Auslosung der Fußball-EM:Löw wahrt das Pokerface

EM 2016 - Gruppen-Auslosung

Joachim Löw: Routinierter Auftritt in Paris

(Foto: dpa)
  • Deutschland bleibt eine Auslosungsmannschaft und trifft in der Vorrunde der Fußball-EM auf machbare Gegner.
  • Bundestrainer Joachim Löw findet vier Wochen nach den Terroranschlägen von Paris einen guten Ton.
  • Den kompletten Spielplan der EM finden Sie hier.

Von Filippo Cataldo

Nordirland: Joachim Löw verzieht keine Miene. Polen: Pokerface beim Bundestrainer. Ukraine: Löw nimmt seinen Stift herunter, den er während der Ziehung des letzten deutschen Gruppengegners bei der EM in Frankreich auf Höhe seiner Lippen platziert hat. Wahrscheinlich beginnt er nachzudenken, wie er gleich möglichst elegant und ohne eine Spur von Arroganz mitteilen soll, dass seine Mannschaft, mal wieder, recht viel Dusel gehabt hat bei einer Auslosung.

Darin hat der Bundestrainer ja mittlerweile Routine. Die feierliche Zeremonie in Paris zur Ziehung der Gruppen der Europameisterschaft 2016 vom 10. Juni bis 10. Juli ist bereits die fünfte Gruppen-Auslosung eines großen Turniers in Löws Amtszeit. Und recht schwer versprachen die kommenden Aufgaben eigentlich nur vor der EM 2012 zu werden, als man auf die Niederlande, Portugal und Dänemark treffen sollte - die die DFB-Elf dann schließlich alle besiegte.

Ansonsten war, ist und bleibt Deutschland einfach eine Auslosungsmannschaft, Fortuna muss diesen Verband einfach lieben. Das kann Löw so natürlich nicht sagen nach der Auslosung. Auch allzu ausgelassenes Lachen verbietet sich. Nur nicht den Respekt vor den Gegnern verlieren! Den Spielern ja keinen Grund zur Sorglosigkeit geben!

"Wir können sicherlich nicht unzufrieden sein", gibt Joachim Löw zu

Und so entscheidet sich Löw schließlich, wie so oft, für die größtmöglich professionelle Annäherung ans Thema: "Es heißt, vom ersten Spiel weg konzentriert zu sein. Polen hat eine große Qualität, aber auch die Nordiren und die Ukraine können mit ihrer Verteidigung und Konter-Spiel unangenehm werden", sagt er. Um dann immerhin doch noch so etwas wie eine realistische Einschätzung zu liefern, Deutschland ist schließlich Weltmeister und außerdem dreimaliger Europameister: "Wir können sicherlich nicht unzufrieden sein. Wir sind Favorit in der Gruppe und wollen sie gewinnen."

Löw hat mit seiner recht defensiven Herangehensweise tatsächlich einen guten Ton getroffen. Nur vier Wochen nach den Terroranschlägen von Paris sind auch bei dieser heiteren Veranstaltung eher die leisen Töne angebracht. Martialische Sprüche verbieten sich sowieso. "Ich wünsche vor allem unseren französischen Gastgebern, dass sie nach den schrecklichen Anschlägen vom 13. November schnell wieder zur Normalität zurückfinden", sagte Löw bei seiner Rückkehr nach Paris.

Zudem hat Deutschland nicht gerade die souveränste Qualifikationsrunde in der Geschichte der EM-Qualis hinter sich gebracht. 0:2 und 3:1 lauteten da etwa die Ergebnisse gegen Polen um Bayern-Stürmer Robert Lewandowski. Auf die Polen wird Deutschland nun am 16. Juni wiedertreffen. Das Spiel wird gleichzeitig die Rückkehr der DFB-Elf ins Stade de France sein, vor dem sich bei den Pariser Anschlägen Selbstmordattentäter in die Luft gesprengt haben, während Deutschland gegen Frankreich spielte.

Verloren hat Deutschland gegen Polen in 20 Begegnungen nur einmal: 2014. "Ich bin zufrieden mit unserer EM-Gruppe. Lewy, halt dich zurück gegen uns!", schrieb Thomas Müller auf Twitter seinem Sturmkollegen beim FC Bayern ins Gewissen. "Das ist eine gute Auslosung. Wir werden uns mit der Ukraine und Nordirland und natürlich Deutschland einen großen Kampf liefern, um die nächste Runde zu erreichen", antwortete Lewandowski.

Auftakt in Lille gegen die Ukraine

Ins Turnier einsteigen wird Deutschland am 12. Juni in Lille gegen die Ukraine, gegen die die DFB-Elf in fünf Duellen bisher zweimal gewann und dreimal Unentschieden spielte. Am 21. Juni spielt Deutschland dann zum Abschluss der Gruppenphase im Pariser Prinzenparkstadion gegen den EM-Debütanten Nordirland - sicher der exotischste und womöglich auch interessanteste der drei Gegner. "Logistisch ist die Auslosung für uns mit den Spielorten Lille und zweimal Paris sehr gut. Sportlich denke ich, dass Polen unser schwierigster Gegner ist", sagte der kommissarische DFB-Präsident Reinhard Rauball.

Nationalmannschaftsmanager Oliver Bierhoff dagegen freut sich, in Nordirland seinen erklärten Wunschgegner bekommen zu haben. "Nordirland ist mein persönlicher Favorit. Da habe ich mal den schnellsten Hattrick geschossen", sagte er - und wiederholte damit, was er schon vor der Auslosung gesagt hat. Ansonsten ist Bierhoff froh, Angstgegner Italien (WM 2006! EM 2012!) aus dem Weg gegangen zu sein. Das Motto dieser Auslosung war ja bei allen Favoriten irgendwie: Bloß nicht Italien! Die Azzurri waren diesmal ausnahmsweise nicht als Gruppenkopf gesetzt, weil Frankreich als Gastgeber automatisch gesetzt war und die Italiener somit ihren vom Uefa-Ranking vorgesehenen Platz räumen mussten.

Dem Angstgegner Italien entgeht man zunächst

Bloß nicht Italien aber auch, weil die Azzurri trotz ihres bröckelnden, aber noch existenten Rufs als Turniermannschaft gelten - zuletzt aber in eher schwereren Gruppen landeten und ganz sicher keine Auslosungsmannschaft sind. Diesmal erwischte es: Belgien, Irland und Schweden mit Zlatan Ibrahimovic.

Deutschland dagegen geht dem Angstgegner vorerst aus dem Weg. "Wir haben sicher Glück gehabt. Aber natürlich müssen wir unsere Gruppengegner ernst nehmen", sagte Bierhoff noch. Auf derlei Warnungen kann Rekordnationalspieler Lothar Matthäus natürlich verzichten - er hat ja kein Amt beim DFB: "Da hatten wir mal wieder Losglück", sagte er flott. "Ich glaube, die deutschen Fans können sich schon mal auf die zweite Runde einstellen."

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