Süddeutsche Zeitung

Augsburg - Wolfsburg (15.30 Uhr):Gelassen und positiv

Trotz guter Leistungen ist der FC Augsburg gegen Ende der Hinrunde in die Abstiegszone gerutscht. Vor dem Spiel gegen Wolfsburg gibt sich Trainer Manuel Baum dennoch bewusst ruhig und gelassen.

Von Thomas Hürner, München/Augsburg

Beim FC Augsburg, und das geben die Verantwortlichen auch unumwunden zu, sehen sie sich selbst als einen etwas anderen Bundesligaklub. Etwas anders deshalb, weil sie sich für die branchentypischen Mechanismen nur am Rande interessieren. Wenn es etwa nach dem Jahresumsatz geht, dann spielt der FCA seit inzwischen acht Bundesliga-Jahren über seinen Verhältnissen, denn diese fiktive Geldtabelle sieht für den Klub eigentlich immer einen Abstiegsplatz vor. Und wenn die Mannschaft trotzdem mal für eine Weile unter ihren Verhältnissen spielt, dann widersetzen sie sich einfach den üblichen Debatten. Vor den beiden Unentschieden gegen den FC Schalke 04 (1:1) und Hertha BSC (2:2) hatte der FCA vier Spiele in Folge verloren, so viele wie noch nie unter Trainer Manuel Baum.

Das liegt zum einen natürlich daran, dass Baum in seinen rund zwei Jahren beim FCA bislang wirklich gute Arbeit geleistet hat. Erst rettete er den Verein vor dem Abstieg, in der vergangenen Saison hatte der FCA mit den gefährlichen Tabellenregionen dann gar nichts mehr zu tun. Das ist in der aktuellen Spielzeit zwar wieder anders, vor der Partie gegen den VfL Wolfsburg am Sonntag (15.30 Uhr) hatte der FCA nur einen Punkt Vorsprung auf den Relegationsplatz 16. Dazu geführt haben aber auch einige dieser Unabwägbarkeiten auf dem Platz, die von außerhalb nur schwer hervorzusehen sind. Der FCA spielte phasenweise auffallend gut, belohnte sich dafür aber viel zu selten. Und als man nicht mehr ganz so gut spielte, kam auch noch Pech dazu, wie etwa am Dienstag bei den beiden Gegentoren in Berlin. Da spielte der FCA für kurze Zeit mit einem Mann weniger, weil Verteidiger Martin Hinteregger außerhalb des Feldes behandelt werden musste, und bis der Österreicher wieder dabei war, war aus der 1:0 Führung mal eben ein 1:2 geworden.

Zweifel am Trainer? Ausgeschlossen

Andererseits fingen sich die Augsburger nicht nur Gegentreffer in Unterzahl, sondern ja noch 24 weitere in bislang 16 Spielen. Die defensive Stabilität - eine der großen Prioritäten in der Schule des Fußballlehrers Manuel Baum - ist dem FCA abhandengekommen. Nur einmal blieben sie in dieser Saison ohne Gegentreffer, Mitte September im Heimspiel gegen RB Leipzig (0:0). Aber wegen all solchen Dingen öffentlich Zweifel über den Trainer äußern? Nein. Überhaupt haben sie beim FCA in ihrer gar nicht mehr so kurzen Bundesliga-Geschichte erst einmal einen Trainer entlassen, Baums Vorgänger Dirk Schuster. Und das war eine Trennung, bei der sportliche Aspekte eher nebensächlich waren. Man war sich uneins über die grundsätzliche Ausrichtung des Vereins und korrigierte diesen Fehler mit Manuel Baum, der zuvor lange in der eigenen Nachwuchsabteilung gearbeitet hatte.

Ein Trainer mit "einem besonderen Gefühl für Talente", wie FCA-Geschäftsführer Stefan Reuter im Sommer in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung sagte. Weil andere finanziell eben deutlich stärker aufgestellt sind, sei dieses Modell für einen Klub wie den FCA "ein wichtiger Faktor für die Zukunft". Die Augsburger denken aber nicht nur in größeren Etappen als der Großteil der Konkurrenz. Auch auf potenziell störende Tagesthemen reagieren sie im Klub meist gelassen. Vor der Partie gegen Schalke am vergangenen Wochenende etwa hatten sich mit Caiuby, Jonathan Schmid und Konstantinos Stafylidis gleich drei Akteure tättowieren lassen. Wo andernorts deswegen schon mal Spieler suspendiert wurden, moderierte Baum die Professionalitätsdebatte ziemlich professionell weg. Auch, dass Mittelfeldspieler Ja-Cheol Koo einfach für den Asien-Cup 2019 nominiert wurde, obwohl dieser nach der WM eigentlich aus der südkoreanischen Nationalmannschaft zurückgetreten war, nehmen sie in Augsburg hin. "Wenn er nominiert ist, muss er anreisen", sagte Reuter - das hat so mancher Bundesliga-Verantwortlicher schon anders gesehen.

Ein bisschen schielen die Augsburger aber dann doch auf die Konkurrenz. Gegner Wolfsburg sei "im Flow", sagte Baum am Freitag ein bisschen neidisch auf der Pressekonferenz. Seine eigene Mannschaft war das zuletzt hingegen ja eher weniger: "Uns nervt es extrem, dass wir sieben Mal hintereinander nicht gewonnen haben." Aber weil sie in Augsburg eben doch ein bisschen anders sind als der Rest, betonte der Trainer im nächsten Satz gleich wieder das Positive. "Auf der anderen Seite", sagte Baum "haben wir jetzt auch zweimal nicht verloren."

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Quelle:
SZ vom 23.12.2018
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