Axel Schulz:"Ich mache das für mich. Nur für mich."

Nach sieben Jahren Pause zurück im Ring: Es geht nicht nur um einen Boxkampf - es geht um einen Mann und seinen Ruf.

Roland Schulz

Sicher ist, wer am Samstag durch die Seile in den Ring steigt - der ,,Donald Duck des Boxens'' wird es sein, das ,,Gummibärchen in einer brutalen Welt'', der ,,ewige Verlierer'', die ,,große tragische Gestalt des deutschen Profi-Boxens'', kurz: ,,Axel Who?'', auch genannt ,,Der weiche Riese''.

"Ich mache das für mich. Nur für mich."

Axel Schulz hat gut lachen - noch.

(Foto: Foto: dpa)

Die Frage ist nur, wer am Samstag am Ende des Kampfes den Ring verlässt: Axel Schulz - oder werden die Spötter neue Spitznamen suchen müssen für diesen Boxer, dessen Spitznamen schon jetzt eine längere Liste abgeben als seine Kämpfe?

Das ist es, was das Comeback des Boxers Axel Schulz interessant macht: Hier kämpft einer tatsächlich um seinen Namen, und das wahrscheinlich das erste Mal in seiner Karriere. Wenn Schulz am Samstag gegen Brian Minto boxt (22Uhr, RTL), geht es weniger um Boxen als Sport, auch nicht um die Rückkehr eines alten Kämpfers, schon gar nicht um die guten alten Zeiten der 90er Jahre, die das Fernsehen beschwören will - es geht um einen Mann und seinen Ruf.

Sie riefen ihn ,,Schulle'' daheim in Frankfurt/Oder, wo er das Boxen lernte, später nannten sie ihn den ,,netten Mann aus Brandenburg'', dessen Schläge leicht wie die einer Fliege seien, der als Gegner am liebsten einen Toten boxe. Als Axel Schulz schließlich den einzigen Rekord aufstellte, mit dem er bislang in die Geschichte des Boxens einging - nämlich binnen 14 Monaten drei Mal um eine Weltmeisterschaft im Schwergewicht boxen zu dürfen und alle drei Mal zu verlieren -, da hatte er seinen Ruf weg: Schulz, das ist der ewige Verlierer.

Der Loser der Herzen

Die Menschen jedoch mochten ihn - aber nicht trotz, sondern gerade wegen seiner Niederlagen. Axel Schulz war wie der Nachbar von nebenan, ein guter Typ, bei dem es halt nie richtig klappte, leider, leider, aber im Zweifelsfall waren immer die anderen schuld: die bösen Ringrichter beim WM-Kampf gegen George Foreman, der böse gedopte Gegner beim Kampf gegen Francois Botha, die ganze böse Welt beim Kampf gegen Michael Moorer.

So konnte Schulz, der Loser der Herzen, selbst in den Jahren nach seiner vernichtenden Niederlage gegen Wladimir Klitschko 1999, mit der er seine Karriere damals beendete, stets sagen: ,,Als Verlierer fühle ich mich nicht.'' Vielleicht hat er verdrängt, was in diesem Kampf passierte. Schulz war ohne jede Chance, am Ende war sein Gesicht eine von unzähligen Schlägen verquollene Masse Fleisch, furchtbar anzusehen, es war wie ein bitterer, letzter Beweis am Ende der Laufbahn des Boxers Axel Schulz: Sieger sehen anders aus.

"Pfeife oder Arsch" der Nation?

In diesem Augenblick trat zu Tage, was Zeit seiner Karriere vor lauter Sympathie im Hintergrund stand: Axel Schulz ist kein Boxer großer Klasse. Jetzt, da posaunenzüngig für den Kampf am Samstag geworben wird, ist viel von einem neuen Axel Schulz die Rede, der anders, besser, wuchtiger boxen soll. Das mag Schulz zu wünschen sein, schließlich kehrt er nach einer Pause von sieben Jahren in den Ring zurück, um gegen einen sieben Jahre jüngeren Gegner zu boxen, was im Boxen Welten bedeutet - aber wahrscheinlich ist es nicht.

"Ich mache das für mich. Nur für mich."

Kein Boxer kam jemals nach so einer langen Pause stärker zurück, als er es einmal war. Wer sagt, es gebe aber doch genug Beispiele für großartige Comebacks im Boxen, von George Foreman, Muhammad Ali oder Sugar Ray Leonard, der übersieht, dass Axel Schulz kein George Foreman ist und schon gar kein Muhammad Ali.

Als er im Mai seine Rückkehr ankündigte, reagierten frühere Kollegen wie Sven Ottke, Wladimir Klitschko oder Manfred Wolke, Schulz' ehemaliger Trainer, mit Spott, Unglaube und Ablehnung. Viele stellten den sportlichen Wert des Comebacks in Frage, manche das Comeback selbst. Er frage sich, sagte Klitschko, warum sich Schulz das antue.

Die Antwort darauf scheint schwierig zu sein, denn Axel Schulz selbst gab sie gleich dutzendfach. Zuerst sagte er, er wolle, dass seine neugeborene Tochter einen Siegertypen zum Vater habe. Etwas später nahm er diese Aussage zurück. Das sei nur ein griffiger Satz für die Medien gewesen, sagte er, vielmehr gehe es ihm um ehrlichen Sport. Dann sprach er davon, dass ihm der Ernst im Leben gefehlt habe.

Dann sagte er, es gehe ihm nicht ums Geld oder ein großes Comeback, er wolle einfach wieder richtig boxen. Schließlich, auf seinem ersten Pressetraining, sagte er, was auch Foreman oder Ali bei ihren Comebacks sagten: ,,Ich will es nochmal wissen.'' Axel Schulz gab Antworten um Antworten, es schien, als wisse er es selbst nicht so genau. Inzwischen aber sagt er: ,,Ich mache das für mich. Nur für mich. Ob ich gewinne, verliere, das ist alles meins.'' Vielleicht ist das die Antwort, die der Wahrheit am nächsten kommt.

Und egal, wie sehr man am sportlichen Wert des Comebacks zweifeln mag oder auch am Comeback selbst: Diese Antwort ist es, die den Kampf interessant macht. Wenn Axel Schulz verliert, wird er eine Witzfigur sein. Er weiß das, hat mögliche Spitznamen schon selbst vorgegeben: ,,Pfeife der Nation'' oder gar ,,Arsch der Nation''. Wenn er aber gewinnt, hat er die Chance, einen Namen zu tragen. Seinen Namen. Und sonst nichts.

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