Süddeutsche Zeitung

Basketball:Mit doppeltem Boden

Der neunmalige deutsche Meister Brose Bamberg plant einmal mehr einen neuen Anfang, dafür darf sich Trainer Oren Amiel einen Kader zusammenstellen. Auch das internationale Geschäft ist bereits gesichert.

Von Ralf Tögel

Eines wurde an jenem 19. Mai, als in der Bamberger Arena gegen 22 Uhr die Lichter ausgingen, bereits klar: Der neue Trainer Oren Amiel hatte seinen Vorgänger in der Gunst der Fans in nur einem halben Jahr locker überholt. Mit langem Applaus verabschiedeten die Zuschauer die Brose-Basketballer - trotz des 0:3 im Playoff-Viertelfinale gegen den späteren Meister Alba Berlin. Und am lautesten wurde Amiel beklatscht, denn er gab den Fans eine Idee davon, wie es besser werden kann.

Es war sogar ein bisschen Aufbruchstimmung zu spüren, das also, was sich die Verantwortlichen von Amiels Vorgänger Johan Roijakkers erhofft hatten. Der war aus Göttingen gekommen, wo er sich in acht Jahren den Ruf erworben hatte, eine Mannschaft mit Kontinuität zu entwickeln. Doch offenbar funktioniert der Niederländer nur in diesem niedersächsischen Biotop, in Bamberg verfehlte er nicht nur die ausgegebenen Ziele, er fiel auch durch Eskapaden jenseits der Halle auf - als er eine Parkhaus-Angestellte beschimpfte. Das folgende Engagement beim italienischen Erstligisten Varese war nach nicht einmal 100 Tagen ebenfalls vorzeitig vorbei, nach verbalen Entgleisungen gegenüber Spielern wurde Roijakkers entlassen, mittlerweile hat er bei einem belgischen Zweitligisten angeheuert.

Die erhoffte Kontinuität in Bamberg soll nun Amiel bringen, der den geschassten Roijakkers vergangenen November beerbt hatte und dessen Vertrag nach einer halbjährlichen Kennenlern-Phase vorzeitig bis 2024 verlängert wurde. Geschäftsführer Philipp Galewski erkennt bei dem 50-jährigen Israeli nämlich Ehrlichkeit, Fleiß, Begeisterung und den nötigen Respekt vor Bambergs Historie: "Wir haben vom ersten Tag an gemerkt, dass Oren hervorragend zum Bamberger Basketball passt."

Das gilt auch für die beiden Identifikationsfiguren Christian Sengfelder (Vertrag bis 2025) und Patrick Heckmann (bis 2024), die einzigen Akteure aus der Mannschaft der Vorsaison, um die herum der neue Kader langsam Formen annimmt. Dabei ist die Handschrift des Trainers unverkennbar, der in der Vorsaison ja noch das Erbe seines Vorgängers verwalten musste. Der Neuaufbau fällt daher wieder einmal sehr umfassend aus, dieses Mal aber ist Galewski sicher, den richtigen Mann an die Seitenlinie gestellt zu haben.

Im US-Amerikaner Amir Bell, 26, der vom israelischen Erstligisten Hapoel Be'er Sheva kommt, und dem israelischen Center Gabriel Chachashvili, 22, der zuletzt bei Hapoel Galil Eliyon spielte, wurden Akteure verpflichtet, die Amiel kennt. Zudem kommen fünf weitere interessante Zugänge: der tschechische Nationalmannschaftskapitän Jaromir Bohacik, der vom französischen Erstligisten Straßburg wechselt; Spencer Reaves, 26, vom Pro-A-Zweitligisten Leverkusen; der aus Bayreuth wechselnde Kevin Wohlrath, 27; und Justin Wright-Foreman. Der 24-jährige US-Amerikaner spielte zuletzt für das Farmteam des NBA-Klubs New Orleans Pelicans. Die drei Talente Jannis Sonnefeld, Tyreese Blunt und Leon Bulic vom Kooperationsteam des BBC Coburg wurden mit Verträgen mit Doppellizenzstatus ausgestattet. Ganz ist das Werk allerdings noch nicht vollendet, vielmehr fehlen noch zwei wichtige Personalien: der Spielmacher und der erste Center.

Aber es ist ja noch ein bisschen Zeit, bis Amiel seine Mannschaft am 16. August zum Start der Vorbereitung begrüßt. Ein weiteres Versäumnis aus der Vorsaison ist ebenfalls bereits behoben worden, da war Roijakkers nebst Team bekanntlich in der Qualifikation zur Champions League gescheitert, Brose blieb aus dem internationalen Geschäft ausgeschlossen. Dieses mal versucht sich Amiel an dieser Aufgabe, allerdings mit Fangnetz: Für den Fall, dass die Qualifikation wieder verpasst wird, haben die Bamberger auch für den Fiba Europe Cup gemeldet. Dort ist ihnen ein Startplatz sicher.

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