Basketball:Aufbruch in die Moderne

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Dunks mit Dreiern kombiniert: Paul Zipser (rechts), mit 18 Punkten bester Werfer der Münchner am Sonntagnachmittag. (Foto: imago/Lackovic)

Schnell spielen, mehr Dreier wagen: Beim 71:60 gegen Würzburg zeigt sich, wie Trainer Oliver Kostic die Bayern für die Euroleague trimmen möchte.

Von Christopher Meltzer

Als Luke Fischer mit ausgestreckten Armen auf ihn zustürmte, musste sich Paul Zipser entscheiden. Es wäre ihm, dem beweglichen Basketballer des FC Bayern, sicher nicht schwergefallen, Fischer, den 2,11 Meter großen Center der Würzburger, mit dem Ball zu umkurven. Als Fischer dann aber an der Dreipunktelinie angekommen war, machte Zipser einfach einen Schritt nach links. Fischer rauschte an ihm vorbei, Zipser schaute noch einmal auf den Boden und als er sich sicher war, dass seine Schuhspitzen die Dreipunktelinie nicht berührten, warf er.

Am Sonntagnachmittag haben sich 5630 Zuschauer im Audi Dome das Derby in der Basketball-Bundesliga (BBL) zwischen dem FC Bayern und s.Oliver Würzburg angesehen. An den Wurf von Paul Zipser werden sie sich aber vermutlich nicht erinnern. Es war zwar der allererste der Bayern, aber er flutschte halt nicht durch den Ring, sondern prallte an ihm ab. Und trotzdem sollte man ihn noch einmal hervorheben, denn er steht für einen Stilwechsel in München, der seit dem Trainertausch von Dejan Radonjic zu Oliver Kostic vor knapp einem Monat kaum zu übersehen ist: Die Bayern wollen mehr Dreier.

Am Sonntag fiel das besonders auf. Schon zur Halbzeit hatten sie es 19 Mal aus der Distanz probiert - unter Radonjic war das in dieser Saison ihr Durchschnitt für ein ganzes Bundesligaspiel. Am Ende hatten die Bayern sogar mehr Dreier (33) als Zweier (31) versucht. Das Problem war nur: Sie trafen nur zehn davon. Nun ist es allerdings so, dass die Bayern in der BBL nicht immer famos treffen müssen, um zu gewinnen. Das offenbarte sich auch gegen den Tabellensechsten Würzburg. Vor dem letzten Viertel lagen sie 49:50 zurück, in den finalen Minuten aber spielten sie fast fehlerfrei. Endstand: 71:60 (25:25). Es ist dieser Kontrast, der die Bayern weiter begleitet: In der Bundesliga drehen sie spät auf und führen die Tabelle an. In der Euroleague brechen sie spät ein und schließen die Tabelle ab.

Oliver Kostic will das ändern. Er weiß, dass wer im modernen Basketball gewinnen will, auf den Dreipunktewurf setzt. Das ist in der NBA nicht anders als in der Euroleague. Man könnte also sagen, dass Kostic gerade versucht, seine Mannschaft modern zu machen. Im Heimspiel gegen Würzburg setzte er elf Spieler ein - und zehn davon warfen auch mindestens einmal aus der Distanz. Nur der französische Center Mathias Lessort versuchte es nicht.

Als Kostic später im Presseraum über den Heimsieg redete, wollte er nicht zu viel in diese Zahlen hineininterpretieren. "Wir nehmen die Würfe, die unser Gegner zulässt", sagte er. Doch sogar Denis Wucherer, der Würzburger Trainer, der direkt neben ihm saß, lobte den etwas neuen Stil der Bayern: "Diese schnelle Spielweise liegt der Mannschaft."

Im Münchner Kader finden sich tatsächlich viele Spieler, die flott spielen und präzise werfen können. Die Shooting Guards Nihad Djedovic (15 Punkte) und Petteri Koponen (9) etwa, dazu die Spielmacher Maodo Lo (7) und TJ Bray (3). Natürlich auch Vladimir Lucic, der am Sonntag verletzt aussetzte, aber laut Kostic schon in der kommenden Euroleague-Woche wieder mitmachen könnte.

Neben Lucic fehlten den Bayern gegen Würzburg die Center Leon Radosevic (verletzt) und Greg Monroe (geschont). Dass sie so viele Dreier einstreuten, könnte auch damit zu tun haben. Denn gerade mit Monroe, ihrem besten Angreifer unter dem Korb, verlagert sich ihre Offensive in die Zone um den Ring. Dort tauchte in seiner Abwesenheit immer wieder Paul Zipser auf. Und weil er Dunks mit Dreiern kombinierte, war er mit 18 Punkten der beste Scorer des Spiels.

Die Bayern konnten also auf Monroe verzichten, die Würzburger schon weniger. Das mag komisch klingen, aber Wucherer erklärte es: "Ohne ihn sind sie in der Rückwärtsbewegung deutlich schneller." Trotzdem sei seine Mannschaft gut genug gewesen, um gegen müde Bayern eine Chance zu haben. Nur nutzten seine Spitzenspieler das nicht aus. Der US-amerikanische Point Guard Cameron Wells etwa, der eigentlich 17,1 Punkte pro BBL-Spiel erzielt, sammelte in München mickrige vier Zähler.

"Wir hatten gute und schlechte Momente", sagte Kostic. In der Bundesliga geht das gut, in der Euroleague eher nicht. Am Dienstagabend schon treten seine Bayern in Lyon an. Im Hinspiel führten sie die Franzosen in München beim 104:63 vor. Sie trafen damals übrigens auch zehn Dreier - brauchten dafür aber gerade einmal zwölf Versuche.

© SZ vom 03.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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