FC Barcelona:Piqués schmerzhafte Worte

FC BAYERN MUENCHEN - FC Barcelona, Barca 8-2 , Football UEFA Champions League Lisbon, Lissabon, Portugal, 14th August 20; Gerard Piqué Barcelona

Barcelonas Verteidiger Gerard Piqué.

(Foto: Peter Schatz / Pool)

Vor dem Clásico an diesem Samstag liegen beim FC Barcelona die Wunden wieder offen da. Das hat auch mit einem Interview von Verteidiger Gerard Piqué zu tun.

Von Javier Cáceres

Am Vorabend des 181. "Clásicos" der Geschichte lagen alle Wunden wieder offen da. Der Streit der Mannschaft des FC Barcelona mit dem Präsidium, der Ärger um Lionel Messi, die Führungskrise des Klubs, das 2:8 gegen den FC Bayern in der vergangenen Champions-League-Saison, die wirtschaftlichen Probleme der Katalanen in Zeiten der Pandemie, die offenkundige Zerstrittenheit der Mannschaft. Aber eben auch der moderate Optimismus, dass es gegen das ebenfalls kriselnde Real Madrid doch zu einem Sieg reichen könnte: Real hat zwei Blamagen binnen vier Tagen im Rücken, gegen den FC Cádiz (0:1) in der Liga, gegen Schachtjor Donezk (2:3) in der Champions League. Ein Grund für die aktuellen Irritationen in Barcelona: ein Interview von Verteidiger Gerard Piqué, das am Freitag in der Zeitung La Vanguardia erschien und in dem er tatsächlich kaum einen Stein auf dem anderen ließ.

Das 2:8 gegen den späteren Champions-League-Sieger FC Bayern sei ein Brandmal in der Geschichte des Klubs gewesen, erklärte Piqué. Er sei auch noch immer davon überzeugt, dass es richtig gewesen sei, damals seinen Rücktritt anzubieten. "Ich hätte kein Problem damit gehabt, wenn die Vereinsführung oder der neue Trainer nicht mehr auf mich hätten zählen wollen", sagte er nun. Am Dienstag, als der FC Barcelona in der Champions League den ungarischen Meister Ferencvaros 5:1 besiegt hatte, wartete der Klub allerdings mit einem Kommuniqué auf, das besagte, der derzeit verletzte deutsche Torwart Marc-André ter Stegen, Clement Lenglet, Frenkie de Jong und eben Piqué hätten überraschend ihre Verträge vorzeitig verlängert. Ter Stegen, 28, bleibt demnach bis Juni 2025, de Jong und Lenglet bis 2026; Piqué bis 2024 oder eben: bis er das 37. Lebensjahr vollendet hat.

Piqués Rentenvertrag führte auf diversen Ebenen zu Diskussionen. Denn Barcelonas Vereinsführung befindet sich im Umbruch, und gegen den derzeitigen Präsidenten Josep Maria Bartomeu, dessen Mandat turnusgemäß im kommenden Jahr ausläuft, ist ein Misstrauensvotum angestrengt worden, das Aussicht auf Erfolg hat. In dieser Lage Verträge zu verlängern, bedeutet, den Nachfolger vor vollendete Tatsachen zu stellen.

Und zweitens verärgerte es die Mannschaft. Denn: Der Klub will, dass die Profis ihre Millionengehälter wegen der gravierenden Engpässe stunden. Die Mannschaft sagte dem Management deshalb geschlossen (und schriftlich) den Kampf an; in Barcelona wird geraunt, dass Piqué und die anderen drei Profis mit den neuen Verträgen in der Kabine als unsolidarisch beäugt werden. Als wären die Verhandlungen um Gehaltsverzicht nicht schon schwer genug - wegen der Altlasten in der Beziehung zwischen Mannschaft und Management.

