Basketball:Auf dem Gipfel

28.02.2021, BBL, FC Bayern vs Wuerzburg S.Oliver, Audi Dome Muenchen, Basketball, im Bild: Paul Zipser (FCB Basketball)

Seit Oktober 2002 in der Basketball-Bundesliga: Alex King (re., im Duell mit Paul Zipser vom FC Bayern) fing in Frankfurt an, wechselte dann nach Bonn, Würzburg, Berlin, München - und spielt nun wieder für Würzburg.

(Foto: Philippe Ruiz/Imago)

600 Bundesliga-Spiele sind der zweite Meilenstein in der Karriere von Alex King. Dabei hat Würzburgs Forward eine Marke erreicht, die mehr ist als nur eine runde Zahl.

Von Sebastian Leisgang

Die Erinnerungen, die Alex King an diesen Dezemberabend vor rund acht Jahren hat, sie sind noch ziemlich präsent. Die Würzburger Basketballer spielten im Europe Cup in Mariupol, einer Fabrikstadt in der Ukraine, die King so beschreibt, wie man eine Fabrikstadt in der Ukraine eben beschreibt: grau, dunkel und bitterkalt, die Luft derart verdreckt, dass es ihr förmlich anzusehen war, wie sehr ihr die Ostblockindustrie zu schaffen machte.

Als King, 36, die Geschichte aus Mariupol erzählt, ist es, als sei er wieder dort, im nördlichen Teil der Stadt, in dieser kleinen Halle, in die an diesem Tag zwar knapp 3000 Leute gekommen waren, die Würzburgs Trainer Marcel Schröder nach dem Spiel aber "stilles Gemäuer" nannte. Die Stadt, die Halle und die Atmosphäre waren kein Rahmen für ein denkwürdiges Basketballspiel, es war kein Abend, an den man sich Jahre später noch erinnern würde - wenn King nicht das getan hätte, was er tat.

"Ich werde das nie vergessen", sagt King, "der Korb war auf einmal riesig. Wie eine Tonne. Ich habe einfach nur geworfen, weil ich wusste: Der geht rein." King probierte es an diesem Abend einmal, zweimal, dreimal. Alles fügte sich, er traf und traf und traf, jedes Mal, immer wieder, beinahe so, als müsste er gar nicht mehr zielen. "Ich war damals eigentlich gar kein guter Schütze", sagt King, "ich war eher der Spieler, der zum Korb gezogen ist - dann habe ich aber an meinem Wurf gearbeitet, weil ich auch von draußen gefährlich sein wollte."

In Mariupol stand am Ende eine Marke, die mehr als acht Jahre später immer noch Bestand hat im Europe Cup, einem Pendant zum Uefa Cup im Fußball: sieben Versuche von jenseits der Dreierlinie, sieben Treffer.

King wirkt wie einer, der sein Werk vollendet hat

Basketball ist ein Sport, der sich über Zahlen definiert. So war es damals, so ist es heute, im März 2021, in dem King eine zweite stattliche Zahl in die Welt gesetzt hat: 600 Spiele in der Bundesliga, auch das eine Bestmarke. Aber, und das ist zentral: Die 600 sind nicht bloß eine Zahl - sie sind auch ein Beleg von Beständigkeit, ein Kennzeichen von Klasse.

Wenn King jetzt über Mariupol, über die Bundesliga und über seine Karriere spricht, dann wirkt er wie einer, der sein Werk vollendet hat, einer, der nach einem sehr langen Aufstieg am Gipfel angekommen ist. "600 Spiele", sagt King etwas ungläubig und legt dann eine kurze Pause ein, "ich habe das gar nicht so wahrgenommen." Erst jetzt, da er sieht, welche Strecke hinter ihm liegt, erkennt er, wie lange es her ist, seit er sich auf den Weg gemacht hat.

"Damals", sagt King, "war ich 17, als ich nach Frankfurt gegangen bin." Im Oktober 2002 spielte er zum ersten Mal in der Bundesliga, sechs Jahre später wäre seine Zeit als Basketballer beinahe schon wieder abgelaufen. King fiel in ein Loch, er kam in Frankfurt kaum noch zum Zug und verlor die Lust am Spiel. Erst in Bonn, unter dem Trainer Michael Koch, fand er den Spaß wieder. Später, in Würzburg, reifte er zu einem gestandenen Spieler und ließ die Großen aufmerksam werden.

Derzeit hat Würzburg sechs Punkte Rückstand auf die Playoff-Plätze

Seine Konsequenz, mit der er den Korb verteidigte, sein Antritt und seine Athletik riefen Alba Berlin auf den Plan. Dort stieg er zum Kapitän auf und gewann zweimal den Pokal, dann zog es ihn zum FC Bayern, für den er schon in seiner Jugend gespielt hatte. In seinen bislang rund vier Jahren in München feierte er drei Meisterschaften und holte noch einmal den Pokal, im vergangenen Dezember legten ihm die Verantwortlichen dann aber eine Ausleihe nahe.

"Es war kein Platz mehr für mich", sagt King. Frankfurt meldete Interesse an, Hamburg ebenso - am Ende aber entschied er sich für eine Rückkehr nach Würzburg. Nun spielt er nicht mehr um Titel, sondern um die Bundesliga-Existenz. Oder ist etwa doch mehr drin? "Als Spieler will man immer hoch hinaus und die Playoffs erreichen", sagt King, "ich glaube auch, dass das möglich ist - für die Verantwortlichen ist es aber wichtig, erstmal die Liga zu halten."

Derzeit hat Würzburg sechs Punkte Rückstand auf die Playoff-Plätze, zwei Nachholspiele stehen noch aus. An diesem Dienstag bekommt es das Team von Trainer Denis Wucherer mit dem Mitteldeutschen BC zu tun, einem Gegner, der in der Tabelle zwar hinter Würzburg steht, den Vergleich in der Vorrunde aber für sich entschieden hat.

Für King werden die 40 Minuten in Weißenfels das 601. Bundesliga-Spiel. In der Halle, so viel steht schon vor dem Sprungball fest, wird es ebenso still sein wie vor rund acht Jahren in Mariupol. Das aber hat im März 2021 einen anderen Hintergrund als im Dezember 2012.

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