Remis gegen Köln:Schalke verschiebt die Nachricht des Tages

05.10.2019, xjhx, Fussball 1.Bundesliga, FC Schalke 04 - 1.FC Koeln emspor, v.l. Alexander Nuebel (FC Schalke 04), Jonas

Jonas Hector schießt das Ausgleichstor für Köln.

(Foto: Jan Huebner/imago images)
  • Bei Schalke 04 ist die Euphorie groß, schließlich ist der Klub an diesem Spieltag phasenweise sogar Tabellenführer der Bundesliga.
  • Doch das späte Gegentor zum 1:1 gegen Köln beweist auch, was der Mannschaft noch fehlt.

Von Philipp Selldorf, Gelsenkirchen

Die Nachricht des Tages war eigentlich schon geschrieben, der letzte Eckball noch, dann wäre sie amtlich gewesen: die Sensationsmeldung vom Tabellenführer Schalke 04. Aber dann flog der Eckstoß herein, Jonas Hector traf den Ball per Kopf, wie er ihn besser nicht hätte treffen können, und die Schlagzeilen mussten wieder umgeschrieben werden. Nun ist Schalke zwar gleichauf mit Bayern München und Leipzig und Freiburg und Leverkusen, aber eben nicht vorneweg - das Kölner Ausgleichstor in der ersten Minute der Nachspielzeit verhinderte den Sprung an die Spitze.

Richtig beklagen wollten sich die Schalker aber nicht über dieses 1:1, sie wussten, dass sie an diesem Abend nicht unbedingt besser waren als der Aufsteiger, der am vorigen Sonntag beim 0:4 gegen Hertha BSC noch eine fürchterliche, demoralisierende Niederlage erlitten hatte. Demzufolge löste der späte Ausgleichstreffer beim FC eine Freudenfeier aus, als hätte man weit größere Beute gemacht als einen einfachen Punktgewinn. Nach diesem Spielverlauf, mit dem Ausgleich in der 91. Minute - "dann fühlt sich das an wie ein Sieg", wie Timo Horn feststellte. Der Treffer hatte den Torwart zu einem Sprint über den halben Platz veranlasst, erst in den Armen des Trainers endete das Solo.

Die Schalker wussten, dass sie den Sieg in jenen Szenen verpasst hatten, in denen sie scheinbar unvermeidlich vor dem 2:0 standen. Kurz bevor Hector zum 1:1 traf, hatte Guido Burgstaller, freigespielt in schönster Strafraumlage, gegen den Pfosten geschossen, es war nur eine von vielen guten Gelegenheiten, die Schalke in der Schlussphase verschwendete.

Dennoch behielt Schalkes Trainer David Wagner der Übersicht, als er das erste Fazit zog: "Jetzt können wir darüber philosophieren, wie viele Torchancen wir vergeben haben, aber dann muss man auch sagen: Wir hatten Alexander Nübel. Dieses 1:1 ist schon ganz fair, wenn man die beiden Halbzeiten sieht, dann ist es ein gerechtes Resultat." Vor der Ecke, die zum 1:1 führte, hatte der Schalker Torwart mit einer weiteren starken Parade einen Schuss von Anthony Modeste abgewehrt, nicht zum ersten Mal gab er den Kölnern das Gefühl, dass sie machen könnten, was sie wollten - sie würden trotzdem an ihm scheitern.

Nübels brillante Paraden lassen Schalke lange an die Siegchance glauben

Die erste Halbzeit strapazierte die schon vor dem Anpfiff ausgelassene Stimmung im heimischen Publikum. Ab und an fühlten sich die ständigen Besucher der Arena in alte Zeiten versetzt, die sie nicht vermisst hatten. Auf dem Weg nach vorn schien den Schalkern der Kompass zu fehlen, der ihnen während der vorigen Wochen den Weg gewiesen hatte, immer wieder verliefen sie sich in den Engpässen der Kölner Deckung.

