Bamberg - Würzburg:Unter sticht Ober

links Junior Etou (s.oliver Würzburg, 00) rechts Elias Harris (Brose Bamberg, 20) Brose Bamberg - s.oliver Wuerzburg - e; Bamberg

Sieht fast so aus, als wäre er ohne Mitspieler auf dem Parkett: Würzburgs Junior Etou behauptet sich im Zweikampf gegen Bambergs Elias Harris.

(Foto: Eibner / imago)

Bamberg verliert erstmals in eigener Halle ein Frankenderby gegen Würzburg. Trainer Moors ärgert sich über die Parallele zur Niederlage gegen Ulm.

Von Sebastian Leisgang

Da saß Roel Moors also, die Arme vor der Brust verschränkt, der Blick starr. Während Denis Wucherer am anderen Ende des Tisches den Statistikbogen studierte, war Bambergs Trainer derart bestürzt, dass er keine Regung zeigte, kein Zucken, nicht einmal ein Blinzeln, nichts. Wer sich am Tag nach dem Frankenderby der Basketball-Bundesliga das Video der Pressekonferenz noch mal ansieht, den Ton ausschaltet und ausschließlich auf Moors achtet, könnte glatt auf die Idee kommen, ein Standbild vor sich zu haben.

Es war nur Basketball, nur ein Spiel, nicht mehr. Was diese Niederlage aber in Moors ausgelöst hatte, das konnte er nicht verbergen, als er am späten Dienstagabend im Medienraum vor den Journalisten saß. Soeben hatte Bamberg zum ersten Mal vor eigenem Publikum ein Frankenderby gegen Würzburg verloren, 69:72 - nun wirkte Moors wie paralysiert, es war ein vielsagendes Bild.

Man muss dazu wissen: Die Rivalität zwischen Bamberg und Würzburg ist eine besondere. Das beansprucht zwar jede Rivalität für sich, selbst in den untersten Spielklassen, in denen nur eine zweistellige Zahl an Zuschauern zu den Spielen kommt - die Rivalität zwischen Bamberg und Würzburg ist aber tatsächlich besonders, weil sie beinahe einseitig ist. Einem Favoriten genügen Gegner, ein Außenseiter - und das ist Würzburg in diesem Vergleich - braucht Feinde, um sich zu Höchstleistungen anzustacheln. Die Würzburger Anhänger pflegen deshalb ihre Abneigung, sie fiebern dem Derby wochenlang entgegen, und sie rollen, wenn das Spiel naht, Banner aus, um die Angriffslust in ihrer Mannschaft zu wecken. Für Bamberg hingegen ist Würzburg eher so etwas wie das kleine Kind, das am Hosenbein seines Vaters zieht und zerrt, während er sich bloß mit jenen unterhalten will, die mit ihm auf Augenhöhe sind.

"Wir haben im vierten Viertel aufgehört, zu spielen und den den Ball zu bewegen."

Dass es den Bambergern nun aber auch nicht einerlei war, dass sie dieses Spiel verloren hatten, das war am Dienstagabend an Moors und seinem starren Blick gut zu erkennen. Als Wucherer, Würzburgs Coach, die Partie erörtert und der Pressesprecher anschließend Moors um seine Analyse gebeten hatte, da setzte Bambergs Coach schließlich an: "Wir haben das Spiel über weite Strecken kontrolliert. Das einzige Problem war, dass wir im vierten Viertel aufgehört haben, zu spielen und den Ball zu bewegen." Es war eine treffende Analyse, allerdings eine, die Moors schon nach dem vorangegangenen Heimspiel gegen Ulm vorgetragen hatte. Auch da führte Bamberg lange Zeit, auch da schien Bamberg auf einen Sieg zuzusteuern - doch auch da brach Bamberg in den letzten zehn Minuten der Partie ein und verlor schließlich 78:81. Moors sagte deshalb: "Es ist schon das zweite Mal, dass wir dem Gegner das Spiel geschenkt haben. Wir haben in der Defensive ein sehr solides Spiel gemacht, aber in der Offensive haben wir im vierten Viertel nicht mehr unser Spiel gespielt."

Dass dieses Mal auch die Unparteiischen nicht gerade mit einer umsichtigen Spielleitung auf sich aufmerksam gemacht hatten, linderte Moors' Frust nicht, im Gegenteil. Bambergs Trainer sagte zwar: "Wir können die Entscheidungen der Schiedsrichter nicht kontrollieren." Er betonte aber auch: "Ich hoffe, dass es Menschen bei der Liga gibt, die gut bezahlt werden, um diese Schiedsrichter zu beurteilen. Ich denke, das ist notwendig."

Moors dürfte sich mit diesen Aussagen unter anderem auf das Aus seines Centers Assem Marei bezogen haben, der im letzten Viertel nach einem Offensiv- und einem technischen Foul ausgeschieden war. So hing in der entscheidenden Phase eine Menge von Louis Olinde ab, und auch wenn der Youngster mit 15 Punkten, sechs Rebounds und zwei Assists am Dienstagabend der effektivste Bamberger war: Am Ende jubelte Würzburg.

"Wir sind natürlich glücklich, dass wir hier gewinnen konnten", sagte Wucherer. In der vergangenen Saison hatte seine Mannschaft kein einziges Mal gegen ein Team gewonnen, das nach der Hauptrunde in die Playoffs einzog. Nun aber dieser Sieg in Bamberg, der eine große Bedeutung für Würzburg hat. Man muss sich ja nur vor Augen führen, wie Frankenderbys in der Vergangenheit endeten: 18 Spiele, 17 Bamberger Siege. Jetzt aber stachen die Außenseiter die Favoriten aus, die Gäste die Gastgeber, die Unter- die Oberfranken.

Wer die Historie dieses Duells kennt, der weiß, dass diese zwei Punkte für Würzburg nicht nur zwei Punkte waren: Sie waren eine Befreiung, eine Entschädigung, sie waren auch eine Bestätigung.

Wucherer verlor am Dienstag kein Wort über die Rivalität, auch nicht darüber, wie viel Genugtuung die Fans verspürt haben dürften, als der letzte Bamberger Wurf von der Dreierlinie am Ring gelandet war. Würzburgs Coach weiß aber natürlich, welche Folgen der Sieg für seine Mannschaft haben könnte, dass er seinem Team als Katapult dienen könnte. Allzu weit wollte sich Wucherer nicht aus dem Fenster lehnen. Er sagte: "Der Sieg sollte uns den Glauben daran geben, bis zum Ende um die Playoffs mitspielen zu können." Daraufhin sprach Moors. Er wirkte nicht mehr paralysiert.

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