Eishockey:Ingolstadts Plus-22-Stürmer

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Die Entdeckung der Ingolstädter: Austen Keating freut sich über seinen Treffer in Augsburg. (Foto: Goldberg/Beautiful Sports/Imago)

Auch dank seines Toptorschützen Austen Keating steht der ERC klar an der Tabellenspitze der DEL. Der junge Kanadier hat sich bei seiner ersten Profistation erstaunlich schnell etabliert.

Von Christian Bernhard

Der Blick auf die Topscorer der Deutschen Eishockey Liga (DEL) offenbart die üblichen Verdächtigen: Da wäre das Berliner Duo Leo Pföderl und Ty Ronning, an der Eisbären-Meisterschaft des Vorjahres prägend beteiligt. Oder die seit Jahren beständigen DEL-Scorer Chris DeSousa aus München und Matt White aus Wolfsburg. Einen Namen hat zu Saisonbeginn aber kaum jemand dort vermutet: Austen Keating.

Der kanadische Angreifer des ERC Ingolstadt bringt einige Besonderheiten mit: Der 25-Jährige ist einer der sehr wenigen jungen Nordamerikaner in der DEL, dazu ist seine erste Station in Europa auch seine erste überhaupt als Profi. Die vergangenen Jahre hat Keating auf Universitätsebene gespielt, erst zum Ende der vergangenen Saison schnupperte er in wenigen Spielen Profiluft, meist in der drittklassigen ECHL. Die deutsche Eliteliga sei für ihn ein „new animal“, sagt er deshalb, sprich eine andere Kragenweite. Statt Junioren-Eishockey heißt sein Alltag seit dem Sommer Männer-Eishockey.

Und jetzt, da sich die Hauptrunde dem Ende zuneigt, kann man bedenkenlos sagen, dass Keating dieses Tier namens DEL zügig gezähmt hat. Mit seinen 18 Toren ist er Ingolstadts bester Torschütze und einer der besten der Liga, Treffer Nummer 18 gelang ihm am vergangenen Sonntag beim 5:2-Derbysieg in Augsburg. Es war der siebte Sieg der Ingolstädter in Serie. An diesem Mittwoch haben sie allerdings nicht die Gelegenheit, sie zu verlängern: Das Duell gegen den Zweiten und Titelverteidiger Eisbären Berlin (19.30 Uhr) wird verschoben. Bei Berlins Eishockey-Nationalspieler Tobias Eder, 26, war im Sommer des vergangenen Jahres ein bösartiger Tumor festgestellt worden. Aufgrund des „kritisch verschlechterten Gesundheitszustandes“ von Eder sehe sich die Eisbären-Mannschaft nicht in der Lage anzutreten, teilten beide Klubs mit. Die Ingolstädter spielen nun als nächstes am Freitag gegen die Kölner Haie.

Ob er Keatings starke Entwicklung so schnell erwartet habe? ERC-Trainer Mark French sagt, dass er das nicht wisse – und gibt damit zu verstehen, dass er wohl nicht so schnell damit gerechnet hatte. Keatings Spiel ist nämlich bereits beeindruckend komplett. Der Stürmer ist ein wichtiger Faktor im Forecheck, spielt Überzahl und Unterzahl und hilft seinem Team mit seiner Präsenz vor dem gegnerischen Tor. Die Robustheit hat er von klein auf beim Eishockey mit seinen drei älteren Brüdern trainiert. Er sei ein sehr smarter und hartnäckiger Spieler, lobt French – und auch bodenständig.

Weil Keating so schnell einschlug, verlängerte Ingolstadt noch schneller seinen Vertrag bis 2027

Die Frage für ERC-Sportdirektor Tim Regan war bei Keatings Verpflichtung, „wie schnell er sich ans europäische Eishockey anpasst“. Die Antwort gab Keating, der zu Beginn der Saison als Rollenspieler angedacht war, recht schnell und sehr beeindruckend. Nun sagt Regan, dass Keating ein Spieler sei, „der in allen Situationen verlässlich seine Aufgaben erledigt“. Ein Wert, der die Verlässlichkeit eines Eishockeyspielers beschreibt, ist die Plus-Minus-Statistik. Mit Ausnahme von Toren in Überzahl und Gegentoren in Unterzahl bekommt jeder Spieler, der im Moment eines geschossenen Tores seiner Mannschaft auf dem Eis steht, ein Plus, und genauso ein Minus, wenn seine Mannschaft ein Tor kassiert – sie zeichnet also verantwortungsvolle Spieler aus. Keating steht bei Plus 22 – und belegt damit Platz zwei in der Liga. „Mein Defensivspiel hat sich in den letzten drei, vier Jahren weiterentwickelt und ist eine meiner größten Stärken“, sagt Keating.

Solch beeindruckende Statistiken kommen in einer Mannschaftssportart nur durch erfolgreiches Zusammenspiel zustande. Im Fall von Keating ist es seine Angriffsreihe, die das möglich macht: Gemeinsam mit Daniel Pietta und Philipp Krauß bildet er eine der erfolgreichsten Formationen der Liga. Keating und Krauß, 23, erzwingen mit ihrem energischen Forecheck viele gegnerische Scheibenverluste und erschweren es dem Gegner, geordnet aus dem eigenen Drittel zu kommen. Zwischen den beiden dirigiert der erfahrene Daniel Pietta mit seiner Spielintelligenz und Ruhe das Geschehen und sorgt für die nötige Balance. Pietta „lenkt das Schiff“, sagt Keating.

Da der Kanadier so schnell in der DEL einschlug, bemühte sich der ERC früh, seinen Einjahresvertrag zu verlängern. Das gelang Ende Dezember, Keating hat einen Vertrag bis 2027 unterzeichnet. „Wir haben alle Voraussetzungen, um weiterhin erfolgreich zu sein“, sagt Keating. Er spielte damit auf die kommenden Jahre an – und ziemlich sicher auch auf die anstehenden Playoffs.

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