und anderen Größen seine Terrierqualitäten und warf sich unter dem eigenen Korb ins Getümmel.

Dass er jetzt mehr Spielzeit bekomme, "freut mich natürlich sehr. Mit jeder Minute wächst mein Selbstvertrauen", sagte Zipser neulich im Interview mit spox.com. Am Anfang seiner NBA-Episode war alles neu, mancher Ellbogen zu hart, "aber ich hatte Zeit, an vielen Dingen zu arbeiten und habe mich im Laufe des Jahres weiterentwickelt".

Auch privat kommt er klar. "Ich fühle mich wohl, meine Freundin und ich haben uns gut eingelebt", sagte er. Nur an eines müsse er sich gewöhnen: In Chicago erkennen ihn die Menschen auf der Straße häufiger als daheim. Das dürfte bei seinem Kumpel Schweinsteiger eher umgekehrt sein.

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