Auslosung zur Fußball-EM 2012:Schöne Zeiten nach der Vorrunde

Allgemeines Ächzen und Stöhnen in Deutschland: Die Fußball-Nationalmannschaft hat eine schwere Vorrundengruppe bei der EM 2012 erwischt. Doch in Wahrheit ist sie gar nicht schlecht bedient: Das Turnier könnte einen guten Verlauf nehmen - und die Mannschaft kann gleich beginnen, Geschichte zu schreiben.

Philipp Selldorf

Es ging ein Aufschrei der Entrüstung durchs Land, als der vermeintliche Vorzugsplatz in der Gruppe A an Russland vergeben wurde, gefolgt von einem erschütterten Stöhnen und Ächzen, als das Los auf die vermeintlich bösartigste Gruppe B fiel.

Von Mecklenburg-Vorpommern bis ins Berchtesgadener Land herrscht Einigkeit darüber, dass der DFB bei der EM-Auslosung in Kiew von seinem treuesten Verbündeten verlassen wurde: Das Losglück ist von ihm gewichen, diese bewährte Partnerschaft ist einseitig aufgekündigt worden. Auch Joachim Löw kamen spontan angenehmere Gegner für die Vorrunde in den Sinn. Costa Rica und Ecuador fielen ihm ein, der Bundestrainer träumte von den Annehmlichkeiten einer Weltmeisterschaft.

Nachdem sich aber die erste Bestürzung gelegt hat, lässt sich feststellen, dass die Deutschen in Wahrheit nicht ganz so schlecht bedient wurden wie es scheint. Wäre es denn komfortabler, in Gruppe C auf die unbesiegbaren Spanier, Trapattonis eisern mauernde Iren und Angstgegner Kroatien zu treffen? Wäre es nicht.

So wird man stark gefordert während der Vorrunde, aber vor allem hat man eine verheißungsvolle Perspektive für die Zeit danach - der Gegner fürs Viertelfinale wird aus Gruppe A stammen, und darüber herrscht Einigkeit von der Mecklenburgischen Seenplatte bis ins Berchtesgadener Land: Gruppe A bietet - relativ - die einfachsten Herausforderungen.

Weite Reisen blieben der DFB-Delegation dann auch erspart, im günstigen Fall dürfte Löws Elf ihr Viertelfinale sogar vor der Haustür spielen, in Danzig. Und noch ein froher Aspekt findet sich, wenn man um die Ecke schaut: Auf Spanien können die Deutschen erst im Finale treffen - vorausgesetzt, beide schließen ihre Gruppen als Erste ab.

Bei der WM in Südafrika hat es das Los schlechter gemeint mit den Deutschen. Die Vorrunde brachte weder Costa Rica noch Ecuador, sondern Serbien, Ghana und Australien, und dann stieg der Schwierigkeitsgrad von Runde zu Runde: England, Argentinien, Spanien.

Für die Historiker unter den deutschen Fans enthält die Konstellation von Kiew außerdem herrliches Revanche-Potenzial. Holland war der Gegner des verlorenen EM-Halbfinales 1988, Dänemark war der lachende Widersacher des Finales von 1992. Löws Elf kann gleich in der Vorrunde anfangen, Geschichte zu schreiben.

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