Ballack und die Bayern:Ende des Vorspiels

Weil Michael Ballack zu lange zauderte, zieht der FC Bayern sein Vertragsangebot zurück und sondiert ab sofort den Markt. Als möglicher Nachfolger ist bereits der Kroate Nico Kranjcar im Gespräch.

Andreas Burkert

Es ist natürlich wieder eine pure Bilanz des Erfolges gewesen, die der FC Bayern gestern Abend auf seiner Hauptversammlung den Mitgliedern im gut besuchten Nockherberg-Saal präsentierte. Im Halbminutentakt spendete das gut gelaunte Auditorium Beifall, als zunächst Vereinspräsident Franz Beckenbauer den anwesenden Meistercoach Felix Magath begrüßte, als die Erfolgslisten aus der Tischtennisabteilung oder der Basketballjugend rezitiert wurden und als später Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge seinen Jahresrückblick eröffnete.

Ballack schmollt

Hat hochgepokert und am Ende vielleicht doch verloren - Michael Ballack.

(Foto: Foto: AP)

Langer, lauter Applaus

Doch einmal musste Rummenigge den Saal beruhigen und die Pfiffe dämpfen - als jenes Thema zur Sprache kam, das den Verein seit Wochen in Bewegung hält: die Personalie des zaudernden Geschäftspartners Michael Ballack. Die leidige Debatte indes wird dem FC Bayern, das ist seit gestern sehr wahrscheinlich, nun in verschärfter Form weiter begleiten. Denn die Bayern haben am Montag überraschend ihr Angebot an Ballack zur Vertragsverlängerung "offiziell zurückgezogen", wie Rummenigge am Abend mitteilte. Die Reaktion der 1349 anwesenden Mitglieder nach diesem Satz war verblüffend. Denn sie klatschten. Sehr laut und sehr lange.

Die Bayern möchten den auslaufenden Vertrag mit dem Kapitän der Nationalelf bekanntermaßen verlängern, um dessen Arbeitskraft sich ja inzwischen der komplette Hochadel des europäischen Fußballs bemüht. Zu diesem Zweck hatten sie sich bereits vor vier Wochen in einem Bogenhausener Gourmetlokal mit Ballack und dessen Berater Michael Becker getroffen. Hinterher meldeten die Gesprächspartner ziemlich gelöst, man habe selbstverständlich Zeit - und sich deshalb bis Ende November vertagt.

Denn Ballack, 29, war in seinen Überlegungen noch nicht zu einer Entscheidung gelangt, zudem stand vermutlich die ihn besonders brennend interessierende Offerte eines recht namhaften Klubs aus Spanien immer noch aus - ein konkretes Angebot von Rekordmeister Real Madrid.

Entscheidung im Januar

Die Königlichen allerdings haben es zu dieser Jahreszeit nicht sonderlich eilig mit Abschlüssen, sie geben ihre Unsummen gewöhnlich erst im Frühjahr aus. So lange wie Ballack haben die Bayern jedoch nicht warten wollen, und offenbar ist ihnen nun selbst die zuletzt mehrfach von Rummenigge kommunizierte Frist bis Ende November zu nervenzehrend gewesen.

Jedenfalls baten sie Ballack und seinen in Luxemburg lebenden Finanzjongleur Becker für Montagfrüh zu einem weiteren Sondierungsgespräch - und zwar zu einem letzten, wie Rummenigge und Bayern-Manager Uli Hoeneß der Gegenseite beim Frühstückskaffee rasch deutlich machten. Denn sie mochten wohl abends der Vereinsfamilie eine Freude bereiten und Vollzug verkünden.

Doch Ballacks Gedankengänge müssen immer noch kein Ende gefunden haben, denn er versicherte, sich weiterhin unschlüssig über seinen künftigen Lebensmittelpunkt zu sein. "Im Januar" wolle er sich nun endgültig erklären, hörten Rummenigge und Hoeneß ihn offenbar sagen.

Rummenigge sparte diese Details am Abend aus, als er vor dem Mikrophon mit kühler Rhetorik das Ende der Verhandlungen öffentlich machte. Ballack habe "heute mitgeteilt, dass er momentan noch keine Entscheidung getroffen hat", berichtete Rummenigge mit festem Blick, worauf sich in der Menge sehr hörbar Unmut regte.

"Wir werden ab sofort den Markt sondieren"

"Deshalb haben wir unser sehr gutes, gesichertes Angebot zurückgezogen." Dem darauf einsetzenden Beifallssturm entgegnete Rummenigge, man müsse "deshalb weder jubeln noch weinen", zumal dieses unerwartete Manöver "nicht unbedingt" gleichbedeutend mit Ballacks Abschied sei. "Aber wir werden ab sofort den Markt sondieren, um Alternativen für den FC Bayern zu schaffen."

Ballacks Abschied nach vier Spielzeiten in München rückt somit näher, falls er sich nun nicht bald bewegen sollte. Der Umworbene kann sich seinen nächsten Verein ja im Grunde aussuchen, und die nicht geklärte Situation belastet ihn mitnichten, wie seine konstanten Leistungen der letzten Wochen auf oberstem Niveau belegen.

Wohl auch deshalb hat er abermals auf Zeit spielen wollen. Doch Hoeneß und Rummenigge bevorzugen Planungssicherheit und lassen längst Alternativen beobachten; angeblich ist der Regisseur des kroatischen Nationalteams, Niko Kranjcar, 21, einer der Kandidaten.

Santa Cruz bleibt bis 2009

Geld für einen neuen Mittelfeldstrategen ist zumindest reichlich vorhanden, wie Finanzvorstand Karl Hopfner im Lauf des Abends eindrucksvoll nahe legte. Die FC-Bayern-AG verzeichnete im Geschäftsjahr 2004/2005 einen Rekordumsatz von 189,5 Millionen Euro, der Gewinn nach Steuern beträgt diesmal 6,6 Millionen und das Eigenkapital aktuell sagenhafte 157,1 Millionen Euro.

Im Gegensatz zum derzeit verletzten Teamkollegen Roque Santa Cruz, der nun bis 2009 verlängerte, hat Michael Ballack diese Erfolgsbilanz bislang nicht sonderlich beeindrucken können.

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