Süddeutsche Zeitung

Aus bei der Fußball-EM:Löw irritiert mit nebulösen Äußerungen

Sitzt der Bundestrainer beim nächsten Testspiel auf der deutschen Bank? Joachim Löw hätte bei dieser Frage nur nicken müssen - stattdessen schafft er Raum für Spekulationen.

Von Philipp Selldorf, Marseille

Ob er seine Arbeit als Bundestrainer fortsetzen werde, wurde Joachim Löw auf der Pressekonferenz gefragt, und es schien an diesem Abend keine leichtere Frage für ihn zu geben. Der 56 Jahre alte Bundestrainer steht bis 2018 beim DFB unter Vertrag, im Laufe dieses Turnieres ist beim Verband niemand in Erscheinung getreten, der ihm das Arbeitsverhältnis streitig machen wollte.

Kein Experte im Fernsehen, kein Guru, kein Besserwisser hat während der vorigen Wochen Löw in Frage gestellt, auch nach dem 0:2 gegen Frankreich ist nicht damit zu rechnen, dass es geballte Missstimmung gegen ihn geben könnte. So hätte Löw nicht mal Worte gebraucht, um die Frage zu beantworten. Er hätte bloß mit dem Kopf nicken müssen, um zu bekunden, dass er am 31. August in Mönchengladbach beim Testspiel gegen Finnland auf der Bank sitzen wird.

Stattdessen sagte er: "Heute Abend kann ich nicht weit vorausgucken. Nicht mal bis morgen früh, denn der Stachel sitzt schon tief." Darüber durften sich die Zuhörer nun wundern. Und Löw hörte auch nicht auf, Staunen hervorzurufen. "Wie ich das verarbeitete, ist schwierig zu beantworten. Wir haben im Vorfeld nicht darüber gesprochen, was wir machen, wenn wir verlieren. Das war bei uns kein Thema. Morgen werden wir heimfliegen."

Kommt eine Trainerfindungskommission? Eher nicht

Zumindest die Nationalspieler gaben jedoch keine nervöse Erregung zu erkennen, als sie mit den nebulösen Äußerungen ihres Trainers konfrontiert wurden. Die Frage nach der Karrierezukunft sei an einem Abend wie diesem "die unfairste Frage überhaupt", sagte Thomas Müller, an Löws Abtreten glaube er nicht. Auch Mario Gomez kann sich dies "nicht vorstellen": "Es war eine wahnsinnig tolle Zeit, ein wahnsinnig tolles Turnier. Ich glaube nicht, dass hier einer von uns vorbeiläuft und sagt: Auf die Mannschaft habe ich keine Lust mehr."

Dass der neue DFB-Präsident Reinhard Grindel eine Trainerfindungskommission einsetzen muss, das erscheint in der Tat sehr unwahrscheinlich. Mit Löws Bekenntnis ist bald zu rechnen.

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SZ vom 09.07.2016/ebc
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