Champions-League-Sieger Barcelona:Zum Quadruple gegen den Rekordsieger

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Champions-League-Siegerinnen zum dritten Mal: Barcelonas Fußballerinnen um Kapitänin Alexia Putellas (Mitte) haben in Bilbao ihren Angstgegner Lyon besiegt. (Foto: Pierre-Philippe Marcou/AFP)

Nie zuvor konnten die Fußballerinnen des FC Barcelona gegen Olympique Lyon gewinnen. Nun kommt ihr 2:0-Sieg im Champions-League-Finale einer Wachablösung gleich - mit zwei bekannten Hauptdarstellerinnen.

Von Anna Dreher

Die Vorgeschichte schwang natürlich mit bei diesem Finale. Noch nie hatten die Fußballerinnen des FC Barcelona gegen Olympique Lyon gewinnen können. Gegen den Rekordsieger der Champions League, der elf Mal im Finale stand und acht Mal gewann, der Rekordtorschützin Ada Hegerberg (64 Treffer) und Rekordspielerin Wendie Renard (116 Partien) in seinen Reihen hat. 2019 und 2022 hatte Barça höchstselbst das Selbstbewusstsein Lyons zu spüren bekommen und war untergegangen. Aber das jüngste Wiedersehen im Estadio de San Mamés von Bilbao lief anders.

Barcelona revanchierte sich mit 2:0 und manifestierte seine Stellung als derzeit wohl weltweit bestes Team. Für die katalanische Zeitung Sport war die Angelegenheit sogar schon eine Nummer größer: "Barça bestätigt den Wechsel einer Dynastie in Europa." Aber bis zu einer Dominanz wie jener von Olympique - für das die Deutschen Sara Däbritz (Knöchel-OP), Dzsenifer Marozsan und Ersatzkeeperin Laura Benkarth nicht zum Einsatz kamen - fehlen dem Ensemble offensichtlich noch ein paar Jahre. Das drückte auch Aitana Bonmatí aus. "Ich denke, wir zeigen seit vielen Jahren, was für ein Team wir sind", wurde sie von El País zitiert. "Ich möchte nicht sagen, dass eine Vorherrschaft beginnt, das muss jedes Jahr bewiesen werden." Aber die Bilanz zeigt doch deutlich, was hier passiert.

Die Liga entschied Barcelona vorzeitig, bei noch zwei ausstehenden Spieltagen hat der Klub mit 84 Zählern 18 Punkte mehr als Real Madrid, nur einmal spielten sie Remis und schossen 129 Tore bei neun Gegentreffern. Den Pokal sowie den Super Cup holten sie ebenfalls. Und mit der Champions League ist aus dem Triple am Samstagabend ein Quadruple geworden - ganz so, wie es der Zielsetzung entsprach. "Wir wollten alles gewinnen", sagte Alexia Putellas. "Und wir haben es geschafft."

Bonmatí und Putellas erzielen die Tore - wer sonst?

Dass sie es war, die in der fünften Minute der Nachspielzeit - drei Minuten nach ihrer Einwechslung - mit dem zweiten Tor des Abends jegliche Minimalhoffnung Lyons auf eine Wendung zunichte machte, passte zur Geschichte dieser Saison. Wie auch, dass Bonmatí nach zuvor ausgeglichenem Verlauf und Chancen für Lyon in der 63. Minute aus spitzem Winkel die Führung erzielt hatte und zur besten Spielerin des Finales gekürt wurde.

Der Start in diese Runde hatte noch unter den Eindrücken der Weltmeisterschaft von Australien gestanden. Spanien triumphierte, aber die Nebengeräusche waren so laut, dass sie den Jubel beinahe übertönten. Erst war da die Spaltung in Gegnerinnen und Befürworterinnen von Trainer Jorge Vilda, dann der Skandal um Verbandspräsident Luis Rubiales, der Jennifer Hermoso bei der Siegerehrung auf den Mund geküsst hatte. Dass Vilda schließlich abgelöst wurde von Montse Tomé, dass der Weltverband Fifa Rubiales sperrte und der 46-Jährige im September zurücktrat, wäre ohne den hartnäckigen Widerstand zahlreicher Nationalspielerinnen so sicher nicht passiert. Und weil einige von ihnen beim FC Barcelona spielen, übertrugen sich das Gefühl der Befreiung und das Wissen um ihr Potenzial zu Veränderung auch auf den Verein. Putellas und Bonmatí zählten zu den Protestierenden.

Wie Alexia Putellas nun erfolgreichste Torschützin des FC Barcelona in der Champions League: Aitana Bonmatí war auch gegen Lyon Schlüsselspielerin. (Foto: David Ramos/Getty Images)

In einem Team, das noch dazu internationale Größen wie Caroline Graham Hansen oder die englischen Europameisterinnen Lucy Bronze und Keira Walsh versammelt, stechen die beiden heraus. Die aktuelle Erfolgsära des Klubs ist fest mit ihnen verbunden, wie einst bei den Männern mit Xavi und Iniesta. Putellas wurde 2022 zu Europas und zur Weltfußballerin des Jahres gewählt sowie mit dem prestigeträchtigen Ballon d'Or ausgezeichnet. 2023 war Bonmatí die Beste Europas und der Welt, die den goldenen Ball überreicht bekam und in dem Jahr bis auf den nationalen Pokaltitel alles gewann. Beide sind nun mit 22 Toren Barças erfolgreichste Torschützinnen in der Königsklasse. Putellas demonstrierte nach einer Knie-OP im Dezember und ihrem Comeback im März ihre Stärke. Und Bonmatí zeigte gegen Lyon wieder einmal, wie technisch stark und wie schwer sie vom Ball zu trennen ist. Für die 35 000 Culés unter der Final-Rekordkulisse von 50 827 Zuschauern war das Balsam, auch angesichts der schwierigen Saison der Männer.

"Wir waren überlegen, wir haben besseren Fußball gespielt, wir haben mehr Tore geschossen", bilanzierte Trainer Jonatan Giráldez. "Welches Erbe Barça hinterlässt, wird man über die Jahre mit mehr Perspektive betrachten können. Jetzt geht's nur darum, es zu genießen." Die Perspektive des 32 Jahre alten Erfolgscoachs wird sich schon bald verändern. Seit Dezember ist bekannt, dass Giráldez weiterzieht: in die USA zu Washington Spirit. Sein Nachfolger wird Pere Romeu, der bereits zum Trainerstab gehört. Damit setzt Barça sein bisheriges Schema fort, auch Giráldez war von 2019 bis 2021 zunächst Assistent von Lluís Cortés gewesen.

Dem Team steht also ein kleiner Umbruch bevor. Alexia Putellas aber bleibt. Die Woche des Champions-League-Triumphes begann damit, dass sie ihre Vertragsverlängerung bekannt gab - um dann gemeinsam mit dem FC Barcelona Titel Nummer 30 zu gewinnen.

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