Basketball: Alba Berlin:Reifen dürfen

Franz Wagner GER SG SF 22 ALBA Berlin Aktion Spielszene Querformat quer horizontal E

17 Jahre, 2,01 Meter, abgeklärtes Auftreten – und einen Bruder in der NBA: Auch dank Franz Wagner steht Alba Berlin im Pokalfinale.

(Foto: Mario Stiehl/imago)

Franz Wagner, 17, der jüngere und ebenfalls sehr talentierte Bruder des NBA-Profis Moritz Wagner, steht exemplarisch dafür, wie Trainer Atio Garcia Reneses, 72, beim Bundesligisten Alba Berlin junge Spieler behutsam entwickelt.

Von Matthias Schmid

Franz Wagner durfte am Montagmorgen ausschlafen, so wie alle seine Teamkollegen von Alba Berlin. Trainer Atio Garcia Reneses hatte seine Spieler erst am späten Vormittag wieder um sich versammelt. Für Wagner, 17, ein relativ neues Privileg: In der vergangenen Saison musste er seine langen Beine auch am Tag nach Spielen gleich am nächsten Morgen wieder unter die Schulbank zwängen. Nach dem erfolgreichen Abitur im Sommer hat er jetzt genügend Zeit, sich voll und ganz dem Basketball widmen zu können. Und dass ihm das gut tut, hat er am Sonntag erst wieder bewiesen. Beim 105:70-Erfolg bei den Skyliners Frankfurt war Wagner einer der prägenden Profis seiner Mannschaft, er hatte mit zwölf Punkten großen Anteil daran, dass die Berliner ins Pokalfinale vorgerückt sind, wo sie am 17. Februar auswärts auf Brose Bamberg treffen.

Wer Wagner auf dem Parkett sieht, glaubt zunächst nicht, dass er noch ein Teenager ist. Der 2,01 Meter große Basketballer spielt abgeklärt, raffiniert und trickreich, als wäre er schon seit Jahren Teil des Profiteams. Erst wenn man ihn aus der Nähe betrachtet, sieht man ihm sein Alter an, sein bubenhaftes Gesicht braucht noch kein Rasiermesser.

Und die erfolgreiche Bilanz von Alba in dieser Spielzeit lässt sich nun mal am besten über die jungen Spieler erzählen. Neben Wagner sind da noch Jonas Mattisseck und Bennet Hundt. Mattisseck, seit ein paar Tagen 19, war der entscheidende Spieler beim Sieg im Pokal-Viertelfinale beim Meister FC Bayern, als er fünf von fünf Dreiern verwandelte. Sie alle sind dem ambitionierten Berliner Jugendprogramm entwachsen und profitieren nun von Trainer Garcia Reneses, den Sportdirektor Himar Ojeda als "perfekten Coach" bezeichnet. Der 72-Jährige hat schon in Spanien etliche Spieler zu einer famosen Karriere verholfen. Auch in Berlin zeigt er sein Gespür für die Entwicklung der Heranwachsenden - unter anderem, indem er sie kaum anders behandelt als die älteren und erfahrenen Spieler. Niels Giffey, der deutsche Nationalspieler, ist besonders vom selbstbewussten Auftreten der Nachwuchsleute angetan und erklärt diese Eigenschaften auch mit der Haltung des Trainers. "Aito lässt sie nicht an der Seitenlinie stehen, bloß weil sie jünger sind. Sie sind im Training voll involviert und durchlaufen jede Übung und können so auf dem hohen Level wachsen."

Franz Wagner war erst 16 Jahre alt, als er sich im vergangenen Frühjahr erstmals in der Bundesliga vorstellte. Mit seinem Einsatz gegen Bamberg löste er damals seinen Bruder Moritz als jüngsten Berliner BBL-Debütanten ab; Moritz Wagner läuft mittlerweile bei den Los Angeles Lakers gemeinsam mit LeBron James auf. Von der nordamerikanischen Profiliga NBA träumt auch Franz Wagner, "wenn man die Chance hat, da zu spielen, würde ich das auch gerne machen", sagt er. Doch vorher will er sich in der Bundesliga weiter einen Namen machen.

Das Pokalspiel in Frankfurt öffnete dabei den Blick auf seine Stärken. Der Flügelspieler begann in der Startformation als Shooting Guard und warf gleich den ersten Dreier des Spiels. Aber nicht nur sein Distanzwurf ist schon sehr stabil, er ist auch sehr aufmerksam in der Verteidigung und kann seinem Gegenspieler so die Bälle klauen, dass er selbst danach zu leichten Korblegern kommt. Dass er dabei in Quantez Robertson den besten Frankfurter deckte, zeigt auch, wie viel Verantwortung Reneses ihm schon überträgt. Der Spanier selbst hat viel Freude an der Arbeit mit den Jungen, er wirkt dabei wie ein bedächtiger Großvater, der seinen Enkeln den Weg weist. "Es ist ungewöhnlich, dass sie schon so routiniert spielen", sagt er nicht ohne Stolz. Wagner weiß die spezielle Fürsorge zu schätzen: "Es ist etwas Besonderes, dass wir hier bei Alba einen Trainer haben, der auch Fehler zulässt." Bei Reneses dürfen sich die Hochbegabten ausprobieren ohne Angst haben müssen, nach zwei, drei misslungenen Aktionen gleich ausgewechselt zu werden.

"Es ist extrem geil, jetzt im Finale zu sein", stellte Wagner in Frankfurt zufrieden fest. Im Finale in Bamberg wollen die Berliner nun den Pokal gewinnen, es wäre der erste Titel seit dem Cupsieg 2016. Die letzte deutsche Meisterschaft liegt sogar schon elf Jahre zurück. "Die Meisterschaft ist unser Traum", sagt Sportdirektor Ojeda, "aber wir wollen beides schaffen: Titel gewinnen und junge Spieler entwickeln."

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: