Basketball in der BBLDroht Bamberg der Kampf um die Bundesliga-Existenz?

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Blicken betrübt auf die Saison zurück: Bambergs Basketballer Brandon Horvath, Noah Locke und Gabriel Kuku (von links).
Blicken betrübt auf die Saison zurück: Bambergs Basketballer Brandon Horvath, Noah Locke und Gabriel Kuku (von links). (Foto: Voelker/Fotostand/Imago)

Früher staunte Europa über die Basketball-Hochburg in Oberfranken, es gab Sponsoren, eine laute Halle und Titel – heute rutschen die Bamberg Baskets immer weiter ab. Über den beispiellosen Niedergang des früheren Abonnement-Meisters.

Von Sebastian Leisgang

Natürlich hat auch Philipp Höhne dieses Plakat gesehen, das viel mehr als nur ein Plakat war. Inzwischen ist es schon ein paar Tage her, dass die Bamberger Basketballer in ihrer eigenen Halle 92:101 gegen Göttingen verloren haben, doch die Niederlage wirkt immer noch nach. Zu Hause gegen den abgeschlagenen Tabellenletzten zu verlieren, der von den ersten 27 Spielen gerade mal ein Einziges gewonnen hat und bereits als Absteiger feststeht, das war eine Demütigung sondergleichen.

Und dann gab es eben auch noch dieses Plakat, das allen, die in die Halle gekommen waren, auf spärlichste Art und Weise vor Augen führte, wie tief Bamberg gefallen ist. Es trug die Aufschrift: 2021: 8. Platz, 2022: 8. Platz, 2023: 10. Platz, 2024: 11. Platz, 2025: Platz 15 (?), 2026: ProA?!

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Das Plakat war also nicht nur ein Plakat, sondern ein Dokument des Niedergangs, schwarz auf weiß, schlicht und nüchtern wie eine Einkaufsliste und gerade deshalb so kraftvoll. Was ging ihm, Höhne, da durch den Kopf, als er das sah?

„Gar nichts“, entgegnet Bambergs Geschäftsführer, „ich sehe die Entwicklung ja selbst, deswegen habe ich das neutral aufgenommen. Ich brauche kein Plakat, um zu wissen, wie wir abgeschnitten haben.“

„Ich kann das Silber von unseren Pokalen nicht einschmelzen“, sagt Geschäftsführer Höhne mit Blick auf die ruhmreiche Historie

Es ist Dienstagmittag, als Höhne das sagt. Er ist gerade zu Hause, obwohl Bamberg an diesem Mittwoch zu seinem vorletzten Auswärtsspiel der Saison in Hamburg antritt. In rund drei Wochen dürfte Höhnes Frau das zweite gemeinsame Kind gebären, „da wäre es wenig sinnvoll, nach Hamburg zu fahren – auch aufgrund der sportlichen Situation“, erklärt Höhne. Platz 15 ist ja fast schon in Stein gemeißelt, und gemessen an der großen Bamberger Historie kommt das beinahe einem Desaster gleich.

Höhne aber bleibt nichts anderes übrig, als das Beste aus der Krise zu machen, deshalb sagt er: „Ich kann das Silber von unseren Pokalen nicht einschmelzen, um es dann zu verkaufen, weil die Silberpreise gerade steigen.“ Es ist ein Satz, der auf direktem Wege in die ruhmreiche Historie des Klubs hineinweist und das Spannungsfeld veranschaulicht, in dem sich Bamberg mittlerweile bewegt.

2017 wurden die Oberfranken zuletzt deutscher Meister, es war der siebte Triumph binnen acht Jahren. Zu dieser Zeit setzte der Klub in sämtlichen Kategorien Maßstäbe – nicht nur auf dem Parkett, wo die Mannschaft gewann und gewann und gewann, sondern auch in der Vermarktung und in der Nachwuchsausbildung. Auf der Warteliste für Dauerkarten standen mehr als 4000 Fans, die Sponsoren identifizierten sich mit dem Verein, und Bamberg schien nur noch eine Richtung zu kennen: nach oben.

Mittlerweile sind diese Zeiten längst verstaubt. „Wir reden über zwei unterschiedliche Galaxien“, sagt Höhne, „damals war Bamberg eine der absoluten Top-Adressen in ganz Europa, da konnte nicht mal Bayern München ansatzweise mitreden. Bamberg war stilprägend in Europa.“ Doch das ist schon lange vorbei.

Der letzte Einzug ins Halbfinale datiert aus dem Jahr 2018 und liegt demnach schon eine Ewigkeit zurück

2022 qualifizierte sich der Klub letztmals für die Playoffs, verlor aber alle drei Duelle mit Alba Berlin deutlich und schied auf Anhieb aus. Der letzte Einzug ins Halbfinale datiert aus dem Jahr 2018 und liegt demnach schon eine Ewigkeit zurück. Seitdem versinken die Bamberger immer tiefer in der Krise. Schon seit Jahren, siehe das Plakat beim jüngsten Heimspiel gegen Göttingen, zeigt die Kurve nach unten. Was heißt das also für die nächsten Jahre? Blüht Bamberg, wenn der Abwärtstrend unvermindert anhält, schon bald sogar der Kampf um die Bundesliga-Existenz?

„Wir sollten nächstes Jahr nicht gegen den Abstieg spielen“, sagt Höhne. Man darf davon ausgehen, dass er die Prognose ganz bewusst im Konjunktiv formuliert, man weiß ja nie. Aber selbst wenn es nicht so kommen sollte, lässt dieser Satz ziemlich tief blicken. Ein Bamberger Verantwortlicher, der das Wort Abstieg auch nur in den Mund nimmt: Es wirkt vollkommen absurd, doch im Frühjahr 2025 ist es tatsächlich Realität.

Der Verein habe nun einmal „eine massive Transformation“ zu meistern, sagt Höhne und meint den Weg von Alleingesellschafter Michael Stoschek hin zu einem Fundament, das auf mehreren Füßen steht. Was er nicht explizit sagt, ist, dass Bamberg auf diesem Weg in eine tiefe Identitätskrise geschlittert ist, die bis heute anhält. Inzwischen stellen sich Fragen wie: Wofür steht dieser Klub überhaupt noch? Und: Wie will er die Menschen und die Unternehmen in der Region eigentlich erreichen?

Etliche kleinere Sponsoren aus der Stadt sind mittlerweile außen vor, und auch Höhne räumt mit Blick auf die Jahre vor seiner Amtszeit ein: „Zu den Hochzeiten war jeder Quadratzentimeter in der Halle vermarktet, jede einzelne Treppenstufe. Dann wurde die Sichtbarkeit von wenigen Sponsoren deutlich erhöht. Das hat viele vor den Kopf gestoßen.“

Inzwischen greifen die Probleme mehr und mehr um sich. In Person von Anton Gavel ist bereits der siebte Headcoach seit dem Abschied von Andrea Trinchieri im Februar 2018 am Werk, im Führungszirkel mangelt es an sportlicher Kompetenz und im Nachwuchs an Talenten, die es in absehbarer Zeit zu Bundesligaspielern bringen könnten.

Die Liste der Baustellen ist derart lang, dass man kaum weiß, welchen man sich eigentlich als Erstes annehmen soll. In dieser Saison, so viel liegt auf der Hand, werden es die Bamberger nicht mehr drehen. An diesem Mittwoch treten sie in Hamburg an – möglicherweise, ohne dabei unterstützt zu werden. „Sonst ist immer ein Bus hochgefahren, aber ich weiß nicht, ob dieses Mal Fans dabei sind“, gesteht Höhne und fügt zur Erklärung sicherheitshalber noch an: „Aber das liegt am Termin und weniger an der sportlichen Situation.“ Kurze Pause, dann sagt er noch: „Auch wenn ich das verstehen könnte.“

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