Australian Open:Roger Federer stoppt "die Blutungen"

Australian Open: Finale: Roger Federer in Melbourne.

Finale: Roger Federer in Melbourne.

(Foto: AFP)

Nach sechs Monaten Auszeit schafft es der Schweizer Tennisheld gleich ins Finale von Melbourne. Den  Australiern verspricht er ein episches Endspiel.

Von Gerald Kleffmann, Melbourne

Vor drei Monaten ist Roger Federer auf Mallorca gewesen, in Manacor, er unterstützte Rafael Nadal werblich bei der Eröffnung von dessen Akademie. Da hatten sie ein Gespräch über die Zukunft. Vielleicht könnten sie mal ein Charity-Match zusammen spielen oder was Ähnliches, sagten sie sich, größere Pläne hatten sie nicht, aus sehr spezifischen Gründen. "Ich war auf einem Bein, er hatte eine Handgelenksverletzung, und wir spielten mit Kindern Minitennis", erinnerte sich Federer an jenen milden Herbsttag im Oktober, als sie beide angeschlagen waren.

Er musste grinsen, denn jetzt stand er ja hier, in der Rod Laver Arena, und die Situation war "nicht real", wie er zugab: "Alles ging so schnell. Es fühlt sich großartig an, nur hätte ich nie in meinen wildesten Träumen gedacht, dass ich so weit komme."

Federer, Gewinner von 17 Grand-Slam- Turnieren, der eine sechsmonatige Auszeit zur Ausheilung seines lädierten Knies genommen hatte, hat nicht nur auf Anhieb das Finale beim ersten großen Turnier 2017 erreicht. Im Halbfinale hatte er sich in einer Partie mit zwei radikalen Wendungen gegen seinen Freund Stan Wawrinka 7:5, 6:3, 1:6, 4:6, 6:3 durchgesetzt. Nun könnte Nadal der letzte Gegner werden, sollte er am Freitag (9.30 Uhr MEZ, Eurosport) gegen den Bulgaren Grigor Dimitrov gewinnen. Entweder trifft Federer auf einen Gegner, der "um seinen ersten Slam spielt, oder es wird die epische Schlacht mit Rafa". Die letzte Pointe am Sonntag sitzt in jedem Fall.

"Ein komisches Match", wie er fand, hatte ihm den Weg in sein sechstes Finale in Melbourne ermöglicht. Federer dominierte Wawrinka zwei Sätze lang, der 30-Jährige aus Lausanne nahm dann eine Behandlungspause und sicherte sich die folgenden beiden Sätze, in denen Federer wie noch nie in den vergangenen zwei Wochen Schwächen zeigte. "Es ist schwer, die Blutungen zu stoppen", so metaphorisch umschrieb der 35-Jährige aus Basel seine Versuche, den verloren gegangenen Rhythmus zu finden.

Normalerweise nimmt Federer nie eine Behandlungspause, und er versprach auch, er werde das nicht mehr machen - diesmal aber tat er es, vor dem Start des fünften Satzes. Die Leiste, deutete er an, habe seit dem zweiten Spiel Zeichen gesendet. Ein "billiges Break" habe ihm dann den entscheidenden Vorteil erbracht, "es war nicht so, dass ich es wirklich verdiente". Wenigstens servierte er das Match so souverän aus, wie er es bei den beeindruckenden Siegen gegen die Top-Ten-Spieler Tomas Berdych und Kei Nishikori getan hatte. "Entspann dich", hatte sich Federer, der sonst die personifizierte Entspannung ist, selbst souffliert.

Andy Roddick, die frühere Nummer eins aus den USA, hatte bereits geurteilt, ein finales Duell zwischen Federer und Nadal, dem 14-maligen Grand-Slam-Champion, könnte "vielleicht das größte Endspiel der Grand-Slam-Geschichte" werden. Der Spanier könnte, sollte er Dimitrov bezwingen und auch Federer, aufrücken zu seinem ewigen Widersacher in der Bestenliste. Federer könnte sich erlösen, denn den 18. großen Titel versucht er schon seit 2012 (Wimbledon) vergeblich zu verbuchen. Seine vergangenen drei Grand-Slams-Finals (zweimal in Wimbledon, einmal bei den US Open)

verlor er, alle gegen Novak Djokovic.

Federer, der nach seiner Reha- und Aufbauphase das Viertelfinale als grobes Ziel für sich gesteckt hatte, versprach dem Publikum noch auf dem Platz: "Ich werde alles hier rauslassen in Australien. Falls ich in den nächsten fünf Monaten nicht mehr gehen kann, ist das okay. Ich gebe alles, was ich habe."

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