Es hat ja immer etwas Denkwürdiges, wenn Vater und Sohn gemeinsam auf einem Spielfeld stehen. Dafür muss der Papa gar nicht LeBron James heißen, Bernhard Huber tut es auch. Bei den Gauting Indians haben sie es dieses Jahr sogar geschafft, dass der Vater gleich zwei Söhne auf dem Baseball-Feld antraf. Der 51-jährige Routinier, der zugleich auch ein wenig als der Vater des gesamten Vereins gelten darf, wurde ein paarmal eingewechselt, damit er eine Spielgenehmigung für die Playoffs hat, für den personellen Notfall. Nötig war das letztlich nicht. Auch, weil Elias und Lukas Huber, 18 und 16 Jahre, zu Leistungsträgern wurden. Am Tag des Aufstiegs allerdings war Jakob in den USA, für ein High-School-Jahr. Er sah im Livestream zu, wie die Gauting Indians nach 14 Jahren wieder in die erste Bundesliga aufstiegen. Und das ist in vielerlei Hinsicht eine generationenübergreifende Geschichte, die auch einiges erzählt über den aktuellen Zustand des deutschen Baseballs.
Bernhard Huber war immer hier geblieben. Die anderen, die jetzt bei der 1992 gegründeten Mannschaft das Sagen haben, haben ihre Erfolge anderswo gesammelt, und auch das aktuelle Team wird nicht immer zusammenbleiben, dafür sind Baseballspieler einfach zu US-affin. Einer der wichtigsten Rückkehrer, wenngleich nicht der einzige, ist Trainer und Sportdirektor Christopher Howard, 35. Er wuchs in Gauting auf, wurde als Spieler mit den Regensburg Legionären deutscher Meister und war auch schon Nationalcoach. 2011 hatten die Indians freiwillig das Bundesliga-Team zurückgezogen, der Nachwuchs fehlte, man hatte sich zu sehr von US-amerikanischen Importspielern abhängig gemacht. 2014 beklagten sich die Verantwortlichen noch, dass die jungen Spieler nicht mitzögen, plötzlich war der Verein aus dem Würmtal nur noch Viertligist.
2022 übernahm Howard das Team, auf Bitten des Vorstands. Jetzt haben es die Rückkehrer geschafft, eine in jedem Wortsinn schlagkräftige Mannschaft aufzubauen, mit einem Altersspektrum von Mitte 30 bis hinunter zu 15 Jahren. Der Aufstieg komme „früher als gedacht, aber gerade rechtzeitig“, findet Howard. Gerade bei Spielern wie dem überragenden Pitcher Philipp Kleehaupt hätte er sich überlegen müssen, „ihm nicht ans Herz zu legen, woanders zu spielen“, denn genau jetzt brauche es Erstliga-Erfahrung. In der Aufstiegs-Relegation gegen Hünstetten Storm warf Kleehaupt in sechs Durchgängen zwölf Strikeouts, hinterließ ein Dutzend frustrierte Schlagmänner. Spiel eins auswärts gewann Gauting 5:3, Spiel zwei zu Hause souverän 8:0. Ein Jahr zuvor waren die Indians noch an Hünstetten gescheitert.
Der Grund für den Erfolg ist klar: „Hubsi“, Bernhard Huber also, „hat seinen Söhnen oder auch Philipp Kleehaupt schon wertvolle Dinge beigebracht, da waren sie vielleicht sechs Jahre alt“, erzählt Howard. Die von 2004 bis 2011 erfolgreiche Generation gibt also ihr Wissen an die Kinder weiter. Dabei sind zwei Dinge überraschend: Erstens konterkarieren die Indians eine Entwicklung, von der viele Vereine berichten. Der Zulauf in allen Kinder- und Jugendteams ist enorm, weil begeisterte Spieler immer wieder Freunde mitbrächten, die dann auch mit Eifer dabei seien. Ein „ich habe heute keine Zeit“ bekämen die Trainer vor den Übungseinheiten kaum zu hören.
„Wir sind im deutschen Baseball nicht in der Situation, dass man guten Vereinen den Weg verbaut wegen fehlendem Flutlicht.“
Zweitens möchte der zuständige Verband eigentlich seit Jahren die Strukturen professionalisieren. So war für 2025 auch schon einmal eine eingleisige erste Liga vorgesehen. Diese komme aber nun nicht vor 2028, erklärt Liga-Sekretär Markus Jeissle auf Nachfrage. Auch sollten alle Erstligisten über ein Flutlicht verfügen – das hat Gauting nicht, und es wird aus finanziellen Gründen auch nicht kommen. Howard erklärt, es genüge laut Statuten, einen Ausweichplatz angeben zu können. „Wir sind im deutschen Baseball nicht in der Situation, dass man guten Vereinen den Weg verbaut wegen fehlendem Flutlicht“, sagt er.
Howard bezeichnet seinen ehemaligen Klub, die Regensburg Legionäre, als „Unternehmen“, das mit seinem Internat darauf abzielt, gewinnbringend zu wirtschaften. Im Vergleich dazu sind die Indians der mittelständische Familienbetrieb ohne jeglichen Fachkräftemangel, und es hört sich so an, als ob die Baseball-Szene deren Konzept gerade feiert, zumal Gauting auch schon viele Junioren-Nationalspieler stellt. Braucht es also die eigene Sporthalle und den eigenen Kraftraum gar nicht, um das Niveau zu heben? „Natürlich hätten wir das alles gerne, keine Frage. Aber dass die Jungs sich mehr anstrengen, dass sie die Extrameile gehen wollen, das ist wichtiger.“ Nicht nur auf der Welle der Begeisterung ist Christopher Howard zuversichtlich, dass die Indians für längere Zeit Erstligist sein können.