Auslosung zur Fußball-EM 2012:Vom Losglück verlassen

Die deutsche Nationalmannschaft trifft bei der Fußball-Europameisterschaft 2012 in der Vorrunde auf Dänemark, Portugal und die Niederlande. Zudem stehen weite Reisen zu den Spielorten in der Ukraine bevor. Für einen Moment wirkt da selbst Bundestrainer Joachim Löw unentspannt.

Boris Herrmann

Die deutsche Delegation ist nach übereinstimmenden Medieninformationen so entspannt wie nie zu einer Auslosung gereist. Und als die Losfee Marco van Basten dann den Zettel mit dem Namen "Germany" in die Kameras hielt, da sah es für einen Moment tatsächlich so aus, als seien der Bundestrainer Joachim Löw und sein Bundesmanager Oliver Bierhoff in ihren türkisfarbenen Polstersesseln eingeschlafen. Ihre Köpfe hingen jedenfalls schlaff nach unten.

Auslosung Euro 2012

Wie kommen wir zueinander? Joachim Löw sieht sich die EM-Trophäe aus der Nähe an. Berühren und in die Höhe wuchten möchte er sie am gleichen Ort, aber erst 2012.

(Foto: dpa)

Vielleicht, so die zweite Vermutung, durchsuchten sie sich ja auch ihre Mobiltelefone nach den Zwischenständen in der zweiten Bundesliga. Das dritte, zugegeben wahrscheinlichste Deutungsmuster, erhärtete sich dann allerdings, als die beiden Köpfe wieder langsam nach oben kamen: Joachim Löw und Oliver Bierhoff waren offenbar unentspannt.

Die DFB-Elf trifft in der Vorrunde der Fußball-EM 2012 also auf Portugal, Dänemark und die Niederlande, und als sich bei Löw die Erkenntnis einstellte, dass es sich dabei "um die wahrscheinlich die stärkste, interessanteste und ausgeglichenste Gruppe" handeln dürfte - also etwa nach 0,3 Sekunden - da hätte er am liebsten eine Zigarette geraucht, das war ihm deutlich anzumerken. Weil das aber gewiss gegen die Hausordnung im nationalen Kunstpalast von Kiew verstoßen hätte, begnügte sich der Bundestrainer einstweilen mit einem Filzstift, auf dem er in unterschiedlichsten Kautechniken nervös herumbiss.

Bierhoff dagegen wäre wohl nicht einmal dazu fähig gewesen. Mit frostgeschocktem Blick saß er da, als er realisierte, dass die deutsche Nationalelf in diesem Moment nicht nur von ihrem sportlichen, sondern auch von ihrem logistisches Losglück verlassen wurde. An Bierhoff liegt es nun, aufwendige Reisen vom Teamcamp im polnischen Danzig zu den Gruppenspielen in den ukrainischen Städten Charkow und Lemberg zu organisieren.

Viel unangenehmer hätte es für die Deutschen - zumindest auf den ersten Blick - kaum kommen können. Und es war auch nur ein schwacher Trost, dass van Basten seinen Landsleuten mit dieser Gruppe natürlich auch keinen Dienst erwiesen hatte. Auch der holländische Nationalcoach Bert van Marwijk war blass um die Nase, als er von der "schwersten Gruppe" sprach.

Fröhliche Gastgeber

Deutlich fröhlicher schauten da schon die Gastgeber aus Polen aus, die das Turnier am 8. Juni in Warschau gegen Griechenland eröffnen dürfen. Und auch danach mit Russland und Tschechien einigermaßen lösbare Aufgaben zugelost bekommen haben. Sie sind jedenfalls lösbarer, als jene des Co-Gastgebers Ukraine, der es mit Frankreich, England und Schweden zu tun bekommt.

Andererseits hat Polens Staatspräsident Bronislaw Komorowski stellvertretend für beide Länder verkündet, alleine die Tatsache, dass die EM in Osteuropa stattfinde, sei schon ein großer Erfolg.

Auch das ist ja lange genug bezweifelt worden. Immer wieder hat es Befürchtungen gegeben, wonach sich die Gastgeber mit der Organisation dieses Turniers übernommen hätten. Nun, nach dem ersten wichtige Termin lässt sich sagen: Der offizielle Spielball mit dem seltsamen Namen "Tango 12" ist ebenso rechtzeitig fertig geworden wie das bunte Unterhaltungsprogramm vor der eigentlichen Auslosung.

Wobei die Zeremonienmeister das Wort "bunt" durchaus wörtlich interpretiert haben. Zwischen den schon erwähnten türkisfarbenen Sitzen und einer pinkfarbenen Hintergrundbeleuchtung eröffnete zunächst eine grell gekleidete Kosakentanzgruppe den Abend. Löw ließ sich zu diesem Zeitpunkt noch mit dem Satz zitieren: "Auslosung isch irgendwie was Spannendes." Dass es am Ende so spannend werden würde, schien er da noch nicht geahnt zu haben.

Obwohl sich auf der Bühne alsbald eine Gruppe ehemaliger Fußballgrößen um Paul Breitner, Zinédine Zidane und Viktor Ponedelnik formierte, die für einen kleinen Moment den Anschein erweckte, als würde sie ebenfalls eine Tanzperformance aufführen. Am Ende standen diese Herren dann aber doch nur dekorativ herum, in dem sie in ihren schwarzen Anzügen einen angenehmen Kontrast zum allzu bunten Gesamtbild abgaben.

Vielleicht wäre es für den DFB-Tross am entspanntesten gewesen, wenn zumindest die Lostöpfe nicht fristgerecht fertig geworden wären. Als nämlich der Niederländer van Basten dann gleich im ersten Anlauf das Los mit der Aufschrift "Niederlande" zog, nahm das Unheil langsam seinen Lauf.

Für die Deutschen gibt es an dieser Ziehung aber auch drei positive Aspekte: Erstens sind weder die Holländer noch die Portugiesen oder die Dänen die Spanier. Die Welt- und Europameister treffen in Gruppe C auf Italien, Kroatien und Irland. Zweitens hat die Uefa vor der Auslosung mitgeteilt, dass bei der EM 2012 erstmals auch Trostpreise in der Gruppenphase vergeben werden. Wer sich als Drittplatzierter achtbar verabschiedet, darf sich immerhin über eine Prämie von einer Million Euro freuen.

Und drittens bleiben die Müllers, Götzes und Özils laut übereinstimmender Medienberichte auch nach dieser Auslosung deutsche Nationalspieler.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: