Sonntagsspiele der Bundesliga:Mit mieser Laune in den Karneval

Der 1. FC Köln verliert nach schwacher Leistung mit 0:1 gegen den Hamburger SV und muss aufpassen, in der Tabelle nicht weiter abzurutschen. Ärger gibt es um Lukas Podolski, der in einem Interview die Vereinsführung kritisiert. Das Bayern-Derby zwischen Augsburg und Nürnberg endet unentschieden - was vor allem für den FCA zu wenig ist.

So ein Sonntag kann ganz schön unangenehm zu Ende gehen - das gilt an diesem Wochenende besonders für den 1. FC Köln. Gegen Hamburg agierten die Kölner lange Zeit zu einfallslos, spielten bieder nach vorne und schienen sich bereits mit einem 0:0 anzufreunden, als HSV-Angreifer Paolo Guerrero sie urplötzlich mit einem Treffer schockte: Dem Peruaner gelang am Sonntagabend in der 88. Minute der entscheidende Treffer beim hochverdienten 1:0 (0:0) der Hamburger in Köln.

1. FC Koeln v Hamburger SV  - Bundesliga

Der Moment, als Köln die Partie verlor: Paolo Guerrero trifft zum 0:1. 

(Foto: Bongarts/Getty Images)

"Wir haben gekämpft bis zum Schluss, das war wichtig und wurde belohnt. Wir müssen uns jetzt weiter nach oben arbeiten, um schließlich 40 Punkte zu erreichen", sagte Hamburgs Trainer Thorsten Fink. Enttäuscht zeigte sich dagegen Kölns Martin Lanig, der eine eigene Sicht der Geschehnisse hatte: "Wir haben ein ordentliches Spiel gezeigt, hatten viele klare Torchancen. Am Ende haben wir sehr unglücklich verloren."

Die auswärtsstarken Norddeutschen, seit dem 10. September des vergangenen Jahres auswärts ungeschlagen, ziehen nach ihrem vierten Auswärtssieg am schwachen FC vorbei und setzen sich als Tabellenzehnter erstmal im Mittelfeld der Bundesliga fest. Die 46.500 Zuschauer im RheinEnergieStadion sahen über weite Strecken geballte Harmlosigkeit auf beiden Seiten - das Bemerkenswerteste an der letzten Begegnung des 21. Spieltags war die Aufregung davor.

Mit einem Frust-Interview zur Unzeit hatte der verletzte Podolski den Sonntag eingeleitet - und Clubführung und Fans mächtig verstimmt. Der Nationalspieler warf seinem Arbeitgeber in der Bild am Sonntag in überraschend scharfem Tom Konzeptlosigkeit, nicht eingehaltene Versprechen und fehlende Perspektive vor. FC-Geschäftsführer Claus Horstmann zeigte dafür wenig Verständnis: "Wir werden das sanktionieren." Podolski droht zumindest eine saftige Geldstrafe. Horstmann wollte allerdings nicht bestätigen, dass die Kölner Identifikationsfigur mit der öffentlichen Abrechnung den eigenen Abschied vorbereiten will. Podolskis Vertrag läuft 2013 aus.

Frierend verfolgte der Publikumsliebling die wichtige Partie auf der Tribüne mit - und schien zunächst ähnlich überrascht wie seine Kollegen über den mutigen Auftritt des HSV. Wesentlich präsenter, versuchten die Hamburger das Spiel an sich zu reißen. Der Ballbesitzfußball bis zum Strafraum und die Disziplin, über die Außenpositionen die kompakten Kölner aus der Deckung zu locken, waren ganz ansehnlich, wirklich gefährlich wurde es im ersten Durchgang allerdings nicht. HSV-Angreifer Mladen Petric (7.) wurde in letzter Sekunde geblockt, 120 Sekunden später verzog der starke Marcel Jansen (9.), in der 24. Minute hatte Jansen bei einer Direktabnahme Pech, dass Henrique Sereno im Weg stand.

Die Kölner setzten ihrerseits auf die Safety First-Variante und zwei Viererketten. Eigeninitiative Fehlanzeige, spielerische Fantasie ebenfalls. Die beiden einzigen Offensivaktionen der Gastgeber vor dem Wechsel waren alles andere als Hochkaräter. Der Pole Slawomir Peszko (14.) hämmerte den Ball drüber, Milivoje Novakovic (21.) blieb in aussichtsreicher Position mit einem Schussversuch hängen.

Die Ereignislosigkeit auf dem Platz erinnerte stellenweise an Valium-Fußball - es war ein Kick der weniger aufregenden Sorte. Der 1. FC hatte in den ersten 45 Minuten weniger als 30 Prozent Ballbesitz - so wenig wie seit sieben Jahren bei einem Heimspiel nicht mehr. Der packende 4:3-Sieg des FC im Hinspiel in Hamburg wirkte wie ein Relikt aus einer anderen Zeit. Dabei wollten sich die Kölner angemessen auf ihre traditionelle Karnevalssitzung an diesem Montag einstimmen. Es blieb beim Vorhaben. Der HSV war auch in den zweiten 45 Minuten die aktivere und gefährlichere Mannschaft und hätte bei etwas mehr Konsequenz im Abschluss, auch den sechsten Saisonsieg einfahren können.