Aus dem 0:4 gegen Hertha BSC hatten die Kölner die richtigen Lehren gewonnen. Sie standen defensiv wesentlich stabiler und verteidigten aufmerksam, gemeinschaftlich und mit hoher Intensität. Daran hatte auch der 18 Jahre alte Noah Katterbach seinen Anteil, der als Linksverteidiger ein beachtliches Saisondebüt gab, bisher hatte er sich in der Regionalliga West aufwärmen dürfen. "Er hat gezeigt, was in ihm steckt - großes, großes Lob an Noah", hob Trainer Beierlorzer hervor.

Jonas Hector rückte ins Mittelfeld ein, im Angriff bekam Simon Terodde als einsame Spitze den Vorzug vor Anthony Modeste und Jhon Cordoba, die auf die Ersatzbank wechselten. "Wir haben besser verteidigt als am Sonntag und standen insgesamt tiefer, das hat uns gut getan", meinte Jonas Hector.

Es war ein Kampf- und mitunter auch ein Foulspiel, das die beiden Mannschaften dem ausverkauften Haus präsentierten. Schiedsrichter Tobias Welz sah sich zum Durchgreifen genötigt und verteilte großzügig Gelbe Karten. Gelungene Angriffsaktionen hatten im allgemeinen Getümmel Seltenheitswert, und es waren auch eher die spielerisch besseren Kölner, die vors gegnerische Tor fanden. In der 21. Minute schien die Zeit für das 0:1 gekommen zu sein. Florian Kainz rückte auf der linken Seite bis zur Grundlinie vor und servierte Kingsley Ehizibue eine Vorlage, die dieser nicht ablehnen durfte, doch der Verteidiger traf mit seinem Kopfball nicht das offene Tor, sondern den einsam (und tapfer) dastehenden Nübel.

Schalkes Konter nach dem 1:0 ließen an Präzision zu wünschen übrig

Von den Schalker Angreifern war wenig zu sehen. Guido Burgstaller rieb sich in oft nutzlosen Zweikämpfen mit den Kölner Innenverteidigern Rafael Czichos und Sebastian Bornauw auf, Mark Uth sah das Spiel meistens nur aus der Ferne und lief im Zweifel daran vorbei. Auch an der gefährlichsten Aktion vor dem Kölner Tor hatten die beiden keinen Anteil, es war Jonas Hector, der den Ball nach einer Ecke an den Pfosten weiterleitete (31.). Ansonsten scheiterten die Schalker Offensivbemühungen oft schon im Ansatz. Amine Harit, Hauptdarsteller der vorigen Wochen, kam selten zur Geltung, halbwegs gefährlich wurde es lediglich dann, wenn sich Suat Serdar im Mittelfeld durchsetzte.

Wagners Eingriffe in der Pause änderten das Bild. Mit Weston McKennie anstelle von Uth kam Energie in den Schalker Angriff, mit Harit auf der Zehnerposition kam auch Esprit dazu. Die Kölner sahen sich nun vorwiegend in der Defensive, und der Druck auf ihre Deckung nahm noch ein Stück zu, nachdem Ahmet Kutucu den recht fade mitspielenden Daniel Caligiuri ersetzte.

Der Schalker Nachwuchsstürmer sorgte mit seinem Tempo und seiner Draufgängernatur für Unruhe beim FC, insofern hatte auch er seinen Anteil am 1:0, das Serdar per Kopf nach Vorlage von Salif Sané erzielte (71.). Bei den Kölnern stellte sich nach dem Rückstand eine gewisse Melancholie ein, sie litten an dem Gegentor, das schlechte Erinnerungen an die vorigen Wochen wachzurufen schien. Ihre Bemühungen um den Ausgleich brachten weniger Gefahr vor das Schalker als vor das eigene Tor.

Ein Konter nach dem anderen rollte, doch die Qualität des Schalker Überzahlspiels ließ zu wünschen übrig. Der letzte Angriff brachte dann auch noch das 1:1 und bewahrte Torwart Horn vor der Verzweiflung: "Ich wäre auch vom Glauben abgefallen, wenn wir hier nichts mitgenommen hätten - der Punkt war absolut verdient."

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