Bartolo Colón in der MLB:"Ich unterschreibe beim ersten Verein, der anruft"

Bartolo Colón in der MLB: Gesamtkunstwerk am Ball: Bartolo Colón, Pitcher, 140 Kilo schwer - ein Mann mit wunderbaren Rekorden in der Profiliga MLB.

Gesamtkunstwerk am Ball: Bartolo Colón, Pitcher, 140 Kilo schwer - ein Mann mit wunderbaren Rekorden in der Profiliga MLB.

(Foto: Brandon Wade/AP)

Die Zeiten sind auch im Baseball ungewöhnlich - so könnte der Pitcher Bartolo Colón mit 47 Jahren nochmal in der US-Profiliga MLB auflaufen.

Von Jürgen Schmieder, Los Angeles

Big Sexy. So einen prächtigen Spitznamen bekommt man nicht geschenkt, den muss man sich erarbeiten. Er beinhaltet ja gleich zwei Varianten purer Lebensfreude, und beim Baseballspieler Bartolo Colon ist auf den ersten Blick zu sehen, wie innig er für den ersten Teil geschlemmt haben muss. Offiziell verteilen sich 140 Kilo auf 1,80 Meter Körpergröße. Als ihm vor einigen Jahren ein Journalist erklärte, dass er weniger wie ein Profisportler aussehe, eher wie der letzte Mensch auf Erden, da antwortete dieses Gesamtkunstwerk mit Blick auf seinen Bauch: "Mein Freund, den letzten Menschen auf Erden habe ich gerade verspeist."

Solche Sätze haben für den zweiten Teil des Spitznamens gesorgt: Bartolo Colon nimmt das Leben und auch sich selbst nicht besonders ernst. Wie sollte das auch sonst sein bei einem, dem im Alter von neun Jahren gesagt wurde, dass er nun Kaffeebohnen und Früchte pflücken solle - vermutlich für den Rest seines Lebens?

Er schaffte es von seiner Heimat, der Dominikanischen Republik, in die USA und wurde Baseballprofi. Als Werfer spielte er für beide New Yorker Klubs, die Yankees und die Mets, für zehn weitere Vereine und sogar für die Montreal Expos, die es mittlerweile nicht mehr gibt. Nicht schlecht für einen Sportler, der nach den ersten drei Probetrainings für Profiklubs für zu schwach befunden wurde und danach zunächst bei einem Amateurklub für 3000 Dollar pro Saison unterkam. Sein Verdienst seitdem: 117 Millionen Dollar.

Vor acht Jahren gab es einen Positivtest auf Testosteron

Colon hält ein paar wunderbare Rekorde in der nordamerikanischen Profiliga MLB: zum Beispiel den für das Höchstalter eines Spielers bei seinem ersten Karriere-Homerun. 2016 war das, als er in San Diego den Ball auf die Tribüne jagte, 42 Jahre war er damals alt, und Kommentator Gary Cohen brüllte: "Gerade ist das Unmögliche passiert." 246 Mal hatte es Colon davor probiert, und er war wegen seiner Unbeholfenheit - beim Schwingen plumpste immer wieder der Helm vom Kopf - häufig Ziel des Spotts. Colon reagierte darauf, wie jemand reagiert, der Big Sexy genannt wird: mit Selbstironie. "Als ich gesehen habe, wie sehr die Fans darüber lachen, habe ich mir einen größeren Helm besorgt, dass es noch ulkiger aussieht."

Dabei ist Colon ein grandioser Pitcher, einer von nur 18 Werfern in der MLB-Geschichte, die einen Sieg gegen alle 30 Vereine geschafft haben. Er wurde vier Mal ins All-Star-Team gewählt und 2005 von den Kollegen zum besten Werfer der Liga. Im Juni 2018 übertrumpfte er seinen Landsmann Juan Marichal (Spitzname: Domenican Dandy) als Spieler mit den meisten MLB-Siegen eines Werfers aus der Dominikanischen Republik, kurz darauf überholte er Dennis Martinez (Spitzname: El Presidente) für die meisten Siege eines Werfers aus Lateinamerika, Colon steht nun bei 247. Dafür wird er respektiert; geliebt wird er, weil er das Schwere oft leicht aussehen lässt: wenn er wie 2015 den Ball hinter seinem Rücken zum Mitspieler schubst und noch vor dem Ende des Spielzugs grinsend zur Ersatzbank trottet.

Auch ein Positivtest auf Testosteron vor acht Jahren konnte seine Beliebtheit nicht schmälern - die Strafe der Liga war ohnehin putzig: 50 Spiele Sperre, ein Drittel der Saison.

Colon hat einen Rekord vor Augen

Am Sonntag feierte Colon seinen 47. Geburtstag, und wegen der Coronavirus-Pandemie ergibt sich nun vielleicht die Chance, dass sich sein großer Wunsch erfüllt. Die Klubs sollen bald jeweils mehr Spieler in ihren Kader aufnehmen dürfen. Für Colon, der in der vergangenen Spielzeit arbeitslos gewesen ist und im Februar bei Acereros de Monclova in der mexikanischen Liga unterschrieben hat, könnte das bedeuten, dass er doch noch einmal in der MLB gebraucht wird. Er sagt, dass er bereit sei für einen fünften Frühling: "Ich unterschreibe beim ersten Verein, der anruft."

Er wird verehrt als einer, der nicht vergessen hat, dass Baseball letztlich ein Spiel ist. Und ein wenig möchte er dieses Spiel dann schon noch spielen, und das hat wiederum einen ernsthafteren Grund. "Ich würde gerne der Spieler aus der Dominikanischen Republik mit den meisten Innings sein", sagt er. Das ist derzeit der Dominican Dandy mit 3501 Spielabschnitten, Big Sexy liegt lediglich 46 dahinter.

Ihm wird allerdings nichts geschenkt. Er wolle sich für einen Platz im Kader empfehlen; am liebsten bei den New York Mets, wo er von 2014 bis 2016 spielte und wo ihm der Kollege Noah Syndergaard diesen Spitznamen verlieh: Big Sexy im Big Apple - warum nicht?

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