Ein Faktor dafür ist, dass sich der Mannschaftsrat bei einer Schlüsselpersonalie der vergangenen Saison benutzt fühlte. Man habe die Verantwortung für die Entlassung von Trainer Ernesto Valverde im Januar auf den Kader abwälzen wollen, klagte nun auch Piqué. Einen Trainer zu schassen, nachdem er zwei Meisterschaften gewonnen hatte und Tabellenführer war, sei ihm nicht sonderlich logisch erschienen. Ein weiterer, wichtigerer Grund für das Schisma aber ist die Affäre, die unter dem Namen "Barçagate" für Wellen sorgte. Damals wurde öffentlich, dass der Klub eine Internet-Firma namens I3 Ventures unter Vertrag genommen hatte - vorgeblich, um das Bild des Klubs in den sozialen Netzwerken zu pflegen.

"Das Camp Nou muss seinen Namen tragen!", sagte Piqué

Es stellte sich aber heraus, dass besagter Betrieb im Internet Kampagnen gegen Altgrößen des Vereins führte, die in Opposition zu Präsident Bartomeu stehen, etwa gegen frühere Kapitäne wie Carles Puyol, Pep Guardiola oder Xavi Hernández. Aber: Auch Piqué und Lionel Messi wurden angegriffen. "Als Spieler Barcelonas sehe ich, dass Geld ausgegeben wurde, um nicht nur externe Personen mit einer historischen Beziehung zum Klub zu kritisieren, sondern auch aktive Spieler. Das ist doch Wahnsinn", sagte Piqué. Der Präsident habe ihm gesagt, dass er vom schmutzigen Propagandakrieg nichts gewusst habe, "und ich habe ihm geglaubt". Nun sehe er, dass der Drahtzieher der Affäre, Präsidiumsmitglied Jaume Masferrer, noch immer in Amt und Würden sei: "Das ist schon schmerzhaft." Und ein solches Gefühl dürfte den Kapitän Lionel Messi, 33, ebenfalls beschleichen, mindestens.

Messi wiederum hatte den Klub bekanntlich nach dem 2:8 in Flammen gesetzt; per "Burofax" hatte er darum ersucht, den Verein ablösefrei zu verlassen. Bartomeu hatte ihm den Fluchtweg versperrt, indem er ihm mit rechtlichen Schritten und also damit drohte, im Zweifelsfall bis zu 700 Millionen Euro Ablöse vor einem Gericht erstreiten zu wollen.

"Leo hatte es mehr als verdient, eine Entscheidung zu treffen. Und wenn er meinte, dass er gehen muss ... Ich hätte als Präsident anders gehandelt", sagt Piqué: "Ein Spieler, der 16 Jahre lang so viel gegeben hat ... Da bist du doch gezwungen, eine Einigung herzustellen." Grundsätzlich sei die Lage bedrückend: "Wie kann es angehen, dass der beste Spieler der Geschichte, den wir durch heiliges Glück genießen durften, eines Morgens aufsteht und ein 'Burofax' schickt, weil er das Gefühl hat, nicht gehört zu werden? Was ist da los? Leo verdient alles! Das Camp Nou muss seinen Namen tragen!"

Piqué erklärt, er habe Messi in jenen Tagen des Zorns kaum behelligt, nur einmal eine Nachricht geschickt, in der er ihn gebeten habe auszuharren. "Ein Jahr, und dann kommen neue Leute", sei seine Botschaft gewesen. Gut möglich, dass Piqué den Wechsel an der Barça-Spitze nun aber beschleunigt hat. Unter der Woche traf sich das Klubpräsidium mit der Regionalregierung, um zu prüfen, ob und unter welchen Bedingungen ein pandemiesicheres Referendum über die Abwahl des Präsidenten abgehalten werden kann.

Der Unternehmer Víctor Font hat seine Kandidatur bereits angekündigt, dem ehemaligen Präsidenten Joan Laporta, der gerade sein Team aufstellt, werden größere Chancen eingeräumt. Am Montag, zwei Tage nach dem Clásico, tritt das Barça-Präsidium zusammen und prüft angeblich auch einen möglichen sofortigen Rücktritt.

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