Aus im Viertelfinale:Dortmunder Zwei-Drittel-Wunder

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Am Ende hat es nicht gereicht: Manuel Friedrich (Mitte) und Kevin Großkreutz (rechts) hadern mit sich (Foto: dpa)

Borussia Dortmund zeigt gegen Real Madrid eine beeindruckende Leistung, scheidet aber trotz eines 2:0-Sieges im Viertelfinale der Champions League aus. Die von Trainer Jürgen Klopp ersonnenen Raffinessen reichen nicht - auch, weil der BVB beste Chancen fahrlässig liegenlässt.

Roman Weidenfeller hatte gerade eine vorzügliche Aktion gezeigt, doch in seinem Gesicht war kein bisschen Genugtuung darüber zu sehen - sondern Trauer.

Dortmunds Torwart hatte einen Schuss von Gareth Bale zur Ecke abgewehrt, mit seiner x-ten sehenswerten Parade in diesem Champions-League-Duell mit Real Madrid. Doch das Bedauerliche aus seiner Sicht war, dass das Spiel mit diesem Moment endete. Und damit die Chance, doch noch das so oft besprochene und kaum für mögliche gehaltene Wunder zu schaffen. 2:0 (2:0) siegte Dortmund nach einer vorzüglichen Leistung - und schied wegen des 0:3 im Hinspiel damit doch im Viertelfinale der Champions League aus.

"Wir haben einen Abend hingelegt, den man nicht so schnell vergisst", bemerkte Dortmunds Abwehrchef Mats Hummels hinterher mit ebenso viel Recht wie Stolz. "Das Spiel musst du konservieren und als Video allen zeigen, die einmal ein Hinspiel 0:3 verlieren", sagte Trainer Jürgen Klopp.

Stimmen zur Champions League
:"Real Madrid wäre tot gewesen"

BVB-Trainer Jürgen Klopp will das Spiel als Video herausbringen, Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke findet einen eher martialischen Vergleich - und Real-Trainer Ancelotti weiß um das Glück, das seine Mannschaft hatte. Die Stimmen zum Champions-League-Viertelfinale.

Nach profunden Aussagen staatlich geprüfter Wunderforscher wie Professor Hummels hatte die Chance auf ein Mirakel ja bei zirka drei Prozent gelegen. Eine Stunde vor Anpfiff hatte sich dieser Wert um mindestens 0,5 Prozent erhöht, weil da klar war, dass Real auf den verletzten Cristiano Ronaldo verzichten musste. Ein paar Zehntel Prozent kamen zudem obendrauf, weil sich Klopp noch ein paar Raffinessen ausgedacht hatte. Er stellte auf ein 4-1-4-1-System um, vertraute die Alleinsechser-Position Oliver Kirch an und baute zudem Milos Jojic und Manuel Friedrich ein.

Dazu hatte Klopp seine Elf so eingestellt, dass sie noch früher und intensiver störte als gewohnt, weswegen sie von Beginn an das Spiel im Griff hatte, so mancher Madrider Schlamperlpass kam unterstützend dazu. Und dann ergab sich recht bald tatsächlich eine Szene, die sich kein Wundergrundsteinleger besser hätte zurechtlegen können.

Borussia Dortmund in der Einzelkritik
:Held im Wartestand

Henrik Mkhitaryan wird in acht Jahren noch nicht begreifen, warum er das leere Tor nicht getroffen hat. Lewandowski zeigt auch ohne Treffer seine Weltklasse. Und der federleichte Marco Reus hätte sich seine Schwalbe sparen können. Der BVB beim 2:0 gegen Madrid in der Einzelkritik.

Von Felix Meininghaus, Dortmund

Minute 17: Eine Flanke von Reals Coentrão geht an den etwas zu weit ausgestreckten Arm von Lukasz Piszczek, Elfmeter. Angel di María schießt - und Weidenfeller hält. Mehr Initialzündung geht nicht, und prompt erhöhen die Dortmunder noch einmal die Schlagzahl. Schon kurz nach dem Elfmeter kommt Mkhitaryan zu einer Großchance, aber vergibt, doch in der 24. Minute ist Marco Reus zur Stelle. Als Madrids Verteidiger Pepe einen langen Ball von Friedrich etwas zu lässig per Kopf zu Torwart Iker Casillas zurückspielen will, geht Reus dazwischen, spielt Casillas aus - und schiebt den Ball zum 1:0 ein.

Es war erstaunlich, welch faszinierendes Pensum Dortmund darbot. Aber genauso erstaunlich war, dass sich eine mit solchen Klassespielern gespickte Mannschaft wie Madrid so aus der Ruhe bringen ließ. Real war völlig verunsichert und machte unter dem Druck des Dortmunder Dauerfeuers unglaublich viele Fehler. Die Folge: eine starke Kopfball-Chance für Hummels (32.), die Casillas gerade so hielt, und dann in der 37. Minute der nächste Schritt zu einer womöglich magischen schwarz-gelben Nacht - wieder mit Reus in zentraler Rolle.

Erst fing er einen Fehlpass ab und bediente Lewandowski, und als dessen Schuss am Pfosten landete, setzte Reus am schnellsten nach und schoss zum 2:0 ein. Im Hinspiel hatte sich Dortmund zwei krasse individuelle Schnitzer erlaubt, diesmal Real. Zwei Drittel des Wunders waren vollbracht, und das alles mit der Perspektive, dass Dortmund zuletzt doch immer erst in der zweiten Hälfte aufdrehte.

Doch diesmal war es etwas anders. Real zeigte sich nach der Pause etwas verbessert, was allerdings auch nicht schwer war; Dortmund wiederum spürte langsam die ersten Folgen der Dauerrennerei. Schusschancen von Bale und Di María waren die Folge, und einmal hatte Benzema bereits den weit herausgeilten Weidenfeller umkurvt, doch da klärte Hummels mit einer risikoreichen Grätsche.

Diese Phase dauerte freilich nur etwas mehr als eine Viertelstunde, dann übernahm wieder der BVB - und wie! Mkhitaryan kam zu einer Riesenchance, als er in der 65. Minute vor Casillas auftauchte und ihn sogar umspielte - doch als die Zuschauer schon aufschrien, weil der Armenier den Ball bloß noch einschieben musste, traf er nur den Außenpfosten. Kurz danach zogen wieder Mkhitaryan und Großkreutz vielversprechend ab. In der Schlussphase ging den Dortmundern allerdings merklich die Kraft aus. Stattdessen verpassten Benzema, Isco und Bale die endgültige Entscheidung für Madrid.

© SZ vom 09.04.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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