Tarifvertrag im Baseball:Mehr Geld? Mehr Spannung!

Tarifvertrag im Baseball: Auch Freddie Freeman von den Atlanta Braves gehört zu den Free Agents, den Spielern ohne Vertrag, bei denen es nun bis zum Saisonstart am 7. April richtig rund geht: Welcher Star landet bei welchem Klub?

Auch Freddie Freeman von den Atlanta Braves gehört zu den Free Agents, den Spielern ohne Vertrag, bei denen es nun bis zum Saisonstart am 7. April richtig rund geht: Welcher Star landet bei welchem Klub?

(Foto: John Bazemore/AP)

Nach 99 Tagen Lockout einigen sich Spieler und Teambesitzer im amerikanischen Baseball auf einen neuen Tarifvertrag - und tatsächlich ist mehr gelungen, als bloß wieder für alle die Einnahmen zu erhöhen.

Von Jürgen Schmieder, Los Angeles

Es kann also doch wieder Baseball gespielt werden in den USA: Der Tarifstreit in der Profiliga MLB ist beendet, die neue Saison beginnt am 7. April. Darauf einigten sich die Spielergewerkschaft und die Teambesitzer am Donnerstag - und beendeten nach 99 Tagen den sogenannten Lockout, ein Konstrukt, das es so auch nur im amerikanischen Profisport mit seinen verbrieften Mitspracherechten gibt: In dieser Zeit haben die Spieler nicht bei ihren Teams trainiert, in Florida wurden stattdessen Verhandlungen geführt und wieder abgebrochen, der ursprünglich für Ende März geplante Saisonstart war bald nicht mehr zu halten. Es ist erst das vierte Mal in der Geschichte der Major League Baseball, das erste Mal seit 1995, dass der Saisonstart wegen eines Tarifstreits nicht am ursprünglich geplanten Termin stattfindet. Aber nun laufen die Vorbereitungen an.

Natürlich ging es bei dieser Geschichte wieder ums Geld, um Milliarden von Dollars - und dennoch darf man die Debatten nicht darauf reduzieren, dass sich im Profisport die Preisschraube halt immer weiter und weiter dreht. Anders als etwa im europäischen Fußball mit seinen stetig steigenden Ablösesummen und Beraterhonoraren, in dem längst auch viele Spitzenklubs beim permanenten Wettrüsten in finanzielle Nöte geraten. Von einer US-Sport-Franchise mit Geldproblemen dagegen hat man seit Jahrzehnten nichts gehört. Und während in Deutschland der Fußballmeister neun Mal hintereinander FC Bayern hieß, gab es in der MLB acht verschiedene World-Series-Champions.

Die wichtigsten Details des MLB-Deals: Die Gehaltsobergrenze wird nun bei 230 Millionen Dollar pro Team und Saison liegen und bis 2026 schrittweise auf 244 Millionen steigen. Für jeden Dollar mehr ist von den Klubs eine Luxussteuer fällig. Das Mindestgehalt junger Spieler (bisher 570 500 Dollar) beträgt ab sofort 700 000 Dollar und steigt auf 780 000 Dollar. Und, jenseits des Geldes: Auch in der National League - das ist eine der beiden Ligen, aus denen sich die MLB zusammensetzt - wird es künftig (wie bisher bereits in der American League) einen "Designated Hitter" geben; die Werfer müssen also nicht mehr unbedingt ans Schlagmal, was die oft grotesken Versuche der Pitcher als Schlagmänner beendet.

Künftig wird es zwölf statt bislang zehn Playoff-Teilnehmer geben

Weitere Änderungen: Ein Losverfahren bei der Talentbörse soll dafür sorgen, dass Vereine in Zukunft nicht mehr absichtlich verlieren, um sich eine besser Position beim Wahlrecht der größten Talente zu sichern. Dazu soll von 2023 an gemeinsam mit den Schiedsrichtern über Regeländerungen beraten werden wie größere Laufmale oder eine Wurf-Uhr, um die Brutto-Spielzeit von derzeit drei Stunden pro Partie zu reduzieren. Fazit: Das ist alles überaus sinnvoll, das harte Ringen der Beteiligten um die gemeinsame Zukunft ihres Sports hat sich also gelohnt. Das ist auch daran zu erkennen, dass sich die meisten darüber aufregen, dass die Spieler zum ersten Mal in der Geschichte Reklame auf Trikots und Helmen tragen werden - ein Sakrileg für Traditionalisten.

Tarifvertrag im Baseball: Verkündete die neuen Vereinbarungen: MLB-Commissioner Rob Manfred.

Verkündete die neuen Vereinbarungen: MLB-Commissioner Rob Manfred.

(Foto: Bebeto Matthews/AP)

Die Änderung, die die Sportart wohl am meisten verändern wird, ist aber diese: Es wird nun zwölf statt bislang zehn Playoff-Teilnehmer geben. Das ist gravierender als es zunächst klingt. Denn wer bisher früh keine Chance mehr auf die Ausscheidungsrunde hatte, schickte teure Spieler noch während der Saison fort, um Geld zu sparen und Spielraum zu schaffen. Wozu das führte, wird in der TV-Serie Ted Lasso wunderbar beschrieben als Antwort auf die Frage eines englischen Fußballers, was denn in den USA angesichts fehlender Auf- und Abstiegsdramatik im letzten Saisondrittel passiere: "Es sind bedeutungslose Partien in leblosen, halb leeren Arenen - und jeder scheint das in Ordnung zu finden."

"Wenn der Deal durch ist, wird das die verrückteste Free-Agent-Frenzy, die wir je gesehen haben"

Mehr Playoff-Teilnehmer dürften dazu führen, dass Vereine im Mittelfeld mehr investieren, weil es eben doch diese Chance auf den Titel gibt - die Washington Nationals gewannen die World Series 2019 als Verein mit der achtbesten Bilanz der Hauptrunde. Die Basketballliga NBA hat dieses Konzept bereits nahezu perfektioniert: 20 der 30 Teams sind hier dabei, in der ersten Saisonhälfte geht es um die Produktion spektakulärer Bilder, erst dann wird es ernst.

Es geht also darum, die Suche nach dem Besten noch länger spannend zu halten - weil dann mehr Leute zuschauen und für mehr Einnahmen sorgen. Wenn dadurch die Gehälter der Spieler steigen (die durchschnittlichen Ausgaben pro Verein lagen in der vergangenen Saison bei 132 Millionen Dollar, es dürften nun 150 Millionen werden), ohne dass die Liga in puncto Ausgaben auseinanderdriftet, wie es im europäischen Fußball passiert -, sind alle zufrieden.

"Wenn der Deal durch ist, wird das die verrückteste Free-Agent-Frenzy, die wir je gesehen haben. Holt schon mal das Popcorn raus", schrieb Joc Pederson, lange bei den Los Angeles Dodgers als Outfielder beschäftigt und zuletzt in Chicago und Atlanta, bei Twitter Pederson ist so ein Free Agent, einer ohne Vertrag, und weil es Verhandlungen vor der Einigung verboten waren, geht es nun erst richtig rund: Etwa 200 Spieler können Verträge abschließen, darunter Branchengrößen wie Carlos Correa, Freddie Freeman, Trevor Story, Clayton Kershaw und Kris Bryant. Das sorgt erneut für Spannung, weil so ziemlich jeder Fan wissen will: Wen verpflichtet mein Lieblingsverein, haben wir eine Chance auf Playoffs und Titel?

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