Jansen verpasste die Führung in der 69. Minute, Petric versemmelte nach einem schönen Doppelpass mit Paolo Guerrero (73.) in aussichtsreicher Position - Dennis Aogo vergab sieben Minuten vor dem Ende sogar frei vor FC-Keeper Michael Rensing. Guerrero erlöste schließlich die mitgereisten HSV-Fans schließlich, als er zwei Minuten vor dem Ende den Ball ins Kölner Tor spitzelte - die Kölner Anhänger waren nun restlos bedient. Sie pfiffen ihre Lieblinge enttäuscht aus und ärgerten sich über einen ziemlich missratenen Sonntag.

Gelähmt im Null-Tore-Spiel

Im Fußballjargon werden solche Partien "Sechs-Punkte-Spiele" genannt. Damit soll eine gewisse Dramatik betont werden, die sich nicht um die Grundrechenarten schert. Im Zweifel heißt es ein Sechs-Punkte-Spiel auch dann Sechs-Punkte-Spiel, wenn die eine Mannschaft die andere mit einem Sieg um sieben Punkte distanzieren könnte - das war die Ausgangslage vor dem Bayern-Derby am Sonntag, zu dem der Club aus Nürnberg als besser postierte Mannschaft anreiste.

FC Augsburg v 1. FC Nuernberg  - Bundesliga

Keine Tore zwischen Franken und Schwaben: Augsburg und Nürnberg trennten sich 0:0. 

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Am Ende wurde aus dem Sechs-Punkte-Spiel ein Null-Tore-Spiel - das lange Zeit sehr zähe, erst gegen Ende aufregende 0:0 hilft den Nürnbergern wohl eher als dem FC Augsburg.

"Ich weiß, dass uns in unserer Situation eigentlich nur ein Sieg weiterbringen", sagte Augsburgs Coach Jos Luhukay, der nur mit der ersten Hälfte zufrieden war. Genau umgekehrt bilanzierte Club-Trainer Dieter Hecking: "Wir hätten uns nicht beschweren können, wenn wir mit einem Rückstand in die Halbzeit gegangen wären", sagte er, "in der zweiten Hälfte haben wir das Spiel aber so angenommen, wie es sich gehört."

Dass die Nürnberger sich gerade ihres Spiels nicht ganz sicher sind, ließ sich schon der Aufstellung entnehmen. Hecking tat, was Trainer gerne tun, wenn sie mit ihren Teams unzufrieden sind: Er wechselte das Personal. Christian Eigler, Jens Hegeler und Daniel Didavi strich er aus der ersten Elf, dafür rotierte er Timothy Chandler, Albert Bunjaku und Mike Frantz ins Team, was doch überraschte.

Unter der Woche hatte Hecking ja extra ein Testspiel gegen den Drittligisten Unterhaching organisieren lassen, um seine zweite Garde zu testen, er war hinterher sehr enttäuscht. Allerdings, so Hecking, hätten Bunjaku und Frantz im Training "so viel Gas gegeben", dass sie sich doch noch für die Startelf qualifizierten.

Turbulente Schlussphase

Es waren es dann aber eher die Gastgeber, die das Gaspedal bedienten. Dem FCA war in jeder Hinsicht anzumerken, dass ihm die Bedeutung dieses Sechs-Punkte-Spiels bewusst war. Einerseits preschten die Schwaben immer wieder couragiert nach vorne; andererseits lähmte ihnen die Dimension der Partie beim Torabschluss das Schussbein. Stellvertretender Sechs-Punkte-Spieler war Tobias Werner: Er war ein Vorbild in Sachen Wucht und Engagement, aber seine Chancenverwertung war nicht zur Nachahmung empfohlen.

Auf der rechten Augsburger Seite nutzten es Werner und Hintermann Paul Verhaegh anfangs weidlich aus, dass Nürnbergs linke Seite mit den eher offensiv begabten Adam Hlousek und Albert Bunjaku sehr anfällig war. Nach zehn Minuten kam Werner aussichtsreich an den Ball, aber sein Schuss strich übers Tor.

Im Angesicht der Augsburger Aktivität wurde besonders deutlich, wie passiv die Nürnberger das Spiel angingen. Sie wagten nach vorne wenig - falls doch, kam das Aufbauspiel auf dem eisigen Rasen früh zum Erliegen.

Der Club spielte nervös und unpräzise, aber es war immerhin ein kleiner Erfolg, dass es den Gästen gelang, die Gastgeber allmählich auf ihr Niveau herunterzuziehen. Nach 30 Minuten sah die Partie dann aus wie das Spiel des Siebzehnten gegen den Vierzehnten.

In der Pause versuchte Hecking, sein Team neu zu sortieren, er ließ Stürmer Pekhart in der Kabine, der 194 Zentimeter misst und somit etwa 194 Zentimeter zu lang war für diesen gefrorenen Boden. Für ihn wechselte der beweglichere Bunjaku in die Spitze, Hegeler verstärkte das Mittelfeld. Der Club fand nun mehr Zugriff aufs Spiel, was sich sofort negativ aufs Spiel der Augsburger auswirkte, denen nun erkennbar die Mittel fehlten.

Es dauerte 74 Minuten, bis FCA-Keeper Simon Jentzsch erstmals geprüft wurde. Nach 76 Minuten stürmte der eingewechselte Esswein auf ihn zu, verfehlte das Tor aber knapp. Plötzlich suchten die Teams die Entscheidung, die Chancen häuften sich, es wurde geradezu turbulent: Jentzsch musste sich nach Chandlers Schuss sogar werfen, um den Schuss zu parieren (82.). Kurz darauf parierte er gegen Esswein (85.), im Gegenzug traf Augsburgs Koo die Latte.

(SZ vom 13.2.2012)

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