Bamberger Basketballer:Mit dem Schulbus durch Europa

Basketball Euroleague: Brose Baskets Bamberg - Unicaja Malaga

Bambergs Aufbauspieler Bradley Wanamaker (2.v.r.) ist eine der Stützen im Team - wie lange kann der Klub ihn noch halten?

(Foto: dpa)
  • In der Euroleague beeindrucken die Brose Baskets Bamberg selbst gegen die besten Teams Europas.
  • Doch die Belastung ist so hoch, dass an anderer Stelle die Kraft fehlt.

Von Matthias Schmid

Vor Beginn der neuen Saison mussten die Basketballer von Meister Brose Baskets Bamberg einen Test schreiben. Cheftrainer Andrea Trinchieri hatte die verdutzten Profis im Trainingszentrum in Strullendorf überraschend in den Konferenzraum gerufen, um rund 20 Fragen zur Euroleague zu beantworten. In schriftlicher Form. Wer sind Spanoulis und Jasikevicius? Was sind die Lieblingstricks von Bodiroga? Und wie sieht der Basketball von ZSKA Moskau aus?

"Es war wie früher in der Schule", erzählt der Italiener. Einige hätten voneinander abgeschrieben, und "ich wurde von den Antworten überrascht", sagt Trinchieri. Dabei ließ er offen, ob im positiven oder negativen Sinn. Aber sich einmal intensiv damit auseinander zu setzen, was auf sie zukommt, sei wertvoll gewesen, glaubt er, "weil es für die jungen und hungrigen Spieler eine gute Annäherung an die Euroleague war".

Wie viel letztlich der Test dazu beigetragen, dass sich Bamberg schon drei Spiele vor dem Ende der ersten Gruppenphase für die Runde der besten 16 Mannschaften qualifiziert hat, weiß Trinchieri natürlich nicht. "Aber das Achtelfinale ist ein großes Ding für uns", sagt der Trainer vor dem Heimspiel an diesem Donnerstag gegen Tabellenführer ZSKA Moskau (20.45 Uhr, Bamberger Arena). In der Tat hat es der deutsche Meister aus Bamberg erst zum dritten Mal nach 2006 und 2013 in die Top 16 des höchsten europäischen Klubwettbewerbs geschafft.

Die Leistung ist umso bemerkenswerter, da zehn Spieler des Kaders nie zuvor in der Euroleague aufgelaufen waren. Um allen die Schwere dieser Aufgabe zu verdeutlichen, ließ Trinchieri neben der schriftlichen Prüfung noch Nikos Zisis zur Mannschaft sprechen. Zisis, 32, ist einer der erfolgreichsten europäischen Basketballer. Der Grieche gewann nicht nur die Europameisterschaft, er holte mit ZSKA Moskau auch schon den Euroleague-Titel.

Nach Tel Aviv und Belgrad: Die Euroleague-Spiele von Bamberg und Bayern

Brose Baskets Bamberg

Do., 3.12. (20.45 Uhr): ZSKA Moskau (H)

Do., 10.12. (20.05 Uhr): Maccabi Tel Aviv (A)

Do., 17.12. (20 Uhr): Dinamo Sassari (H)

FC Bayern München

Fr., 4.12. (20.30 Uhr): Straßburg IG (A)

Fr., 11.12. (20 Uhr): Real Madrid (H)

Fr., (19 Uhr): Roter Stern Belgrad (A)

In der Zwischenrunde der euopäischen Top 16, für die sich Bamberg bereits qualifiziert hat, erwartet die Mannschaften von 29. Dezember bis 8. April 2016 weitere 14 Gruppenspiele. Die anschließenden Playoffs um den Einzug ins Final Four laufen von 12. bis 26. April 2016. Das Finalwochenende um den Euroleague-Titel findet von 13. bis 15. Mai 2016 in Berlin statt. SZ

"Alles ist schneller, alles ist physischer. Jeder Ballbesitz zählt mehr", erklärte der Aufbauspieler. Neben Zisis haben bei Bamberg nur der Italiener Nicolo Melli und die deutschen Nationalspieler Lucca Staiger und Yassin Idbihi mehrere Spiele in Europas Eliteklasse in ihrem Arbeitszeugnis vorzuweisen.

Dass er mit so vielen "Frischlingen", wie Trinchieri seine Mannschaft nennt, zuletzt sogar vier Spiele in Serie gegen die feinsten Klubs im europäischen Basketball gewonnen hat, findet der 47-jährige Italiener selbst überraschend. Er sieht sich ein bisschen wie den Fahrer eines Schulbusses, sagt er, "der seinen staunenden Schülern die große weite Welt zeigt. Aber wir haben sowohl in der Defensive als auch in der Offensive bisher sehr gut gespielt."

Trinchieri moderiert einen hochwertigen Kader

Das ist natürlich nur die halbe Wahrheit und erklärt nicht hinreichend, warum die Bamberger so einfach durch die Gruppenphase spaziert sind und als Tabellendritter noch die Chance haben, als Vorrundensieger ins Achtelfinale aufzusteigen. Trinchieri kann einen teuren und hochwertigen Kader moderieren, der in dieser Güte im deutschen Vereins-Basketball lange unerreichbar schien. In Kapitän Brad Wanamaker, dem Letten Janis Strelnieks, dem NBA-erprobten Darius Miller sowie den deutschen Nationalspielern Daniel Theis und Elias Harris hatte er schon im vergangenen Jahr fünf Spieler, die jedes Euroleague-Team verstärken könnten, obwohl sie in diesem Wettbewerb zuvor nie oder nur wenige Spiele absolviert hatten.

Und mit den Verpflichtungen von Zisis, Melli und zuletzt von Center Leon Radosevic haben die Bamberger das Niveau noch einmal angehoben. Der große Vorteil der Zugänge war zudem, dass sie in ein harmonisches und funktionierendes Gefüge kamen. "Sie haben von Anfang an so gespielt, als wären sie schon Jahre bei uns", lobt Trinchieri.

Auch sein Spitzenpersonal hat jedoch nicht verhindern können, dass Bamberg nach imposanten Auftritten in der Euroleague zuletzt überraschende Niederlagen in der Basketball-Bundesliga wie bei Aufsteiger Gießen oder in Frankfurt hatte hinnehmen müssen und so im Moment nur auf Patz vier zu finden ist. "Wir bezahlen für die Euroleague einen hohen Preis und müssen mit den Konsequenzen leben, dass wir in der Bundesliga hin und wieder verlieren", sagt Trinchieri. Er verweist auf Mitbewerber wie Malaga, Fenerbahce Istanbul oder den FC Bayern, denen es ähnlich ergangen sei.

"Verändern lässt sich das nicht", fügt der Trainer hinzu, "weil die Belastung mit den Spielen, den vielen Reisen und der damit verbundenen verkürzten Regeneration für jedes Team hoch ist. Aber ich bezahle den Preis gerne, weil jeder einzelne von uns nur auf höchstem Niveau besser wird." In den verbleibenden Gruppenspielen in der Euroleague will Trinchieri seine Besten deshalb auch nicht schonen, er will nicht experimentieren. "Ich bin Basketballlehrer und kein Chemiker", sagt er. "Wir können ja noch Erster werden." Die Reise im Schulbus durch Europa ist noch nicht zu Ende.

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