Aus bei der Fußball-EM:Ciao Italia

Aus bei der Fußball-EM: Traurige Italiener: Emanuele Giaccherini (links) und Simone Zaza.

Traurige Italiener: Emanuele Giaccherini (links) und Simone Zaza.

(Foto: AP)

Tieftraurig verlassen die Italiener die EM. Vor dem Elfmeterschießen unterläuft Trainer Conte sein einziger Fehler während des gesamten Turniers.

Von Filippo Cataldo

Simone Zazas Regentanz, seine ewig trippelnden Schritte beim Anlauf, za, za, za, za, za, za, za, za- und sein Schuss in die Stratosphäre; Graziano Pellès Rückpass-Elfmeter neben das Tor; Leonardo Bonuccis schlechte, spiegelverkehrte Wiederholung seines erfolgreichen Elfmeters aus der regulären Spielzeit; Matteo Darmians Schuss in Manuel Neuers Arme: Addio, deutsches Trauma. Ciao Italia, alla prossima.

So endet das italienische Abenteuer bei dieser EM. Mit einem Elfmeterschießen und mit Schützen, so launisch wie alte Alfas. Mit jubelnden Deutschen, Gigi Buffons Tränen, Antonio Contes tröstendem Kuss für seinen Kapitän, seine vorletzte Ansage als Trainer der Azzurri. "Wir werden respektiert und gefürchtet von allen. Das ist die Bilanz. Das hier ist kein Abschied, sondern ein auf Wiedersehen."

In ein paar Tagen geht es für Conte nach London, er soll, er will den FC Chelsea zu einem ähnlich eingeschworenen Haufen machen, wie es seine Italiener waren bei der EM. Das dürfte schwer werden, denn hat man jemals einen solch einen eingeschworenen Haufen gesehen, wie es diese Azzurri waren bei ihrem französischen Abenteuer?

Conte hat nur Liebe übrig

Für seine Spieler hatte er auch unmittelbar nach diesem schrecklichen, aber nicht minder epischen Elfmeterschießen gegen "die beste Mannschaft der Welt" (Conte) nur Liebe übrig. Selbst für Simone Zaza, den er Sekunden vor dem Ende der Verlängerung nur fürs Elfmeterschießen eingewechselt hatte und der dann beim Elfmeter einen lächerlichen Bohei veranstaltete, mit dem er nur sich selbst verunsicherte.

Aber von Conte, selbst mit den Tränen kämpfend, kein böses Wort. "Ich bin stolz auf diese Spieler. Sie haben bewiesen, das Trikot zu lieben, sie haben alles gegeben. Wir verlassen das Turnier ohne irgendetwas zu bereuen. Weil jeder wirklich alles gegeben hat. Ich bin stolz auf dieses Italien."

Conte bereut nichts. Das soll als Überschrift stehen über seine zwei Jahre als Commissario Tecnico der Azzurri. Und was sollte er auch bereuen? Mit einer Mannschaft voller Durchschittstypen ist er zur EM gefahren, mit einer Altherren-Combo, die sich ohne jegliche Sentimentalität und Rührseligkeit lustvoll durchs Turnier gewalzt hat. Dass sie nun im Viertelfinale an Deutschland zerschellt ist, am eigentlichen Lieblingsgegner? "Dispiace", schade. "Schade, weil wir ebenso hätten weiterkommen können." Dispiace, schade. Und mehr nicht? Doch: "Mir fehlen die Worte. Ich bin traurig. Mir tut es für die Jungs leid."

Contes einziger Fehler während der EM

Zazas Einwechslung ist der einzige Fehler Contes gewesen während der EM. Bis auf das bedeutungslose 0:1 gegen Irland, das eine italienische B-Elf einfach irgendwie über die Bühne bringen wollte, schickte Conte seine Spieler immer mit einem klaren Plan und klaren Ideen aufs Feld. Die Pläne waren immer aufgegangen. Die Belgier mit 2:0 ausgekontert, gegen die Schweden schon Kräfte geschont und ganz am Ende eiskalt zugeschlagen, dann das Meisterstück im Achtelfinale gegen Spanien, als Italien plötzlich selbst Tiki-taka und die Spanier schwindlig spielte.

Auch gegen Deutschland hatte Conte einen Plan. Und er funktionierte. In der ersten Halbzeit spielten seine Italiener so diszipliniert und eng gestaffelt, dass den Deutschen nicht viel mehr einfiel, als Buffon den Ball einmal in die Arme zu spielen. Conte schien sogar weniger zu fluchen als sonst. Die Azzurri spielten mit einer Souveränität, die man zuletzt 2006 bei ihnen gesehen hatte. In einem gewissen Halbfinale gegen Deutschland.

Dann wechselte Conte Zaza ein

Das 0:1 durch Mesut Özil in der zweiten Halbzeit war in Contes Plan dann natürlich nicht vorgesehen. Italien wankte, Italien wackelte, doch es fiel nicht. Leonardo Bonucci glich durch einen Elfmeter aus, den Jérôme Boateng verursacht hatte, als er im Zweikampf mit Giorgio Chiellini mit den Händen zum Ball ging, als ob er zum Slam-Dunk ansetzen wollte.

Nach dem Ausgleich schien alles seinen geordneten Weg zu gehen. Abpfiff. Verlängerung. Elfmeterschießen. Keine Schwäche, keine Nervosität. Dann wechselte Conte Zaza ein. Deutschland gewann. Die Italiener verließen den Platz nach den ersten Tränen mit erhobenen Köpfen. Sie gratulierten den Deutschen, verabschiedeten sich von den Fans. "Wir haben von Anfang an gesagt, dass wir dieses Abenteuer erhobenen Hauptes beenden müssen. Die Niederlage tut weh, aber wir waren auf Augenhöhe mit den Weltmeistern", sagte Bonucci.

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